Die Bahn ruckelt in die Krise
Konzern kommt nicht auf Touren: Schulden steigen um 23 Prozent
Berlin Das Coronavirus bewahrte den Bahnchef vor bohrenden Nachfragen. Schon vor Tagen musste sich Richard Lutz in häusliche Quarantäne begeben, die für Donnerstag geplante Bilanzpressekonferenz fiel aus – und wurde durch eine Pressemitteilung ersetzt. Fragen konnten nicht gestellt werden, auch die anderen Vorstandsmitglieder standen nicht zur Verfügung. Was an Informationen da ist, zeichnet ein düsteres Bild vom Staatskonzern Deutsche Bahn AG.
Der Umsatz stieg 2019 demnach zwar leicht um ein Prozent auf rund 44 Milliarden Euro. Doch ein Blick auf das aussagekräftigere Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) zeigt, wie es in Wahrheit um den Konzern bestellt ist. Das EBIT lag bei 1,8 Milliarden Euro – minus 13 Prozent gegenüber 2018. Gleichzeitig explodierten die Netto-Finanzschulden: Ende 2019 standen 24,2 Milliarden Euro auf der Schuldenuhr des Konzerns, rund 4,6 Milliarden oder 23,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Sorgenkind ist die Gütersparte. Nachdem DB Cargo bereits 2018 Verluste von 190 Millionen eingefahren hatte, stand das Minus nun schon bei 308 Millionen Euro. Und der Konzern erwartet nicht, dass der Güterverkehr Fahrt aufnimmt. Im Gegenteil: „Weil die Nachfrage in konjunkturabhängigen Branchen wie Stahl und Automobil zurückgeht, ist davon auszugehen, dass ein nachhaltiges Wachstum des Schienengüterverkehrs trotz aller Kraftanstrengungen noch einige Zeit brauchen wird“, heißt es.
Die Holding DB Arriva, unter deren Dach das Auslandsgeschäft gebündelt ist, verlor im Jahresvergleich elf Millionen und schloss 2019 mit 289 Millionen Euro Plus ab. Bahnchef Lutz plant schon lange den Verkauf seines einstigen Prestigeprojekts. Bislang scheiterte ein Deal angeblich an den zu geringen Geboten. „Der Prozess wurde noch nicht abgeschlossen“, heißt es dazu im Konzernbericht.
Vergleichsweise gut lief es im Fernverkehr. Dort stieg das operative Ergebnis um 68 auf 485 Millionen Euro. Mit rund 151 Millionen Reisenden erzielte die DB einen neuen Fahrgastrekord. Im Vergleich zum starken Vorjahr nutzten 2019 nochmals 1,9 Prozent oder 2,8 Millionen Reisende mehr die ICE- und IC-Züge. Für die Kunden sind diese Zahlen unterm Strich gleichwohl ärgerlich. Sie müssen nicht nur mit steigenden Ticketpreisen leben, sie pumpen auch ungewöhnlich viel Steuergeld in den Konzern. Laut Bundesrechnungshof bekam die Bahn 2017 rund 13,4 Milliarden Euro Zuschüsse. Zudem verzichtete der Bund auf Dividenden in Höhe von 1,4 Milliarden Euro.
Die Folgen der Corona-Krise werden den angeschlagenen Konzern noch stärker ins Schlingern bringen. „Auch wenn wir die negativen Auswirkungen der CoronaPandemie auf unsere finanzielle Situation noch nicht abschließend quantifizieren können, ist schon heute erkennbar, dass sie die Geschäftsentwicklung in 2020 erheblich negativ beeinflussen wird“, so Lutz laut Mitteilung.