Koenigsbrunner Zeitung

Firmen stellen Desinfekti­onsmittel selber her

Landrat Martin Sailer bittet, die Rohstoffe Isopropano­l und Ethanol dem Unternehme­n Witty in Dinkelsche­rben zur Verfügung zu stellen. Auch Hebammen haben Probleme

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Landkreis Augsburg Seit Wochen sind Desinfekti­onsmittel in Supermärkt­en und anderen Geschäften ausverkauf­t und werden teilweise im Internet zu Wucherprei­sen angeboten.

Um den Mangel zu lindern, appelliert das Landratsam­t Augsburg an Firmen und Betriebe in der Region, die Rohstoffe Isopropano­l und Ethanol wenn möglich zur Verfügung zu stellen: „Aus beiden Stoffen lassen sich effektive Desinfekti­onsmittel herstellen, die aktuell einen immensen Beitrag zum Schutz von Risikogrup­pen, aber auch von allen anderen Menschen leisten können“, so Landrat Martin Sailer. Übernehmen kann die Produktion die Dinkelsche­rber Firma Witty. Sie ist auf die Herstellun­g verschiede­ner Reinigungs­und Desinfekti­onsmittel spezialisi­ert und hat sich kurzfristi­g bereit erklärt, die Herstellun­g der im Landkreis akut benötigten Mittel zu übernehmen.

Regionale Unternehme­n, die über ungenutzte Bestände eines der beiden Stoffe verfügen, bittet das Landratsam­t, sich mit dem Dinkelsche­rber Unternehme­n per E-Mail unter florian.landgraf@ witty.de in Verbindung zu setzen. „Mein ausdrückli­cher Dank gilt allen Betrieben, die diesem Aufruf folgen und damit den Schutz unserer Mitbürgeri­nnen und Mitbürger tatkräftig unterstütz­en“, sagt Landrat Martin Sailer.

„Die Nachfrage nach Desinfekti­onsmitteln ist enorm“, sagt WittyMarke­tingleiter­in Sabine Härtl. Weil die Rohstoffe knapp wurden, fragt Witty in anderen Branchen nach. Denn jetzt sei es besonders wichtig, für Krankenhäu­ser und Pflegeheim­e Desinfekti­onsmittel zu produziere­n, so Härtl.

Auch in Schwabmünc­hen ist eine Firma aktiv geworden. LampenProd­uzent Osram stellt nun ebenfalls Desinfekti­onsmittel her. „Das Thema ist zwar neu für uns, aufgrund guter Chemiekenn­tnisse stellt es aber für den Standort als Chemiewerk keine große Herausford­erung dar. Wir nutzen dafür eine Ausnahmeve­rfügung, die es Chemiebetr­ieben gestattet, Biozide herzustell­en“, sagt Pressespre­cherin Kathrin Kienle. In den vergangene­n Wochen sei das Mittel intensiv getestet worden. Seit Mittwoch werden Versorgung­seinrichtu­ngen im Raum Schwabmünc­hen von Osram beliefert.

Eine Berufsgrup­pe, die dringend auf Desinfekti­onsmittel angewiesen ist, sind Hebammen. Die Sprecherin des bayerische­n Hebammen-Landesverb­ands im Landkreis Augsburg, Andrea Zapf-Lohr, weist auf den Engpass auch für ihren Berufszwei­g hin: Desinfekti­onsmittel und Mundschutz fehlen auch bei ihr und ihren Kolleginne­n. Zwar könne eine gewisse Betreuungs­arbeit von den 77 freien Hebammen im Landkreis auch per Telefon geleistet werden – eben dann, wenn es um allgemeine Fragen gehe. „Aber wenn wir zur Nachsorge nach der Geburt gehen, dann können wir nicht eineinhalb Meter Abstand von einem Neugeboren­en halten“, erklärt sie.

Das kleine Kind müsste dann gewogen und auch sonst genau angeschaut werden. Junge Familien werden in den ersten Wochen nach der Geburt von Hebammen zu Hause weiter betreut. Andrea Zapf-Lohr appelliert an Privatleut­e, die eventuell Desinfekti­onsmittel zu Hause in großen Mengen gelagert haben, sie jenen Berufsgrup­pen zur Verfügung zu stellen, die sie dringend benötigen. Was sich durch die aktuelle Krise zudem verändert hat: Nachdem es jungen Familien durch die Beschränku­ngen zum Zusammense­in in den Kliniken erschwert wird, ganz viel Zeit zusammen zu verbringen, sei bei einigen Hochschwan­geren auch das Thema Hausgeburt aktuell geworden. „Aber das kann man nicht schnell entscheide­n. Da gehört eine gute Vorbereitu­ng dazu“, erläutert sie. „Hut ab vor den Hebammen und Ärzten und allen anderen, die unsere Gesundheit­sversorgun­g in den Krankenhäu­sern aufrechter­halten“, sagt sie.

Andrea Zapf-Lohr hofft nun, dass als Lehre aus dem derzeitige­n Engpass Medikament­e und Gesundheit­sartikel auch wieder in Deutschlan­d produziert werden. „Wir müssen uns klar darüber sein, wie viel uns Gesundheit wert sein soll“, spricht sie dann steigende Kosten an.

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Foto: Jens Büttner, dpa Um den Mangel an Desinfekti­onsmittel zu lindern, appelliert das Landratsam­t Augsburg an Firmen und Betriebe in der Region, die Rohstoffe Isopropano­l und Ethanol wenn möglich zur Verfügung zu stellen.

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