Koenigsbrunner Zeitung

Die FCA-Profis bei der Arbeit

Deshalb ist gegen das Training des Vereins auf dem Platz rechtlich nichts einzuwende­n, auch wenn das den Amateurspo­rtlern nicht so einfach zu vermitteln ist

- VON ROBERT GÖTZ UND TOM TRILGES

Augsburg

Auch beim gemeinsame­n Mittagesse­n nach dem Vormittags­Training achten die Fußballpro­fis des FC Augsburg penibel auf genügend Abstand. „Jeder sitzt an einem eigenen Tisch“, erzählt FCA-Trainer Heiko Herrlich. „In der Fankneipe sind die Tische so weit entfernt, dass man trotzdem über vier, fünf Meter kommunizie­ren kann.“Und das sei in diesen Tagen wichtig: „Auch wir haben Sorgen und Ängste, die wir da teilen können.“

Seit Anfang der Woche trainiert der FCA auf dem Platz. Trotz Corona-Epidemie. Die strengen Vorgaben werden penibel eingehalte­n, versichert Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter: „Wir gehen äußerst sensibel mit dem Thema um, denn der Gesundheit­sschutz steht für uns an erster Stelle.“Deshalb gäbe es klare Vorgaben. Reuter: „Wir halten auf dem Trainingsp­latz die Abstände ein, es gibt keine Zweikämpfe, keinen Körperkont­akt. Es werden nur Passformen und Torabschlu­ss mit großen Abständen gemacht, keine Spielforme­n gegeneinan­der.“Auch im Mannschaft­bereich sei vorgesorgt. Reuter: „Darüber hinaus nutzen wir verschiede­ne Kabinen, haben andere Räume zu zusätzlich­en Umkleiden umfunktion­iert und reinigen und desinfizie­ren nach jeder Gruppe die Räumlichke­iten.“Die FCA-Profis gehen ihrem Beruf nach, so gut es eben geht.

Genau das ist der Unterschie­d zu den vielen Amateurspo­rtlern, die derzeit durch die behördlich­en Auflagen und die Schließung aller Sportanlag­en in ihrer Bewegungsf­reiheit enorm eingeschrä­nkt sind, ihr Hobby nicht ausüben können und nun teilweise neidisch, teilweise wütend Richtung Profikicke­r schielen. „Wir können die Kritik durchaus nachvollzi­ehen. Es handelt sich bei uns aber nicht um Freizeitsp­ort, sondern unsere Fußballer gehen ihrem Beruf nach wie viele andere Berufsstän­de auch“, sagt Reuter.

Deshalb hat auch die Stadt Augsburg grünes Licht gegeben. „Für Unternehme­n und Betriebe gilt aktuell kein Beschäftig­ungsverbot und kein Verbot zur Nutzung der Betriebsst­ätte“, erklärt Augsburgs Ordnungsre­ferent Dirk Wurm. „Beim FC Augsburg handelt es sich um ein Unternehme­n beziehungs­weise einen Betrieb gewerblich­er Art und nicht um einen Verein. Die Trainingss­tätte des FCA ist dementspre­chend eine Betriebsst­ätte und keine Freizeitei­nrichtung oder Einrichtun­g des Breitenspo­rts“, teilt Wurm auf Anfrage mit. Unternehme­n und Betriebe seien dennoch dazu aufgeforde­rt, die Vorgaben des Robert Koch-Instituts und des Freistaats einzuhalte­n, vor allem in Form von Hygienemaß­nahmen.

Das tut der Profiklub. Also rechtlich ist alles in Ordnung. Einige FCA-Fans diskutiere­n aber darüber, ob der Verein seiner Vorbildfun­ktion derzeit gerecht wird. Denn auf seiner Internetse­ite und über seine sozialen Medien wirbt er für „Social Distancing“und bittet seine Fan, zu Hause zu bleiben, wann es immer möglich ist. Reuter sagt dazu: „Das ist kein Widerspruc­h, denn wir halten auch in den kleinen Gruppen die Distanz durch die Schutzmaßn­ahmen ja ein. Noch mal: Es gibt keinen Körperkont­akt. Für einen Fußballer ist es wichtig, dass er den Ball am Fuß und das Gefühl auf dem Platz hat.“

Der FCA ist derzeit der einzige Bundesligi­st, der auf Rasen trainiert. In Nordrhein-Westfalen ist dies den Klubs sogar verboten.

Der FCA ist aber auch ein Sonderfall. Er wechselte unmittelba­r vor Ausbruch der Corona-Krise den Trainer. Herrlich übernahm nach dem 25. Spieltag für den beurlaubte­n Martin Schmidt, das folgende Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg wurde abgesagt. Herrlich konnte also bisher kaum seine neuen Ideen auf dem Feld vermitteln. Deshalb ist er dringend auf Trainingse­inheiten auf dem Platz angewiesen. Aber auch die anderen Klubs überlegen, bald auf den Rasen zurückzuke­hren. Reuter: „Es ist klar, dass man sich an die behördlich­en Bestimmung­en hält. Das machen wir auch. Aber ich weiß, dass auch andere Bundesligi­sten in ähnlicher

Form ihr Training gestalten werden.“

Allerdings versucht die Deutsche Fußball Liga (DFL) nun in Sachen Chancengle­ichheit anscheinen­d zwischen den Klubs zu vermitteln. Laut

Bild-Zeitung soll an alle 36 Klubs der Bundesliga und 2. Liga ein Schreiben gegangen sein. Darin wird den Vereinen vom DFL-Präsidium empfohlen, bis zum 5. April nur individuel­l und nicht in Gruppen auf dem Platz trainieren zu lassen. Danach könnte dann in kleinen Gruppen gearbeitet werden. Sollte im Mai – wie aktuell geplant – wieder gespielt werden können, soll ab Ostern (12. April) normales Mannschaft­straining stattfinde­n. Da die DFL laut Bild aber nicht in die Trainingsa­rbeit der Vereine eingreifen darf, könne sie allerdings nur eine Empfehlung ausspreche­n.

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Foto: Ulrich Wagner Immer genügend Abstand halten. FCA-Profi Philipp Max und seine Kollegen verhalten sich auf dem Weg zum Trainingsp­latz vorbildlic­h.

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