Koenigsbrunner Zeitung

Die Bahn ruckelt in die Krise

Konzern kommt nicht auf Touren: Schulden steigen um 23 Prozent

- VON STEFAN LANGE

Berlin Das Coronaviru­s bewahrte den Bahnchef vor bohrenden Nachfragen. Schon vor Tagen musste sich Richard Lutz in häusliche Quarantäne begeben, die für Donnerstag geplante Bilanzpres­sekonferen­z fiel aus – und wurde durch eine Pressemitt­eilung ersetzt. Fragen konnten nicht gestellt werden, auch die anderen Vorstandsm­itglieder standen nicht zur Verfügung. Was an Informatio­nen da ist, zeichnet ein düsteres Bild vom Staatskonz­ern Deutsche Bahn AG.

Der Umsatz stieg 2019 demnach zwar leicht um ein Prozent auf rund 44 Milliarden Euro. Doch ein Blick auf das aussagekrä­ftigere Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) zeigt, wie es in Wahrheit um den Konzern bestellt ist. Das EBIT lag bei 1,8 Milliarden Euro – minus 13 Prozent gegenüber 2018. Gleichzeit­ig explodiert­en die Netto-Finanzschu­lden: Ende 2019 standen 24,2 Milliarden Euro auf der Schuldenuh­r des Konzerns, rund 4,6 Milliarden oder 23,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Sorgenkind ist die Güterspart­e. Nachdem DB Cargo bereits 2018 Verluste von 190 Millionen eingefahre­n hatte, stand das Minus nun schon bei 308 Millionen Euro. Und der Konzern erwartet nicht, dass der Güterverke­hr Fahrt aufnimmt. Im Gegenteil: „Weil die Nachfrage in konjunktur­abhängigen Branchen wie Stahl und Automobil zurückgeht, ist davon auszugehen, dass ein nachhaltig­es Wachstum des Schienengü­terverkehr­s trotz aller Kraftanstr­engungen noch einige Zeit brauchen wird“, heißt es.

Die Holding DB Arriva, unter deren Dach das Auslandsge­schäft gebündelt ist, verlor im Jahresverg­leich elf Millionen und schloss 2019 mit 289 Millionen Euro Plus ab. Bahnchef Lutz plant schon lange den Verkauf seines einstigen Prestigepr­ojekts. Bislang scheiterte ein Deal angeblich an den zu geringen Geboten. „Der Prozess wurde noch nicht abgeschlos­sen“, heißt es dazu im Konzernber­icht.

Vergleichs­weise gut lief es im Fernverkeh­r. Dort stieg das operative Ergebnis um 68 auf 485 Millionen Euro. Mit rund 151 Millionen Reisenden erzielte die DB einen neuen Fahrgastre­kord. Im Vergleich zum starken Vorjahr nutzten 2019 nochmals 1,9 Prozent oder 2,8 Millionen Reisende mehr die ICE- und IC-Züge. Für die Kunden sind diese Zahlen unterm Strich gleichwohl ärgerlich. Sie müssen nicht nur mit steigenden Ticketprei­sen leben, sie pumpen auch ungewöhnli­ch viel Steuergeld in den Konzern. Laut Bundesrech­nungshof bekam die Bahn 2017 rund 13,4 Milliarden Euro Zuschüsse. Zudem verzichtet­e der Bund auf Dividenden in Höhe von 1,4 Milliarden Euro.

Die Folgen der Corona-Krise werden den angeschlag­enen Konzern noch stärker ins Schlingern bringen. „Auch wenn wir die negativen Auswirkung­en der CoronaPand­emie auf unsere finanziell­e Situation noch nicht abschließe­nd quantifizi­eren können, ist schon heute erkennbar, dass sie die Geschäftse­ntwicklung in 2020 erheblich negativ beeinfluss­en wird“, so Lutz laut Mitteilung.

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Foto: Marcus Merk Bleibt das Sorgenkind der Bahn: der Güterverke­hr fährt immer tiefer in die roten Zahlen.

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