Koenigsbrunner Zeitung

In der Krise ist Kreativitä­t gefragt

Inhabergef­ührte Geschäfte und Gastronomi­ebetriebe leiden besonders unter den Corona-Maßnahmen. Doch die Besitzer lassen sich einiges einfallen, um die Kunden trotzdem zu erreichen. Wir haben einige Beispiele zusammenge­tragen

- VON PIET BOSSE, REINHOLD RADLOFF UND HERMANN SCHMID

Was sich Geschäftsl­eute aus dem südlichen Landkreis einfallen lassen, um trotz Corona ihre Kunden zu erreichen.

Landkreis Augsburg Die CoronaKris­e bringt viele Geschäftsm­odelle ins Wanken. Doch die Geschäftsl­eute im südlichen Landkreis tun alles, um trotzdem für die Kunden da zu sein. Wir haben einige Beispiele zusammenge­tragen.

● Bobingen Der Radlmarkt Reim in Bobingen ist in der Krise kreativ geworden. Betreiber Jürgen Reim verkauft seine Fahrräder nun über Telefon und den Textnachri­chtendiens­t WhatsApp. Die Werkstatt und der Verkauf von Ersatzteil­en läuft weiter, aber verkaufen darf er keine Räder mehr im Laden.

Deshalb nimmt Reim jetzt zunächst über Telefon und über E-Mails Kontakt zu seinen Kunden auf, ehe er ihnen auf WhatsApp die Fahrräder zeigt. „Normalerwe­ise gibt mir ein Kunde seine Nummer und schreibt, was für ein Fahrrad er sich vorstellt,“erklärt Reim: „Ich fotografie­re dann Fahrräder ab. Wenn dem Kunden eins gefällt, filme ich es einmal ringsum und beantworte alle Fragen. Danach regeln wir die Größe und was zu ihm passt.“Hat sich der Kunde ein Rad ausgesucht, überweist er das Geld und Reim bringt es vorbei.

Über WhatsApp verkauft Reim, weil das am schnellste­n geht und weil fast jeder ein Handy hat: „Das Handy ist das Gängigste, das hat jeder und wenn nicht, beschreibt man eben am Telefon.“

● Schwabmünc­hen Auch bei Stammel & Schöffel ist der Laden derzeit geschlosse­n. Untätig ist die Firma allerdings nicht: Wie Inhaber und Geschäftsf­ührer Nico Stammel mitteilte, kann trotzdem Bekleidung bestellt werden, per Telefon und über die sozialen Medien. „Wir sind für unserer Kunden auf jeden Fall da und sehr aktiv. Es gibt spezielle Flyer und Bestellfor­mulare“, sagt er. Derzeit sind nur zwei statt 30 Mitarbeite­rn in Schwabmünc­hen tätig und die nur in Teilzeit. Der Einbruch bei den Einnahmen sei gewaltig und, sollte sich die Geschäftss­chließung noch über den April hinauszieh­en, wäre auch der Fortbestan­d der Firma bedroht. „Geholfen wäre uns, wenn die Kunden jetzt Gutscheine kaufen würden“, sagt er. Glück im Unglück sei es, dass die Bauarbeite­n vor dem Geschäft in der neuen Mitte mit der Corona-Schließung zusammenfa­llen. „Sie hätte uns, wie auch den anderen Geschäften hier, viel Kundschaft gekostet. Hoffentlic­h ist bald alles wieder in Ordnung.“

● Königsbrun­n

Das Café Müller in

Königsbrun­n erfreute seine Kunden am Wochenende mit einem Osterfrühs­tück „to go“. Auslöser war eine Anfrage von Stammkunde­n, ob das Team vom Café Müller denn so was liefern würde? Das brachte die Chefs auf die Idee: Warum das Frühstück nicht als Kombinatio­n für vier Personen anbieten, komplett mit Osterlamm und Osterflade­n, Räucherfis­ch, Wurst, Käse und Brotkorb, Obstsalat, alles zum Abholen? Gedacht, getan. Schon Minuten, nachdem Juniorchef Moritz Müller das Angebot am 2. April auf Instagram und weiteren sozialen Medien publik gemacht hatte, gingen die ersten Bestellung­en ein.

Einige Kunden, wie etwa Stefanie Passel, wollten es gerne etwas kleiner, passend nur für sie und ihren Mann: „Wenn ich dafür im Supermarkt viele Schmankerl einkaufe,

Um die Umsatzausf­älle etwas zu kompensier­en, bot das Café Müller in Königsbrun­n ein üppiges Osterfrühs­tück für Abholer. Hier Tanja Müller mit den Portionen.

bleibt so viel übrig.“Das Osterfrühs­tück gab es auch für zwei Personen – oder für bis zu zehn. Über 300 Kunden waren es schließlic­h, die sich ihre Frühstücks­box im Schokoschl­össchen abholten. Da war das Team in Küche und Backstube, das seit Ende März überwiegen­d in Kurzarbeit ist, endlich mal wieder gefordert. „Die haben sich gefreut, dass sie wieder richtig arbeiten konnten“, berichtet Moritz Müller. ● Schwabmünc­hen Ganz auf den Lieferserv­ice von telefonisc­h bestellter Ware verlegt hat sich die Buchhandlu­ng Schmid in Schwabmünc­hen. „In der Stadt fahren wir die Bücher mit dem Rad aus, die umliegende­n Orte beliefern wir mit dem Auto“, sagt Hans Grünthaler, der schätzt, dass er derzeit etwa 30 Prozent des sonst üblichen Umsatzes macht. „Das ist natürlich zum Überleben viel zu wenig. Uns bleibt nichts anderes übrig, als die Mitarbeite­r in Kurzarbeit zu schicken. Aber auch damit können wir maximal zwei bis drei Monate überleben.“Trotz er heftigen Mindereinn­ahmen haben er und seine verblieben­en Mitarbeite­r viel mehr Arbeit: Alles schriftlic­h erledigen und ausfahren kostet viel Zeit. Grünthalte­r hofft, durch seinen Lieferserv­ice die Kunden an seine Buchhandlu­ng zu binden. Ärgerlich für ihn ist, dass sein gesamtes Kulturprog­ramm derzeit ausfallen muss. „Die Karten behalten ihre Gültigkeit, bis die Veranstalt­ungen nachgeholt werden können. Wer sie wegwirft, unterstütz­t die Künstler, an die ich die Einnahmen komplett weiterleit­e. Das hilft ihnen durch die Krise.“

Online-Geschäfte bietet derzeit auch die Firma Uhren-Schmuck

Keppeler auf der eigenen Homepage (uhren-schmuck-keppeler.de) und über die sozialen Medien an. „Doch das ist nicht unser originäres Geschäft. Wir wollen unsere Kunden lieber im Geschäft haben“, sagt Reimund Keppeler. Aber in der Not bietet er, wie zum Beispiel auch das Schuhhaus Forstner, an, das Objekt der Begierde im Schaufenst­er zu fotografie­ren, das Bild zuzuschick­en, und dann wird die Ware nach Haus geschickt. Der Firmeninha­ber ist jeden Tag im Geschäft, arbeitet Reparaturu­nd andere Aufträge ab. Doch der Erlös stellt trotzdem nur einen Minimalums­atz im Vergleich zu Zeiten vor Corona dar. „Ich hoffe auf Mittwoch, dass dann die Beschränku­ngen für den Einzelhand­el gelockert werden. Wir können einen Abstand zum Kunden locker garantiere­n“sagt er.

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Mode mit Lieferserv­ice: In Schwabmünc­hen haben Modegeschä­fte sich auf die Krise eingestell­t.
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Fotos: Reinhold Radloff, Hermann Schmid Jürgen Reim aus Bobingen verkauft seine Fahrräder jetzt nur unter erschwerte­n Bedingunge­n.

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