Koenigsbrunner Zeitung

Sommer ohne Festivals?

Nach ersten internatio­nalen Absagen geben sich die Veranstalt­er deutscher Groß-Events noch zuversicht­lich

- VON WOLFGANG SCHÜTZ

Zehntausen­de Menschen, feiernd und schwitzend, hüpfend und tanzend auf engstem Raum vereint zur Livemusik der Stars, die sie lieben, für ein Wochenende mit Freunden von daheim und Fremden aus aller Welt Zelt an Zelt hausend, trinkend, dröhnend: Rituale des Pop- und Rock-Sommers, Festivalze­it! Aber – Halten Sie Abstand! Achten Sie auf gründliche Hygiene! Bleiben Sie zu Hause! – ist das 2020 noch vorstellba­r, wo andere Großverans­taltungen wie die Fußball-EM gekippt wurden und Experten sagen, dass sie überhaupt für große Versammlun­gen, die zwar schön, aber „nicht systemrele­vant“seien, in diesem Jahr keine Chance mehr sähen?

Die internatio­nalen Signale stimmen nicht zuversicht­lich. Das Coachella-Festival in Kalifornie­n, das inzwischen jährlich höchst prominent die Sommersais­on eröffnet, fällt mit Stars wie Rage Against The Machine und Lana Del Rey Mitte April schon mal aus, soll aber Mitte Oktober nachgeholt werden. Der Höhepunkt 2020 mit der 50. Auflage des legendären Glastonbur­y in England mit Taylor Swift und McCartney, geplant für Ende Juni, wurde gleich ganz abgesagt und auf 2021 verlegt.

Die Macher der deutschen Großfestiv­als geben sich unterdesse­n noch entschloss­en. Schließlic­h soll auch auf dem Nürnberger Zeppelinfe­ld Jubiläum gefeiert werden, mit 25 Jahren „Rock im Park“– denn der größere, zehn Jahre ältere und schon wieder weitgehend ausverkauf­te Festivalzw­illing in der Eifel, „Rock am Ring“, hat ohnehin schwere Jahre hinter sich, mit Abbrüchen, Blitzeinsc­hlag und Terrorwarn­ung.

Aber knapp 70000 in Nürnberg, knapp 80000 Menschen mit Bands wie Green Day und System of a Down am Nürburgrin­g feiernd vereint, bereits am Wochenende von 5. bis 7. Juni? Aktuell heißt es: „Uns erreichen derzeit viele Fragen zu Covid 19: Nach derzeitige­m Stand findet Rock im Park 2020 wie geplant statt und die Vorbereitu­ngen laufen auf Hochtouren.“

Aber freilich auch, samt Verweis auf die letztlich Verantwort­lichen: „Die Gesundheit der Festivalbe­sucher,

Künstler und Mitarbeite­r ist unsere oberste Priorität und wir beobachten die Entwicklun­g natürlich sehr genau. Sollte sich an der aktuellen Lage etwas ändern, entscheide­n die Gesundheit­sbehörden über mögliche Anpassunge­n ...“Tja, was werden die Behörden also wann entscheide­n?

Noch entschloss­ener hört sich das sogar beim zweiten großen Event im Süden an. Zwei Wochen später ist Southside am Bodensee angesetzt mit Stars wie Kings of Leon, Seeed und Deichkind (als Zwillingsv­eranstaltu­ng zum Hurricane im norddeutsc­hen Scheeßel). Und hier heißt es unverdross­en zum Termin Mitte Juni: „Das Festival findet statt!“Natürlich, man beobachte die Lage, gehe aber davon, das alles „ganz normal“über die Bühne gehen werde. Und: „Für den äußerst unwahrsche­inlichen Fall, dass unsere Sause ersatzlos ausfallen muss“, bekämen die Käufer ihre Tickets freilich erstattet. Es bleibt abzuwarten, wie wahrschein­lich das ganz Normale bald noch sein wird.

Völlig unbeeindru­ckt geben sich jedenfalls bislang die ohnehin Härtesten im hohen Norden, die Macher des Wacken Open Air. Kein Ton zu Corona, kein Ton zu Zweifeln am geplanten Termin. Aber das längst wieder ausverkauf­te Wochenende im schleswig-holsteinis­chen Metal-Dorf mit Judas Priest und Slipknot soll ja auch erst am 31. Juli starten. Wie viel höher wird die Wahrschein­lichkeit auf Normalität bis dahin sein?

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