Orpheus aus der Ludwigstraße
Seit 2018 erscheint am Lech ein internationales Fachmagazin für Oper, Operette und Musical – benannt nach dem mythologischen Sänger. Federführend ist Iris Steiner
Wer ein hundertfünfzigprozentiger Musiktheater-Fan ist, der weiß es wahrscheinlich, doch wer Oper, Operette und Musical nur als Liebhaber besucht, der weiß es wohl noch nicht: Seit 2018 wird in Augsburg von Augsburgerinnen ein internationales deutschsprachiges Fachmagazin für Musiktheater produziert, das überdies den Anspruch erhebt, bis in drei Jahren das größte deutschsprachige Opernmagazin zu werden. Sein Name: „Orpheus“, seine Erscheinungsweise: zweimonatlich, seine Auflage: 5000.
Iris Steiner heißt die Chefredakteurin und Mehrheitseignerin, die mit „Orpheus“– also jenem Sänger, der sowohl für die Macht der Musik steht als auch für den Beginn der Operngeschichte Ende des 16. Jahrhunderts – eine lange Tradition Augsburgs als Musikverlagsstadt fortsetzt. Künftig sogar mit verstärktem finanziellem und personellem Engagement, da ab April zwei zusätzliche größere Gesellschafter sowie mehrere kleinere Gesellschafter in die jetzige Orpheus-GbR einsteigen und ein weiterer Redakteur dazukommt. Dann wird es in einer GmbH vier Festanstellungen bei rund 25 freien Mitarbeitern geben, die europaweit, mitunter auch interkontinental, kritisch über Musiktheater-Premieren berichten – und zwar im Mittelteil des Magazins, umkränzt von Star- und Intendanten-Interviews, Reportagen, Porträts, Service. Rund 1500 Abonnenten habe der „Orpheus“, sagt die 49-jährige Iris Steiner; weitere 1500 Exemplare werden im freien Handel verkauft (Einzelheft: 9,90 Euro) und rund 2000 Exemplare sind gezielte Werbe- und Belegexemplare – speziell für jene Opernhaus-Standorte, die in einem Einzelheft eine größere Rolle spielen.
Weil auf der jetzigen Ebene „noch kein Geld verdient wird“, aber „die Kurve der Abonnenten leicht steigt“, will Steiner, die „Orpheus“
2018 gekauft hat, den Vertrieb des Magazins stärken. Wenn Manfred Rietzler (Festspielhaus Füssen) und Wolfgang Rauball, ein WienerUnternehmer, als Anteilseigner eingestiegen sind, soll verstärkt mit deutschsprachigen Musiktheatern kooperiert werden, soll „Orpheus“beispielsweise in den OpernShops großer Bühnen angeboten werden und mittelfristig ein internationaler Gesangswettbewerb speziell für Musiktheater-Ensemblemitglieder ausgeschrieben sein. Steiner, die Wert darauf legt, dass sie das einzige Fachmagazin publiziert, das auch Operette und Musical berücksichtigt, stellt sich für diesen Gesangswettbewerb vor, dass beispielsweise der beste Newcomer unter den Ensemblemitgliedern und die beste lang gediente Sängerin an einem Haus ausgezeichnet werden könnten.
Dies passt in das zentrale Anliegen von Steiner, die das Gymnasium Maria Stern besucht hat, dann Politik und Musikwissenschaft in Bonn und Passau studierte und in der Branche schon manchen Job ausfüllte: künstlerisches Betriebsbüro am Theater Bonn, Büro Jonas Kaufmann, Pressearbeit bei den Tiroler Festspielen in Erl. Steiner erklärt: „Ich wollte immer Kulturpolitik machen und ich habe den ,Orpheus‘ gekauft, weil mir bei diesem Magazin von Anfang an gefallen hat, dass darin auch den kleineren Häusern eine Stimme gegeben wird – kleinere Häuser wie Erfurt und Hildesheim etwa. Sie sind der Kern unseres Themas. Aus den Stadttheatern und durch aufsteigende Künstler erwächst auch das Musiktheater der großen Häuser.“Man sieht: Die menschliche Stimme ist das Herz von „Orpheus“.
Wenn Iris Steiner „von Anfang an“sagt, dann meint sie auch die Vergangenheit von „Orpheus“: 1973 wurde das Magazin in Berlin gegründet; es ist – bei kleiner Aussetzungsphase – das zweitälteste deutschsprachige Opernmagazin – nach der „Opernwelt“(ca. 1960), aber vor dem „Opernglas“(1980) und dem „Merker“in Wien (1989). Im Jahr 2023 wird der „Orpheus“also seinen 50. Geburtstag beim Augsburger Verlag Kulturbüro in der Ludwigstraße 24 feiern, wo zudem einmal im Jahr das Augsburger „Kulturportal“erscheint und das Jahresheft der Elterninitiative krebskranker Kinder. Bis zum Jubiläum ist auch die Corona-Hürde zu nehmen mit ihrer Premiere-losen Zeit im Frühjahr 2020 – sowie der Ausbau der Orpheus-Online-Seite voranzutreiben.