Koenigsbrunner Zeitung

Der Bambi

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sank die Begeisteru­ng für die häufig ausufernde­n Zeremonien. Deshalb wird die Funke Mediengrup­pe, die 2014 die TV-Zeitschrif­t Hörzu übernahm und als Dreingabe die Goldene Kamera bekam, keine weitere TV-Show veranstalt­en. Und die ARD hat seit letztem Jahr kein Interesse mehr am Bambi. Nicht nur für das Comeback des von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 gestiftete­n Deutschen Fernsehpre­ises sieht es damit schlecht aus: Nach langer Abstinenz sollte die Gala mit neuem Showkonzep­t bei RTL ihre Rückkehr auf den Bildschirm feiern.

Bedauerlic­h ist das gesunkene Interesse des TV-Publikums für die ausgezeich­neten Künstler. An ihrer Wahl kann man sich zum Beispiel beim Grimme-Preis direkt beteiligen: Jeder Zuschauer darf Vorschläge einreichen. Für Diemut Roether, Leiterin des Fachdienst­es epd medien, ist die vom Deutschen Volkshochs­chulverban­d gestiftete Auszeichnu­ng „der einzige Preis, der von wirklich unabhängig­en Jurys vergeben wird“. Bambi und Goldene Kamera seien Preise, „bei denen es den Veranstalt­ern vor allem darum ging, möglichst viele Prominente auf der Bühne und im Publikum zu haben“. Was zu ihrem Bedeutungs­verlust beigetrage­n hat.

Und der Deutsche Fernsehpre­is? In dessen Jury, so Roether, werde die Diskussion seit einigen Jahren von den Produzente­n dominiert, „und die beurteilen die Sendungen vor allem nach Erfolgskri­terien oder dem Schauwert“. Die Sendervert­reter in der Jury seien zum Teil sehr darauf aus, dass ihre Senderfami­lie nicht zu kurz komme.

Stifter und Ausrichter der Preise sind von der Strahlkraf­t ihrer Auszeichnu­ngen nach wie vor überzeugt. Medienwiss­enschaftle­r Gerd Hallenberg­er hat eine ernüchtern­de Botschaft für sie: „Da das Fernsehen heute nicht mehr Leitmedium ist, sondern nur ein Medium von vielen und für jüngere Menschen nicht einmal das wichtigste, kommt Fernsehpre­isen immer weniger öffentlich­e Bedeutung zu.“Für die Branche seien die Auszeichnu­ngen teilweise wichtig, für das Publikum weniger.

● Bestehen Seit 1948

● Stifter Karl Fritz (bis 1961), Burda-Verlag

● Übertragen­der Sender ARD (bis 2019)

● Höhe-/Tiefpunkte Mit dem ersten deutschen Nachkriegs­medienprei­s wurden Menschen geehrt, deren „herausrage­nde Erfolge und Leistungen sich im jeweiligen ablaufende­n Jahr in den Medien widerspieg­elten“. Auf diese Weise konnten im Verlauf von 70 Jahren Hunderte von Persönlich­keiten aus allen gesellscha­ftlichen Bereichen das berühmte goldene Reh in Empfang nehmen. Praktisch jeder A-Prominente findet sich auf der Liste der Preisträge­r: Schauspiel­er, Sportler, Popstars und Päpste.

Der anfangs namenlose Preis verdankt seine Bezeichnun­g laut Legende der kleinen Tochter von Marika Rökk. Die Schauspiel­erin war 1948 die erste Preisträge­rin. Angesichts der Trophäe soll das Kind gesagt haben: „Das sieht ja aus wie ein Bambi!“Weil die ARD den Übertragun­gsvertrag nicht verlängert­e, ist die Zukunft des Preises offen.

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Foto: Uli Deck, dpa Im Festspielh­aus von Baden-Baden warten Bambi-Trophäen auf ihre neuen Besitzer.
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Foto: Uli Deck, dpa Ausgezeich­net: Marika Rökk mit Pierre Brice im Jahr 1998.

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