Miteinander reden tut gut
I nterviews laufen in der Regel recht sachlich ab. Doch in diesen Zeiten bekommen die Gespräche ganz schnell eine persönliche Note. Der Pressesprecher einer großen Firma vertraut mir an, dass ihn eine innere Anspannung nicht mehr loslässt und durch den Rückzug im Homeoffice der Fernsehabend mit „Wer wird Millionär“zum Highlight des Tages werde. Die Treffen mit seinen Freunden fehlten ihm als Ausgleich, erzählt der Mann. Eine andere Interviewpartnerin, eine Biologin, sagt frohgemut, dass sie es gut erwischt hat. Sie darf in diesen Tagen der Isolation nach draußen in die Natur und zählt Vögel. Doch auch sie klingt verunsichert: Wie lange wird sie so alleine arbeiten können? Wann kommt wieder ein Hauch von Normalität in das Berufsleben, fragt sie am Telefon und weiß natürlich, dass weder ich noch jemand anderes zurzeit eine Antwort darauf hat. Für so viele Menschen ist das Leben aus dem gewohnten Takt geraten. Ihnen fehlt der Kontakt und Austausch mit anderen. Die Leiterin einer Gymnastikgruppe erzählt mir am Rande eines ganz anderen Themas, dass ältere alleinstehende Frauen vor Freude weinen, wenn sie anruft und die Damen fragt, wie es ihnen geht.
In diesen Zeiten der Verunsicherung und des Rückzugs öffnen sich fremde Menschen viel schneller dem anderen mit ihren Sorgen und Ängsten. Not schweißt zusammen, heißt es ja immer. Da tut es gut, miteinander zu reden, ganz abseits der Sache.