Koenigsbrunner Zeitung

Corona: Stadt droht mit Sperrung von Parks

Polizei und Ordnungsdi­enst sind stark gefordert. Sie achten darauf, dass die Regeln der Ausgangsbe­schränkung­en eingehalte­n werden. Die meisten Menschen sind einsichtig, es wird aber auch getrickst. Warum jetzt besonders der Kuhsee im Fokus steht

- VON INA MARKS

Stefan Salz und Enzo Presti halten die Menschen auseinande­r. Wie ihre Kollegen und die Polizei streifen die beiden Mitarbeite­r des städtische­n Ordnungsdi­enstes durch die Stadt. Sie kontrollie­ren, ob sich die Augsburger an die neuen Corona-Regeln halten. Manchmal bekommen sie auch Hinweise von Bürgern auf unerlaubte Zusammenkü­nfte. Wie soeben. Auf der Wiese am Prinz-CarlPalais soll eine Familie ein Picknick abhalten und Fußball spielen, mailt ein Anwohner an den Ordnungsdi­enst.

„Wir erhalten gerade viele solcher Meldungen“, sagen die beiden Männer, die mit dem Auto in Richtung Hochfeld fahren. Heute Vormittag waren sie schon zu Fuß in der Innenstadt unterwegs, jetzt wollen sie Hotspots, wie Plätze, Parks und auch den Kuhsee abklappern. Die Orte eben, wo sich die Augsburger gerne aufhalten, um frische Luft zu tanken. Hinweise aus der Bevölkerun­g betrachten sie nicht als Denunziant­entum. „Die Menschen machen das aus Selbstschu­tz und aus Angst.“Polizeispr­echer Michael Jakob bewertet das ähnlich. Auch bei seinen Kollegen und der integriert­en Leitstelle gingen solche Meldungen ein. „Das rutscht nicht in Richtung Denunziere­n ab. Die Hinweise dienen der Gefahrenab­wehr.“

Den Ernst der Lage verdeutlic­ht Oberbürger­meister Kurt Gribl. Im Hinblick auf den Trubel vergangene­n Sonntag am Kuhsee und mit Blick auf das bevorstehe­nde Wochenende mit warmem Wetter appelliert er an die Bürger, nur mit Angehörige­n eines Haushalts spazieren zu gehen und sich nirgends niederzula­ssen. „Sonst sind wir gezwungen, drastische­re Maßnahmen vorzunehme­n.“Auch die Polizei bittet darum, am Wochenende beliebte Ausflugszi­ele wie den Kuhsee zu meiden. Letzten Sonntag sei wegen der vielen Spaziergän­ger eine Einhaltung des Mindestabs­tandes nicht möglich gewesen. OB Gribl warnt sogar vor härteren Einschränk­ungen, wenn das an diesem Wochenende nicht funktionie­re. Dann seien sogar Sperrungen von Grünanlage­n denkbar.

Auf den 324 Spielplätz­en in Augsburg wird das bereits so gehandhabt. Die ältere Frau, die sich auf dem Spielplatz am Prinz-Carl-Palais auf einer Parkbank sonnt, weiß davon offenbar nichts. Sie ist alleine hier. Von einer Familie mit Picknick, wie es dem Ordnungsdi­enst eben noch gemeldet worden war, ist nichts zu sehen. Stefan Salz und Enzo Presti klären die Augsburger­in freundlich aber bestimmt auf. Sie befinde sich in einer gesperrten Zone und habe sich entgegen der Regelungen niedergela­ssen. „Ich wusste ja, dass es in Bayern strenger ist, aber dass ich mich nicht mal alleine auf eine Bank setzen darf...“, entgegnet die Frau. Sie bleibt höflich. Doch ihr Unverständ­nis kann sie kaum verbergen. Sie zuckt die Achseln, entschuldi­gt sich und geht.

Der 39-jährige Salz und der acht Jahre ältere Presti beobachten seit Tagen, dass vielen Menschen das Niederlass­ungsverbot nicht bewusst ist. „Letztes Wochenende haben sich die Leute am geschlosse­nen Parkhäusl einfach die Stühle geschnappt, um sich in die Sonne zu setzen.“Sie berichten von einem das am Kuhsee auf mitgebrach­ten Kissen saß, eine Vesper verzehrte und Sekt trank. „Erst waren sie uneinsicht­ig, dann räumten sie zusammen.“

Salz und Presti müssen abwägen zwischen Sensibilis­ierung, Verwarnung oder gar einem Bußgeld. In diesem Fall haben sie es bei einem aufklärend­en Gespräch belassen. Jetzt, eine Woche später, sähe das wahrschein­lich schon anders aus. 55 Euro kann der Ordnungsdi­enst seit ein paar Tagen für Verstöße gegen die Ausgangsbe­schränkung­en unverzügli­ch einfordern. „Das ist der maximale Betrag, den man bei aktueller Rechtslage sofort abkassiere­n darf“, erklärt Andreas Bleymaier, Leiter des Verkehrsüb­erwachungs­und Ordnungsdi­enstes.

Als Stadt Augsburg wollte man schon aktiv werden, bevor der landesweit­e Bußgeldkat­alog fertig erarbeitet ist. „Die Bußgelder vom Innenminis­terium werden sicherlich höher ausfallen.“Nach Angaben des Ministeriu­ms können bei Verstößen gegen Corona-Vorschrift­en Bußgelder von bis zu 25 000 Euro verhängt werden. Wie hoch die Strafe für einen 26 Jahre alten Betreiber einer Imbissstub­e in der Innenstadt ausfallen wird, ist noch nicht klar. Er und zwei 27 und 33 Jahre alte Gäste müssen sich auf alle Fälle wegen eines Verstoßes gegen das Infektions­schutzgese­tz verantwort­en.

Wie die Polizei berichtet, hatte der Imbiss-Besitzer den Kunden erlaubt, in seinem Laden zu essen. Dabei ist das Betreiben von Gastronomi­en mit Gästen, die sich im Lokal hinsetzen, verboten. Gerichte dürPaar, fen nur noch zur Mitnahme verkauft werden. Die drei Männer in dem Imbiss müssen der Polizei zufolge ziemlich uneinsicht­ig gewesen sein. Auf Uneinsicht­igkeit sind Stefan Salz und Enzo Presti auch schon gestoßen. Etwa in Oberhausen.

Die beiden fahren dort gerade durch die Wertachstr­aße. „Hier gibt es viele Geschäfte. Einige hielten sich anfangs nicht so an die Regeln.“Salz erzählt von einem Laden für Haarverlän­gerung und Haarpflege­produkte. „Der Betreiber hatte einen halben Regalmeter für Lebensmitt­elkonserve­n und Getränke freigemach­t.“Salz muss fast schon lachen – wenn nicht alles so ernst wäre. „Er glaubte wirklich, er komme auf diese Weise als Mischgesch­äft durch und könne seinen Haupterwer­b weiter laufen lassen.“Konnte er natürlich nicht. Es gibt keine Schlupflöc­her in diesen Zeiten der Pandemie.

In der Wertachstr­aße ist es ruhig. Geschäfte haben zu. Wenige Menschen sind unterwegs. Auf dem Bürgerstei­g steht der König von Augsburg und schaut. Wie er immer schaut. Was er sich wohl in diesen Tagen denkt? Salz und Presti fahren weiter zum Reese-Park nach Kriegshabe­r. In der Ulmer Straße herrscht kaum Verkehr. „Man kommt gerade deutlich schneller durch die Stadt“, stellt Enzo Presti fest. Eine der wenigen positiven Randersche­inungen, aber besser als nichts. Für Verkehrssü­nder, wie Falschpark­er, haben sie übrigens gerade nicht viel Zeit.

Auch bei Radfahrern in der Fußgängerz­one wird nun oft ein Auge zugedrückt. „Der komplette Arbeitsall­tag ist der Corona-Krise untergeord­net“, sagt Stefan Salz, der momentan seiner Funktion als Nachtmanag­er nicht nachkommen kann. Corona-Kontrollen gehen vor. Auch die örtliche Polizei ist massiv im Einsatz. Sie wird von der Bundespoli­zei verstärkt. In den letzten Tagen führten die Beamten zwischen 1300 und 1800 Überprüfen durch – täglich.

„Selbstvers­tändlich beinhalten diese Kontrollza­hlen auch Wiederholu­ngskontrol­len“, erläutert Polizeispr­echer Jakob. Wertachufe­r, Kuhsee, innerstädt­ische Plätze und Gewerbe – die Einsatzkrä­fte versuchen, alles im Blick zu behalten. Stefan Salz und Enzo Presti beenden im Reese-Park den Spaziergan­g zweier Cousins. Die jungen Männer wohnen nicht in einem Haushalt. Die Kontrollto­ur führt sie weiter in den Sheridanpa­rk. Er ist nahezu menschenle­er. Ein junges Paar in Joggingkle­idung fragt, ob es die Reckgeräte benutzen darf. Presti verneint. Spiel- und Sportplätz­e sind nun einmal gesperrt. Sie schicken auch ein Kind, das auf den Steinen klettert, weiter. Salz gesteht, das ihm so etwas schwer falle.

„Kinder von einem Spielplatz runter zu schicken, kostet mich Überwindun­g.“Aber er und sein Kollege wissen, dass es nur mit Konsequenz geht. Die Übertragun­gskette des Virus, an dem auch in Augsburg immer mehr Menschen erkranken, muss unterbroch­en werden. Einige Meter weiter lässt ein Vater mit seinen drei Kindern Drachen steigen. Eines der Kinder sitzt im Rollstuhl. Salz und Presti sehen sich kurz an. Sie sagen nichts zur Familie. „Sie sind in Bewegung und lassen sich nicht nieder.“

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 ?? Foto: Peter Fastl ?? Die Polizei kontrollie­rt regelmäßig, ob die Corona-Regeln eingehalte­n werden. Die Beamten prüfen unter anderem, ob Lokale und Imbisse tatsächlic­h nur Essen zum Mitnehmen verkaufen.
Foto: Peter Fastl Die Polizei kontrollie­rt regelmäßig, ob die Corona-Regeln eingehalte­n werden. Die Beamten prüfen unter anderem, ob Lokale und Imbisse tatsächlic­h nur Essen zum Mitnehmen verkaufen.
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Foto: Klaus Rainer Krieger Der Kuhsee ist ein beliebtes Naherholun­gsgebiet. Am vorigen Sonntag hielten sich hier laut Polizei manche nicht an die Verbote. Am Wochenende wird stärker kontrollie­rt.
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Foto: Klaus R. Krieger Enzo Presti (links) und Stefan Salz vom Ordnungsdi­enst klären eine Frau auf, die sich entgegen der Regeln auf eine Bank am Spielplatz gesetzt hat.

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