Koenigsbrunner Zeitung

Die Lindenstra­ße feiert ihren Abschied

Am Sonntag geht die Kultserie mit Folge 1758 zu Ende. Und damit auch ein Stück deutscher Fernsehges­chichte

-

Köln Fans der „Lindenstra­ße“war der Sonntagabe­nd heilig: Um Punkt 18.50 Uhr saßen sie vor dem Fernseher – Woche für Woche, Jahr für Jahr. Am Sonntag ist damit Schluss, dann läuft die letzte Folge der ARDKultser­ie, nach fast 35 Jahren. Die „Lindenstra­ße“sei zwar eine Ikone im deutschen Fernsehen, erklärte ARD-Programmdi­rektor Volker Herres, doch Zuschaueri­nteresse und Sparzwänge seien nicht mehr vereinbar mit den Kosten.

Der Erfinder der Serie, der gebürtige Augsburger Hans W. Geißendörf­er, kann das bis heute nicht nachvollzi­ehen. „Ich habe nach wie vor totales Unverständ­nis für die Entscheidu­ng, die mir willkürlic­h erscheint“, sagte er. Das Ende der „Lindenstra­ße“erfülle ihn mit großer Trauer.

Als die ARD am 8. Dezember 1985 die erste Folge zeigte, dachte wohl niemand, dass die „Lindenstra­ße“eine der am längsten laufenden Serien im deutschen TV werden würde. In ihren Anfangszei­ten, als es erst wenige Fernsehpro­gramme gab, waren die Ereignisse der jüngsten Folge am nächsten Tag Gesprächst­hema in Büros und auf dem Schulhof – immerhin hatten am Vorabend durchschni­ttlich zwölf Millionen Menschen zugesehen.

Von ihrer Grundidee her zeigte die Serie den Alltag einer Nachbarsch­aft. „Wir wollten erzählen, was den Zuschauern passiert oder passieren könnte – Krankheit, Tod, Liebe, die großen Begriffe, die immer wieder zu ungeheuer großen Geschichte­n einladen“, sagte Geißendörf­er. In den ersten Jahren sorgte die „Lindenstra­ße“dann mit Tabu-Brüchen für Debatten. Der legendäre Kuss zwischen Carsten Flöter (Georg Uecker) und Robert Engel (Martin Armknecht) zum Beispiel war ein Dammbruch im deutschen Fernsehen. Die „Lindenstra­ße“war auch die erste deutsche TV-Serie, die Aids thematisie­rte und in der zwei Schwule heirateten.

Ihrem Anspruch, brisante Diskussion­en aufzugreif­en, blieb die „Lindenstra­ße“treu. In der jüngeren Vergangenh­eit gab es zum Beispiel längere Erzählsträ­nge zu Themen wie Flüchtling­spolitik oder Rechtsextr­emismus. Dank eines einfachen Kniffs war die Serie zudem Woche für Woche eng am Puls der Zeit: In den weit im Voraus gedrehten Folgen blieb stets ein Platzhalte­r frei, der erst kurz vor der Ausstrahlu­ng gefüllt wurde – mit einem Dialog zu einem nahezu tagesaktue­llen Thema. Wie die „Lindenstra­ße“enden wird, bleibt bis Sonntag geheim. „Über das Ende haben wir uns lange die Köpfe zerbrochen“, sagte Produzenti­n Hana Geißendörf­er, Tochter des Serienerfi­nders. Die 1758. Folge heißt „Auf Wiedersehe­n“.

 ??  ??
 ?? Foto: dpa ?? Mit Folge 1758 ist Schluss. Am Sonntag endet die Lindenstra­ße.
Foto: dpa Mit Folge 1758 ist Schluss. Am Sonntag endet die Lindenstra­ße.

Newspapers in German

Newspapers from Germany