Der Schwung geht verloren
Die Strände sind leer
Leere Hotels, verwaiste Strände – und das ausgerechnet am Saisonbeginn: Die Coronavirus-Pandemie hat der türkischen Fremdenverkehrsindustrie einen schweren Schlag versetzt – und damit einem wesentlichen Zweig der türkischen Wirtschaft. Das Ostergeschäft, das in normalen Jahren einen ersten Höhepunkt der Besucherzahlen bringt, ist für die Türkei bereits verloren, und auch die Sommersaison ist wegen der Ausbreitung des Virus in Gefahr. Die erwarteten Milliardenverluste der Tourismus-Branche sind nur eines der Probleme für die türkische Wirtschaft. Präsident Recep Tayyip Erdogan hat zwar ein Hilfspaket im Volumen von rund 14 Milliarden Euro auf den Weg gebracht, doch damit allein werden die Folgen der Pandemie nicht auszugleichen sein. Die türkische Wirtschaft war gerade auf dem Weg aus der Rezession, als das Virus die Konjunktur lahmlegte. Nun geht der Schwung verloren und die nächste Krise droht. Zehntausende Unternehmen sind geschlossen, hunderttausende Arbeitnehmer sitzen ohne Lohnfortzahlung zu Hause. Die private Verschuldung und das Haushaltsdefizit dürften steigen. Dollar-Verkäufe zur Stützung der Landeswährung Lira haben zudem die Reserven der Zentralbank auf 36 Milliarden Dollar sinken lassen, die Inflation liegt bei mehr als 12 Prozent. Erdogans Regierung bleibt bei ihrem Wachstumsziel von fünf Prozent für das laufende Jahr, doch diese Marke dürfte kaum zu erreichen sein, wenn der wirtschaftliche Stillstand noch lange dauert. Analysten schrauben ihre Wachstumsprognosen für das Land bereits drastisch zurück. Susanne Güsten