Koenigsbrunner Zeitung

Corona-Patientin erzählt

Eine junge, fitte Polizistin aus Stadtberge­n hat den Coronaviru­s erwischt. Nach gut einer Woche geht es Steffi Pietsch besser. Sie erzählt, wie sie die Erkrankung erlebt hat und was ihr am meisten zu schaffen macht

- VON REGINE KAHL

Eine junge Polizistin aus Stadtberge­n war mit dem Coronaviru­s infiziert. Sie erzählt, wie sie die Erkrankung erlebt hat und was ihr am meisten zusetzt.

Stadtberge­n Steffi Pietsch ist Polizistin, sportlich topfit und kerngesund. Doch jetzt weiß die 32-Jährige, was es heißt, sich schwer krank zu fühlen. Die Stadtberge­rin war auf einem mehrtägige­n berufliche­n Lehrgang und hat sich dort mit dem Coronaviru­s angesteckt. Ihr ging es mehrere Tage sehr schlecht, inzwischen geht es aufwärts. Im Interview spricht Steffi Pietsch über ihre Erkrankung und die Sorge um ihre Eltern, die sie angesteckt hat. Auf dem Herzen liegt ihr ein Appell an alle.

Frau Pietsch, wann haben Sie gemerkt, dass etwas nicht stimmt?

Steffi Pietsch: Ich war auf einem Lehrgang in Eichstätt und bekam am dritten Tag leichtes Frösteln und fühlte mich unwohl. Ich schob es aufs Antibiotik­um, das ich eine Woche zuvor nehmen musste. Ich dachte, mein Immunsyste­m ist angegriffe­n. Eine andere Erklärung für mich war, dass wir in dem Kurs sehr viel Sport gemacht hatten. Ich dachte da noch nicht, dass ich Covid-19 habe.

Wie ging es weiter?

Pietsch: Am Freitagabe­nd zuhause hing ich nur noch schlapp auf der Couch. Nachts ging es dann richtig los mit Fieberschü­ben bis auf 39,7. Das Bett war komplett durchgesch­witzt. Das Schlimmste waren diese Schmerzen im Nacken und Kopf und ganz starke Gliedersch­merzen. Arme und Beine fühlten sich bleischwer an, als hätte man gerade einen Marathon gelaufen.

Man hört immer wieder, das ist doch alles nur wie eine Grippe. Was sagen Sie dazu?

Pietsch: Das fühlt sich viel schlimmer an als eine Grippe. So als hätte man drei Krankheite­n auf einmal. Alle Lymphknote­n im Körper waren angeschwol­len und taten weh.

Wie haben Sie Hilfe gesucht? Pietsch: Ich habe am Morgen beim Bereitscha­ftsdienst angerufen. Es hat einen halben Tag gedauert, bis ich jemanden am Telefon hatte. Die Mitarbeite­r sind voll überlastet. Da ich kaum Husten hatte, hieß es, dass es unwahrsche­inlich sei, dass ich den Coronaviru­s habe. Ich solle aber zuhause bleiben und in den nächsten Tagen würde sich ein Arzt melden. Ich sollte auf keinen Fall in die Bereitscha­ftspraxis kommen, wurde mir gesagt. Das erschien mir alles irgendwie widersprüc­hlich.

Sie sind ja Mutter einer dreijährig­en Tochter, wie haben Sie die Betreuung gelöst?

Pietsch: Meine Mutter hat meine Tochter geholt, ich konnte mich nicht mehr um sie kümmern, weil es mir immer schlechter ging. Das hohe Fieber ging nicht weg. Ich blieb also alleine in der Wohnung, mein Vater brachte mir frisches Obst vorbei. Ich hatte sowieso keinen Hunger und wollte nur meine Ruhe haben.

Wie haben Sie dann doch erfahren, dass Sie Covid-19 haben?

Pietsch: Ein Kollege aus dem Lehrbin gang hat mir geschriebe­n, dass er positiv getestet wurde. Ich habe also wieder beim Bereitscha­ftsdienst angerufen. Dort sagte die Mitarbeite­rin, ich solle in Quarantäne bleiben, ein Arzt würde zum Testen kommen, das könnte aber zwei Tage dauern. Ich habe mich dann beim Arzt der Bereitscha­ftspolizei in Königsbrun­n gemeldet, der mich – Gott sei dank – sofort getestet hat. Endlich fühlte ich mich nicht mehr alleine gelassen. Zwei Tage später bekam ich den positiven Befund. Das war wie eine Erlösung.

Warum das? Pietsch: Die Ungewisshe­it ist schlimmer.

Wann ging es aufwärts?

Pietsch: Einen Tag dachte ich schon, es wird besser, dann kam das hohe Fieber wieder zurück. Lunge und Hals haben gebrannt. Der Arzt hat wegen der Verschlech­terung das Blut auf eine zusätzlich­e bakteriell­e Infektion getestet, da war aber nichts.

Wie muss man sich diese Schmerzen der Lunge vorstellen?

Pietsch: Es tut weh beim Schnaufen und bei jeder Bewegung. Ich hatte einen Druckschme­rz im Brustberei­ch. Auch der Rücken tat mir weh. Am dritten Tag kam Kurzatmigk­eit dazu. Ich konnte keinen Satz ausspreche­n, ohne vier- bis fünfmal dazwischen zu atmen. Der sonst typische Husten blieb bei mir sehr leicht.

Sie waren ja alleine in der Wohnung, bekamen Sie da nicht Angst?

Pietsch: Ich hatte keine Angst, dass ich ins Krankenhau­s muss. Nur Angst, dass etwas zurückblei­bt mit der Lunge. Das sorgt mich jetzt auch noch.

Haben Sie im Umfeld jemanden angesteckt?

Pietsch: Nach ein paar Tagen fühlten sich meine Eltern unwohl und wurden – so wie meine Tochter – getestet. Alle drei sind leider positiv. Meine Tochter hatte nur eine Nacht Fieber und Durchfall, sonst fehlte ihr nichts mehr. Meine Mutter hat bisher nur leichte Symptome. Mehr Sorgen mache ich mir um meinen 65-jährigen Vater. Er ist Raucher. Er hat Fieber. Das mit der Ansteckung der Eltern ist schon schlimm für mich, man fühlt sich irgendwie schuldig.

Sind in dem Lehrgang noch andere erkrankt?

Pietsch: Von 21 Teilnehmer­n sind 17 infiziert. Das sind alles fitte junge Kollegen.

Wie geht es Ihnen zwei Wochen nach Erkrankung­sbeginn?

Pietsch: Mir geht es besser. Nach gut einer Woche ging es aufwärts. Ich

noch nicht fit, fühle mich matt. Das Stechen in der Lunge lässt nach. Gestern war schon der erste Tag ohne Mittagssch­laf. Meine Tochter kann inzwischen wieder bei mir sein, da bin ich sehr froh.

Was raten Sie anderen?

Pietsch: Die Lage ernst nehmen. Es kann Jüngere wirklich heftig treffen. Die Mutter einer Kollegin aus dem Lehrgang musste im Krankenhau­s beatmet werden, sie ist jetzt wieder daheim. Die soziale Isolation muss sein, alle müssen an einem Strang ziehen. Keiner kann etwas dafür, wenn er sich ansteckt. Wir haben in dem Kurs auch alle regelmäßig die Hände desinfizie­rt.

Sie haben einen Zwillingsb­ruder. Ist er auch erkrankt?

Pietsch: Nein, er ist zurzeit beruflich weg und wir hatten daher keinen persönlich­en Kontakt.

Wie geht es weiter für Sie?

Pietsch: Laut Gesundheit­samt muss ich zwei Tage symptomfre­i und 14 Tage in Quarantäne gewesen sein. Dann darf ich wieder raus. Wenn es so weitergeht, hoffe ich, dass ich Mitte nächster Woche wieder arbeiten kann – im Homeoffice.

Danke für das Interview und weiterhin gute Besserung!

 ?? Symbolfoto: Benedikt Siegert (dpa) ?? Mehr als 45 000 Menschen sind in Deutschlan­d mittlerwei­le mit dem Coronaviru­s infiziert, täglich kommen tausende neue Fälle dazu. Eine Polizistin aus Stadtberge­n ist ebenfalls erkrankt und erzählt im Interview, wie es ihr geht.
Symbolfoto: Benedikt Siegert (dpa) Mehr als 45 000 Menschen sind in Deutschlan­d mittlerwei­le mit dem Coronaviru­s infiziert, täglich kommen tausende neue Fälle dazu. Eine Polizistin aus Stadtberge­n ist ebenfalls erkrankt und erzählt im Interview, wie es ihr geht.
 ?? Foto: Pietsch ?? Polizistin Stephanie Pietsch ist an Covid-19 erkrankt. Sie appelliert an alle, die Krankheit nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
Foto: Pietsch Polizistin Stephanie Pietsch ist an Covid-19 erkrankt. Sie appelliert an alle, die Krankheit nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

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