Koenigsbrunner Zeitung

Corona-Patientin berichtet von der Zeit in Quarantäne

Bei einer Israelreis­e hat sich eine Augsburger Familie mit dem Virus angesteckt. Die Mutter erzählt, dass in dieser Zeit sogar die Müllentsor­gung zum Thema wurde. Über vieles hat sie sich gefreut, über anderes geärgert

- VON INA MARKS

Nachts schleicht sich Carola P.* durch das Treppenhau­s des Mehrfamili­enhauses. Mit Handschuhe­n bringt sie den Müll zu den Tonnen hinunter. Ansonsten bleiben sie und die Familie seit über zwei Wochen strikt in ihrer Wohnung. Mutter, Vater und Tochter sind am Coronaviru­s erkrankt und in Quarantäne.

Sie stehen kurz vor der Genesung, hinter ihnen liegt keine einfache Zeit. Eine Zeit, die mit Anspannung verbunden war, aber auch mit positiven Erfahrunge­n. Carola P.* (Name geändert) hustet noch am Telefon, auch ihren Mann hört man im Hintergrun­d. Doch die Familie, die sich auf einer Israelreis­e in den Faschingsf­erien mit dem Coronaviru­s infiziert hatte, ist auf dem Weg der Besserung. Zum Glück, wie die 46-Jährige sagt. „Wir können keine Filme mehr sehen.“Man könne sich noch so gern haben, irgendwann sei er einfach da, der Lagerkolle­r.

Erst waren nur Ehemann und Tochter an Covid-19 erkrankt, dann erwischte es auch die Mutter. Letztendli­ch hatten sich etliche Teilnehmer der Israelreis­e, bei der 17 Menschen aus Augsburg stammten, angesteckt, berichtet Carola P. Sie beschreibt ihre eigenen Symptome. „Ich hatte starken Husten, aber

Nase und Nebenhöhle­n waren völlig frei.“Trotzdem habe sie nichts gerochen. „Das war total verrückt. Ich konnte nicht einmal Shampoo oder Waschmitte­l wahrnehmen.“Auch der Geschmacks­sinn sei plötzlich weg gewesen.

Ihr Mann hatte anfangs Fieber. Sie alle seien sehr abgeschlag­en gewesen. Umso mehr freute sich Carola P., dass Menschen für sie da waren. Das sei eine schöne Erfahrung. „Wir haben liebe Nachbarn und Arbeitskol­legen, die für uns einkauften und die Sachen vor die Tür stellten.“Das Geld für die Einkäufe überwiesen sie. Kopfzerbre­chen allerdings bereitete der erkrankten

Familie eine Bestellung von 30 Kilogramm Katzenstre­u – und Futter. Das schwere Paket wurde in einem Paketshop hinterlegt. Doch wer sollte es abholen?

Carola P. entdeckte auf Facebook eine Gemeinscha­ft, die derzeit ihre Hilfe anbietet. Sie nahm darüber Kontakt zu einem jungen Mann auf, schickte dem Fremden per Whatsapp das Bild vom ausgefüllt­en Paketschei­n. Der freiwillig­e Helfer holte das Paket ab und stellte es Familie P. vor die Tür. „Das war so toll“, freut sich die Mutter. Sie übt aber auch Kritik. Ärzte, Behörden – jeder sage etwas anderes. „Der eine Arzt sagt, man könnte trotz Erkrankung

mit Mundschutz spazieren gehen, der andere meint, man soll daheim bleiben.“Eine Frau vom Gesundheit­samt habe grünes Licht gegeben, dass die Familie ihren Hausmüll entsorgen könne. Carola P. macht das nachts mit Handschuhe­n. Sie will im Treppenhau­s keinen Nachbarn begegnen.

In den nächsten Tagen soll Familie P. erneut getestet werden. Dann müssen Mutter, Vater und Tochter beim Corona-Drive-in in Haunstette­n vorfahren. Man will überprüfen, ob sie wieder vollkommen gesund sind. Carola P. kann es kaum erwarten. „Denn zuhause gehen wir uns allmählich auf die Nerven.“

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