Tanja Schneiders persönliche Corona-Krise
Die Friseurin infizierte sich im Urlaub mit dem Virus. Nun ist sie immun und hofft, dass das Arbeitsleben wieder in Gang kommt
Tanja Schneider verbrachte die Faschingsferien Ende Februar mit ihrem Mann und ihren beiden Buben beim Skiurlaub in Südtirol. Auf die Auszeit hatte sich die Friseurmeisterin, die in der Augsburger Altstadt einen Salon betreibt, sehr gefreut. Corona war zu dieser Zeit kein Fremdwort mehr, aber noch nicht allgegenwärtig. Die Schneiders verbrachten deshalb – wie Tausende von Familien aus der Region – unbeschwerte Tage auf der Piste.
Mit der Urlaubsleichtigkeit war es jedoch bereits auf der Heimreise vorbei. Tanja Schneiders Mann fühlte sich mit einem Schlag unwohl. Plötzlich rückten die Momente wie etwa beim Frühstücksbüfett, an denen die Familie mit anderen Gästen und dem Hotelpersonal in
Kontakt kam, ins Gedächtnis.
Als dann auch Tanja Schneider am Tag nach der Rückkehr Gliederschmerzen be- kam, beschlich sie ein schlimmer Verdacht – Corona. Sie ließ die Kinder an ihrem Wohnort Großaitingen nicht in die Schule gehen. Außerdem rief die 43-Jährige beim Gesundheitsamt AugsburgLand an und wurde dort – wie sie sagt – zunächst gar nicht ernst genommen mit ihrer Befürchtung. Auf „ausdrücklichen Rat“der Behörde schickte sie ihre Buben, die sich fit fühlten, wieder in den Unterricht.
Weil es zugleich ihrem Mann immer schlechter ging („er bekam kaum mehr Luft“) machte sie weiterhin beim Gesundheitsamt Druck. „Nach vier Tagen Kampf stand endlich ein Mitarbeiter bei uns vor der Tür zum Testen, aber zunächst nur bei meinem Mann und mir.“Zwei Tage später sei der Abstrich auch bei den Jungs gemacht worden. Das Ergebnis: Alle vier Familienmitglieder
tragen das Covid-19-Virus in sich. Die gravierendste Folge: Die Schule in Großaitingen musste bereits einige Tage vor der landesweiten Verfügung schließen.
Familie Schneider ist mittlerweile die fünfte Woche zu Hause. Alle sind wieder genesen, auch wenn ihr Mann immer noch geschwächt ist. Die 43-Jährige ist jetzt nicht nur als Hausfrau, sondern auch als Lehrerin und Freizeitgestalterin gefordert. „Glauben Sie ja nicht, dass es bei uns ruhig zugeht.“Zur Ruhe kommt sie auch deswegen nicht, weil sie viel an ihr Geschäft denken muss. In normalen Zeiten ist der Salon Haarschneider eine gefragte Adresse für
Kunden jedes Alters. Die vier Angestellten hielten den Betrieb zwar während des Urlaubs und der Corona-bedingten Auszeit ihrer Chefin am Laufen. Doch Mitte März entschied Schneider, den Salon zum „Wohl der Kunden und Mitarbeiterinnen“zu schließen. Sie kam damit der landesweiten Verfügung zuvor.
Fast drei Wochen ist der Betrieb nun lahmgelegt. Die Friseurmeisterin hat für ihre Angestellten Kurzarbeit beantragt und für sich Soforthilfe. Ihre Reserven seien aufgebraucht, da sie vor Kurzem ihren Salon renoviert habe. Ihr tut es leid, ihre Kunden nicht stylen zu können. Dennoch käme es für sie nicht in
Frage, mit Hausbesuchen das Arbeitsverbot zu umgehen, auch wenn sie Anfragen bekommen habe. Gleichzeitig befürchtet die 43-Jährige, dass in ihrer Branche die Schattenwirtschaft blüht.
Noch ist offen, wann Dienstleister wie Friseure wieder ihre Türen aufsperren dürfen. Für Schneider ist es an der Zeit, dass sich die Regierung Gedanken macht, wie der Arbeitsprozess in Gang gebracht werden kann. „Ich habe deswegen an Ministerpräsident Söder geschrieben.“Ihrer Meinung nach könnten genesene und damit immune Personen wieder arbeiten. Personen wie Tanja Schneider selbst.