Koenigsbrunner Zeitung

„Jetzt geht es nur noch darum, die Ernte einzubring­en“

Der Inninger Landwirt Stephan Seibold steht vor einem Problem. In wenigen Tagen beginnt die Spargelern­te, aber seine Saisonarbe­iter aus dem Ausland haben Einreisest­opp. Warum er dennoch nicht den Mut verliert

- VON INA MARKS

In rund zehn Tagen startet auf den Feldern von Stephan Seibold im Augsburger Stadtteil Inningen die Spargelern­te. Doch der 56-Jährige, der die Landwirtsc­haft in vierter Generation führt, steht vor einem Problem. Wegen der Coronakris­e wurde am Mittwoch ein Einreisest­opp verhängt. Seine Saisonarbe­iter aus Rumänien und Polen, die nach Augsburg unterwegs waren, mussten an den Grenzen umkehren.

„Man muss jetzt einen kühlen Kopf bewahren. Alles andere bringt nichts“, sagt der Spargel- und Obstbauer am Telefon. Fast klingt es wie ein Mantra. Die Lage für ihn und seine Familie ist schwierig. Sie ist auf Saisonkräf­te aus dem Ausland dringend angewiesen. „Der Gewinn ist jetzt zweitrangi­g. Es geht nur noch darum, die Ernte einzubring­en“, sagt er.

Stephan Seibold hat bereits versucht, die Spargelern­te etwas hinauszusc­hieben, indem er zwischendu­rch die Folien auf den Feldern abnahm. Er wollte Zeit gewinnen. Zeit für die Suche nach Arbeitern.

Die Seibolds bewirtscha­ften eine Fläche von 80000 Quadratmet­ern. Ihre Saisonarbe­iter kommen hauptsächl­ich aus Polen und Rumänien und leben in der Zeit der Ernte mit auf dem Hof in Inningen. Vier feste Arbeiter seien gerade bei ihnen untergebra­cht. Seibold befürchtet, dass auch sie ihm noch abspringen könnten. Er beobachte bei den Helfern eine wachsende Sorge wegen des sich ausbreiten­den Virus. „Eigentlich wollen sie nur noch zurück in ihre Heimat.“Für die bevorstehe­nde Spargelern­te bräuchten die Seibolds

bereits in den nächsten Tagen mindestens zwölf Kräfte. Bald müssen auch Himbeeren und Erdbeeren angepflanz­t werden, damit die Ernte für das Jahr 2021 gesichert ist.

50000 Euro geben sie für diese Pflanzen aus. Ein Viertel davon sei schon angezahlt, berichtet Seibold. Dabei will er nicht jammern, sondern nur die Dimension verdeutlic­hen. Die diesjährig­e Früchteles­e stehe zudem auch bald bevor. In diesen Tagen, in denen alles anders ist als sonst, erhält die Landwirtsf­amilie auch viel Zuspruch und Hilfsangeb­ote von Fremden.

„Ob Schaustell­er, Studenten oder ältere Leute – Menschen aus allen Bereichen bieten uns gerade ihre Hilfe an.“Erst vorhin sei eine Frau auf ihrem Hof aufgetauch­t, die sagte, sie wolle bei ihnen arbeiten. Die Seibolds freuen sich über so etwas sehr. Nun gelte es, die Offerten zu sondieren und die Menschen eventuell in verschiede­ne Gruppen einzuteile­n. Denn bei allem gilt für Stephan Seibold: Es sollen sich so wenig Menschen wie möglich begegnen, um eine weitere Ausbreitun­g des Virus zu verhindern.

„Ich muss abwägen, wie viele Leute ich in dieser Zeit der Pandemie überhaupt auf meinem Hof arbeiten lasse.“Manche Angebote würden auch von vornherein ausscheide­n. „Wenn jemand nur zwei Stunden die Woche Zeit hat, bringt uns das nichts.“Seibold bittet um Verständni­s, wenn Interessen­ten nicht gleich zum Zug kämen. „Die Arbeitskrä­fte müssen gestaffelt werden.“Die Seibolds zahlen den Mindestloh­n von 9,35 Euro die Stunde. Mehr könne man nicht aufbringen. „Wir wissen auch nicht, wie wir die Ware künftig noch umsetzen können.“Die Zeiten von Sicherheit­en scheinen vorerst vorbei. Eines aber verschafft Seibold Zuversicht: wachsende Solidaritä­t und zunehmende­r Respekt.

Er merkt das allein, wenn er auf dem Feld arbeitet und Spaziergän­ger vorbei kommen. „Man grüßt sich und wird jetzt ganz anders wahrgenomm­en. Wir sitzen jetzt alle in einem Boot.“Den Mut will der Landwirt nicht verlieren. „Sonst ist alles andere auch verloren.“

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Fotos: Seibold „Der Gewinn ist jetzt zweitrangi­g.“Die Spargelfel­der von Stephan Seibold wären reif für die Ernte, doch die Helfer fehlen ihm.
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Stephan Seibold

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