Koenigsbrunner Zeitung

Trügerisch­e Idylle am Reiterhof

Pferdespor­tler dürfen sich zwar noch um ihre Tiere kümmern, doch sie tun das unter strengen Auflagen und mit großen Sorgen

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Zu einer Zeit, in der nahezu alle Freizeitst­ätten und Sportanlag­en geschlosse­n haben, gehören wir Pferdebesi­tzer und Reitsportl­er zu den Privilegie­rten. Wir dürfen uns – dirigiert von strengen Auflagen – weiterhin um unsere Tiere kümmern. Doch mit dem „Hobby“Reitsport hat das alles nichts mehr zu tun. Zulässig ist einzig und allein die Grundverso­rgung der Pferde – also Fütterung, Pflege und Bewegung. Diese drei Punkte müssen gewahrt bleiben. Denn in diesem Fall schlägt das Tierschutz­gesetz das Infektions­schutzgese­tz.

Und so stehen die Pferde auch in unserem Stall täglich auf ihren Paddocks draußen in der Sonne, die Katzen tollen über den Hof und Reiter bewegen ihre Vierbeiner auf unserem großen Springplat­z. Doch die Idylle trügt. Nichts ist hier mehr so wie noch vor drei Wochen. Als Kinder

von ihren Eltern zum Reitunterr­icht gebracht wurden und im Stall immer geschäftig­es Treiben herrschte. Seit zwei Wochen sind Lehrgänge, Trainingss­tunden und Reitunterr­icht nach Vorgabe der Deutschen Reiterlich­en Vereinigun­g nicht mehr zulässig. Auch für unseren Stall gilt die vom Dachverban­d ausgegeben­e Formel: Pro Tag pro Pferd ein Mensch für exakt zwei Stunden.

In der Halle und auf dem Platz darf zwecks Sicherung der vorgeschri­ebenen Abstände nur noch ein Reiter pro 200 Quadratmet­er unterwegs sein. Was zur Folge hat, dass wir uns bei 35 Pferden auf dem Hof nach einem ausgeklüge­lten Zeitplan richten müssen.

Ausnahmslo­s jeder, der den Hof betritt, muss sich in einem vorgeschri­ebenen „Anwesenhei­tsplan“für das zweistündi­ge Zeitfenste­r eintragen. An jeder Stalltür hängen Listen mit Vorschrift­en zu den Hygienemaß­nahmen. Jeder, der sich um ein Pferd kümmert, benötigt zudem eine unterschri­ebene und abgestempe­lte „Eigenerklä­rung“mit dem Namen und der Lebensnumm­er des Pferdes. Dieses Formular kann man der Polizei vorlegen, wenn man auf dem Weg in den Stall aufgehalte­n wird. Oder die Reitanlage

selbst überprüft wird. Denn die staatliche­n Kontrollen laufen bereits. Stallbesit­zer und Vereinsvor­stände werden haftbar gemacht, wenn sich Mitglieder und Pferdebesi­tzer nicht an diese Regeln halten.

Doch wer sich schon einmal um ein Pferd gekümmert hat, wird ahnen, dass der vorgeschri­ebene zweistündi­ge Zeittakt mit Pflege (die Pferde verlieren gerade ihr Winterfell!), Reiten und Misten eng gesteckt ist. Und weil Pferde wahre Meister darin sind, zu unpassends­ten Zeiten durch den Koppelzaun zu brechen, an einer Kolik zu erkranken oder sich ein Hufeisen loszutrete­n, sind die Sorgen der Pferdebesi­tzer groß. Mal schnell in den Stall fahren, geht einfach nicht mehr.

An dieser Stelle berichten täglich Kolleginne­n und Kollegen aus der Redaktion von ihrem Alltag in Zeiten von Corona.

 ??  ?? Andrea Bogenreuth­er ist Sportredak­teurin. Sie besitzt ein Pferd und gibt in ihrer Freizeit im Verein Reitunterr­icht.
Andrea Bogenreuth­er ist Sportredak­teurin. Sie besitzt ein Pferd und gibt in ihrer Freizeit im Verein Reitunterr­icht.

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