Koenigsbrunner Zeitung

Hilferuf aus dem Süden

Die Reserven sind aufgebrauc­ht

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In Italien war in den vergangene­n Wochen oft vom „Patienten Nummer 1“die Rede. Gemeint war die Person, die das Virus im Land unbewusst weiterverb­reitete. Nun dürfte bald klar werden, wer Patient Nummer 1 in der EU ist: Der hoch verschulde­te italienisc­he Staat, der nicht erst seit der Corona-Krise das Sorgenkind des ganzen Kontinents ist. Italien ist die drittgrößt­e Volkswirts­chaft in der EU und damit „too big to fail“. Ein durch zusätzlich­e Verschuldu­ng ausgelöste­r Staatsbank­rott hätte dramatisch­e Folgen, weit über Italien hinaus. Doch genau das passiert derzeit. Um den wirtschaft­lichen Schaden im Land abzufedern, versprach die Regierung bislang 25 Milliarden Euro. Monatlich sollen Nachbesser­ungen folgen. Geldflüsse von bis zu 340 Milliarden Euro stellte Finanzmini­ster Roberto Gualtieri in Aussicht. Das von der Finanzkris­e 2009 schwer getroffene Land hat keine Reserven, im Gegenteil. Vor der Corona-Krise lag die Staatsvers­chuldung bei mehr als 130 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es (BIP), nach der Krise könnte sie bei 170 Prozent liegen, fürchten Experten. Angesichts der drohenden weltweiten Rezession ist die Frage, wie lange die Finanzmärk­te Italiens Schuldenla­st als noch finanzierb­ar einschätze­n. Rom blickt deshalb voller Hoffnung auf die EU-Partner und verlangt Corona-Bonds, also eine Vergemeins­chaftung der Schulden. Der Hilferuf aus dem Süden wird bislang ignoriert. „Das hässliche Europa“, titelte La Repubblica deshalb am Freitag. Das Ringen um das finanzpoli­tische Überleben Italiens und der EU hat gerade erst begonnen.

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Foto: Witters Wo sich sonst die Menschen drängen, flanieren nur noch einzelne Menschen. Ein Blick in die Hamburger Mönckeberg­straße.
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Foto: dpa Blick auf den Hafen von Piräus. Griechenla­nds Wachstum stockt.

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