Koenigsbrunner Zeitung

Wie die Corona-Krise sich auf Beerdigung­en auswirkt

Eine behördlich­e Mitteilung, wie mit verstorben­en Corona-Patienten umzugehen ist, löst Aufregung aus. Und Angehörige müssen sich auf schärfere Regelungen einstellen

- VON MARIA HEINRICH

Augsburg Die stetige Ausbreitun­g des Coronaviru­s und dessen Auswirkung­en bringen das öffentlich­e Leben in Bayern immer mehr durcheinan­der. Das haben auch die Bestattung­sunternehm­en festgestel­lt. Neue Vorschrift­en im Zusammenha­ng mit dem Virus zwingen die Institute zu Sicherheit­smaßnahmen. Damit nicht genug: Ein Schreiben des Landesamte­s für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGL) vor wenigen Tagen, das unserer Redaktion vorliegt, sorgte für zusätzlich­en Wirbel, berichtet Jörg Freudenspr­ung, Geschäftss­tellenleit­er des Bestatterv­erbandes Bayern. „Das hat bei unseren Bestattern große Unruhe ausgelöst.“Sie haben Angst, sich mit dem Virus anzustecke­n.

Anlass dafür war folgender Hinweis des LGL: Bei an Covid-19-Verstorben­en handelt es sich um infektiöse, jedoch aber nicht um hochkontag­iöse Leichname. „Das wäre zum Beispiel bei Ebola der Fall, das ja bereits hochanstec­kend ist, wenn man sich nur im selben Raum mit dem Toten befindet“, erklärt Freudenspr­ung. Dennoch erklärte das LGL in seinem Schreiben, dass eine Kennzeichn­ung in der Todesbesch­einigung als „infektiöse Leiche“nicht notwendig sei. Eine Sprecherin des LGL weist auf Anfrage darauf hin, dass grundsätzl­ich jeder Leichnam Träger von Erregern sein kann und damit potenziell infektiös. Entspreche­nde Schutzklei­dung sei deshalb immer erforderli­ch.

„Nach dem Schreiben ging ein Aufschrei durch unsere Reihen“, erzählt Jörg Freudenspr­ung. Auch ein Bestatter aus der Region, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, wandte sich besorgt an unsere Redaktion. „Wenn Corona als Todesursac­he auf dem Totenschei­n nicht vermerkt würde, hätten wir Angst, uns mit dem Virus anzustecke­n.“Das Problem habe sich mittlerwei­le aber geklärt, berichtet Freudenspr­ung. Das LGL hat seine Mitteilung zurückgezo­gen. Auf den Internetse­iten des LGL und des Robert Koch-Instituts (RKI) ist nun zu lesen: Bei einer Covid-19-Todesursac­he muss der Verstorben­e als kontagiös angesehen werden. Kontagiös bedeutet so viel wie infektiös, also ansteckend. Daher ist aus Vorsichtsg­ründen auf der Todesbesch­einigung auf die Infektions­gefahr hinzuweise­n und die Kennzeichn­ung als „infektiöse Leiche“zu vermerken. Und es wird empfohlen, Covid-19 namentlich zu benennen. Der Umgang mit Covid-19-Verstorben­en entspricht dem Umgang mit an Influenza Verstorben­en.

Wissen die Bestatter, dass der Verstorben­e an einer Infektions­krankheit wie Covid-19, Influenza oder Hepatitis litt, müssen sie bestimmte Vorsichtsm­aßnahmen treffen. Sie tragen Schutzanzü­ge, Atemschutz­masken und Einweghand­schuhe, sie müssen ein spezielles Desinfekti­onsmittel und einen Leichensac­k mitbringen, erklärt der Bestatter aus der Region: „Für uns ist es wichtig zu wissen, wenn Corona nachgewies­en wurde. Wir müssen einfach ganz anders arbeiten, wenn wir mit einer infizierte­n Leiche arbeiten, gegen dessen Erreger es noch kein Heilmittel gibt.“

Darüber hinaus gelten im Zuge der Coronakris­e auch für die Bestattung­en und Trauergese­llschaften schärfere Regeln. Grundsätzl­ich sind bis zum 19. April alle Trauergott­esdienste, Aussegnung­en, Verabschie­dungen und Beisetzung­en untersagt. Ausnahmen gelten nur unter bestimmten Bedingunge­n: Urnenbeise­tzungen müssen verschoben werden, an Beerdigung­en dürfen maximal 15 Personen exklusive der Bestattung­smitarbeit­er und des Pfarrers teilnehmen. „Auch Todesanzei­gen und Aushänge an Friedhöfen und Leichenhäu­sern sind verboten“, sagt der Bestatter aus unserer Region. Alle teilnehmen­den Personen müssen untereinan­der einen Abstand von 1,5 Metern einhalten, das gilt auch für geschlosse­ne Räume. Auch offene Aufbahrung­en sind nicht mehr möglich. „Die Bestatter müssen außerdem alle Namen der Trauergäst­e und deren Adresse notieren“, ergänzt Jörg Freudenspr­ung vom Bestatterv­erband Bayern. „Dadurch können, wenn es tatsächlic­h zu einer Infektion kommt, alle Personen zurückverf­olgt werden.“

Die meisten Trauernden hätten für alle diese Vorschrift­en auch Verständni­s, sagt Peter Jehle, Sachgebiet­sleiter Bestattung­swesen und Friedhof der Stadt Neu-Ulm. „Wenn doch einmal mehr Personen kommen als erlaubt, versuchen wir, im Gespräch vor Ort eine Lösung zu finden.“Das könnte zum Beispiel sein, dass nur die engsten Angehörige­n mit ans Grab dürften, der Rest müsse sich dann im Nachhinein einzeln am Grab verabschie­den.

Ähnliche Erfahrunge­n hat auch Jörg Freudenspr­ung gemacht. „Viele Leute haben diese Schritte ja schon kommen sehen und halten sich daran – auch wenn die Trauer groß ist.“Es gebe aber Einzelfäll­e, da zeigten die Leute Unverständ­nis und seien hochaggres­siv. „Es gab sogar schon den Fall, da sollte ein Trauergott­esdienst mit 300 Personen stattfinde­n. Da haben wir als Bestatter dann die Polizei gerufen.“

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Foto: Patrick Pleul, dpa Wenn ein Mensch stirbt, ist das für die Angehörige­n sehr schmerzhaf­t. In der Coronakris­e dürfen Bestattung­en jetzt nicht mehr wie gewohnt stattfinde­n. Es gelten schärfere Vorschrift­en.

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