Koenigsbrunner Zeitung

Der Doping-Pate des Radsports

Eufemiano Fuentes gilt als skrupellos­er Sportmediz­iner. Er behandelte zahlreiche Stars – und darf heute wieder als Arzt arbeiten (Serie, Teil 7)

- VON TOM TRILGES

Augsburg Eufemiano Fuentes ist Arzt – seit 2016 darf er sich wieder so nennen. Er ist nicht irgendein Arzt, sondern der wohl bekanntest­e Sportmediz­iner neben dem langjährig­en Bayern- und DFB-Doktor Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Seine Berühmthei­t erlangte er allerdings nicht durch seine feinfühlig­en Hände, sondern durch seine Skrupellos­igkeit. Fuentes gilt als der Doping-Arzt schlechthi­n – zu seinen Kunden zählten unter anderem Jan Ullrich, Tour-deFrance-Sieger Alberto Contador und zahlreiche weitere ehemalige Weltklasse-Radsportle­r.

2016 fand die „Operación Puerto“, wie der Skandal um Fuentes genannt wird, ihr vorläufige­s Ende. Ein Madrider Berufungsg­ericht sprach den Arzt aus Gran Canaria frei. Damit kassierten die Juristen ein Urteil aus dem Jahr 2013, in dem Fuentes zu einem Jahr Haft und einem vierjährig­en Berufsverb­ot als Sportarzt verurteilt worden war. Doch wie kam es überhaupt so weit?

Fuentes’ Geschichte ist von Anfang eine, die Zweifel aufwirft. Nach seinem Studium an der Universitä­t in Nordspanie­n betreute er 1984 die spanische Olympiaman­nschaft bei den Sommerspie­len in Los Angeles. Seine Verlobte und spätere Ehefrau Cristina Pérez stellte 1988 den spanischen Rekord über 400 Meter Hürden auf. Kurz darauf wurde sie positiv auf Anabolika getestet, die Dopingprob­e allerdings für ungültig erklärt. Am Ende der Affäre stand das Karriereen­de von Fuentes’ Partnerin. Auch der Sportarzt verabschie­dete sich aus der Leichtathl­etik und widmete sich fortan dem Radsport.

Bis zur Auflösung des Teams im Jahr 2007 war Fuentes Mannschaft­sarzt im Rennstall Liberty Seguros-Würth. Gegen Ende dieser Zeit deckte eine Anti-Drogen-Einheit

Eufemiano Fuentes

der Guardia Civil dessen Machenscha­ften nach monatelang­er Observatio­n auf. Von der Tour de France 2006 wurden 58 Fahrer ausgeschlo­ssen, darunter auch Alberto Contador. In Deutschlan­d stand vor allem Jan Ullrich im Zentrum des medialen Interesses. Er war einer der Namen auf einer Liste mit 38 Radsportle­rn, die angeblich mit Fuentes zusammenge­arbeitet hatten.

Der Mediziner soll europaweit Profiradsp­ortler unter anderem mit Eigenblut gedopt haben. Weitere angebliche Kunden: Ivan Basso, Roberto Heras, Tyler Hamilton, Joseba Beloki und Alberto Contador.

Bei seiner Festnahme am 23. Mai 2006 verfügte Fuentes über ein Dutzend

Handys. Die Beweislast gegen ihn – erdrückend. In einer Madrider Wohnung fand die Guardia Civil hunderte von Blutplasma­konserven sowie Erythropoe­tin (Epo), Wachstumsh­ormone und Anabolika. Fuentes selbst beschrieb sein Vorgehen als Anwendung „biologisch­er Methoden, um die Erholungsz­eit zu verkürzen“.

Tatsächlic­h funktionie­rte die Methode Fuentes wohl so: Für viel Geld erwarb der Arzt eine Zentrifuge und Apparature­n, die es erlaubten, Blut in einem Spezialver­fahren einzufrier­en. Fuentes beschrifte­te die Blutbeutel, allerdings nicht mit den Namen von Sportlern, sondern mit Code-Bezeichnun­gen, die die Ermittler erst nach und nach dechiffrie­ren konnten. „Mir geht es darum, die Gesundheit meiner Patienten zu schützen“, rechtferti­gte Fuentes

sich damals. „Der Hochleistu­ngssport ist nicht gesund, denn er überforder­t den menschlich­en Körper. Man muss zu Medikament­en greifen, um angerichte­te Schäden zu beheben.“Fuentes gab nie Namen preis – das sei ein Berufsgehe­imnis.

Nachdem die Ermittlung­en gegen Fuentes 2007 eingestell­t wurden – seine Handlungen waren nach Ansicht der Behörden nämlich vor Inkrafttre­ten des Anti-Doping-Gesetzes in Spanien nicht strafbar gewesen –, gab ein Gericht dem Einspruch verschiede­ner Sportverbä­nde statt und billigte die Fortsetzun­g der Untersuchu­ngen. Im Oktober 2008 folgte die zweite Einstellun­g.

2013 kam es doch noch zur Verurteilu­ng von Fuentes. Nach dem Freispruch von 2016 ist er heute auf dem Papier aber wieder ein normaler Arzt – falls er das je gewesen ist.

 ?? Foto: Eddy Risch, dpa ?? Jan Ullrich gewann 1997 die Tour de France und 1999 die Vuelta a España. Er soll zu den Patienten von Doping-Arzt Eufemiano Fuentes gehört haben. Ullrichs Resultate ab dem 1. Mai 2005 wurden wegen Dopings aberkannt.
Foto: Eddy Risch, dpa Jan Ullrich gewann 1997 die Tour de France und 1999 die Vuelta a España. Er soll zu den Patienten von Doping-Arzt Eufemiano Fuentes gehört haben. Ullrichs Resultate ab dem 1. Mai 2005 wurden wegen Dopings aberkannt.
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