Wie Corona die Stichwahl beeinflusst
Die Pandemie bringt Besonderheiten für die Wahlhelfer am Sonntag mit sich
Neuburg/München Auf die Gewissheit werden Bernhard Gmehling und Gerhard Schoder noch warten müssen. Erst am Montag steht wahrscheinlich fest, wer in den kommenden sechs Jahren Oberbürgermeister in Neuburg sein wird. Der Grund: Die Wahlhelfer werden die Stimmzettel, die nach 18 Uhr am Samstag in die städtischen Briefkästen geworfen werden, am Sonntag nicht mehr auszählen. Amtsinhaber Gmehling von der CSU und Grünen-Kandidat Schoder hatten im ersten Durchgang die meisten Stimmen erhalten, jetzt gehen sie in die Stichwahl. Dass diese am Sonntag nicht komplett ausgezählt wird, liegt an einer Vorsichtsmaßnahme der Stadt während der Corona-Pandemie.
Denn: In dem Speichel, mit dem viele Wähler ihre Wahlumschläge zukleben, könnte das Virus bis zu 24 Stunden lang auf Papier oder Karton nachgewiesen werden. Mit dieser Erklärung des Gesundheitsamtes in Neuburg begründet die Stadt ihr Vorgehen: „Das ist eine weitere Sicherheitsmaßnahme für unsere Wahlhelfer“, sagt Stadtsprecher Bernhard Mahler. Wenige Kommunen gehen dabei so weit wie Neuburg – doch in ganz Bayern wird eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen gelten.
Wählen kann man ausschließlich per Post; um die Wahlbeteiligung zu erhöhen, werden die Briefkästen am Sonntag noch einmal sondergeleert überall dort, wo eine Stichwahl stattfindet. Ausgezählt werden die Stimmzettel in großen Hallen, die Wahlhelfer arbeiten in kleineren Gruppen und mit größeren Abständen. In Augsburg etwa zählen die Wahlhelfer in Dreier-Teams verteilt auf mehrere Räume.
„Kein Wahlhelfer muss Sorge tragen, dass bei der Auszählung der Raum zu klein ist und die Ansteckungsgefahr groß“, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag. Dass sich ein Wahlhelfer mit einer Schmierinfektion über einen Wahlumschlag infizieren könnte, gilt nach Angaben des Gesundheitsministeriums als „insgesamt unwahrscheinlich“.
Dass Kandidaten und Wähler länger als üblich auf das Ergebnis warten müssen, ist jedoch nicht nur in Neuburg zu erwarten: Erlangen, Aschaffenburg oder Forchheim etwa setzen keine freiwilligen Wahlhelfer ein, sondern städtische Bedienstete, die aber erst am Montag ins Büro kommen.
Herbert Kirsch, der scheidende Bürgermeister von Dießen am Ammersee, geht davon aus, dass auch dort die Auszählung zumindest länger dauert als üblich – weil weniger Wahlhelfer als sonst auszählen. „Es ist ein Ehrenamt unter erschwerten Bedingungen“, sagt er. Vom Gesundheitsamt des Landkreises Landsberg hätte er sich eine einheitliche Vorgabe für die Kommunen gewünscht. „Aber vielleicht gibt es ja noch einmal neue Anweisungen bis Sonntag“, sagt er.