In der privaten Lungen-Heilanstalt
Unsere Autorin ist in Quarantäne – und merkt: Wie wunderbar Luft ist, spürt man vor allem dann, wenn man Mühe hat, sie zu bekommen
Luft ist etwas wirklich Wunderbares. Ich dachte nicht, dass mir das bald so schmerzlich bewusst werden würde, als mein Mann von seinem Bekannten erzählte. Den hatte es ohne Vorwarnung umgenietet. Fieber, Durchfall, Erbrechen, wie zerschlagen. Vier Tage später lag auch mein Mann mit Magen-Darm-Beschwerden auf der Couch. Sicherheitshalber gingen wir auf Abstand, aßen an getrennten Tischen, tippelten im Flur mit eineinhalb Metern Abstand um uns herum. Ich machte mir Sorgen. Denn der Bekannte meines Mannes litt zu dieser Zeit massiv unter trockenem Husten. Und ein anderer lag mit Covid-19 auf der Intensivstation.
Bei mir begann es mit einer wahnsinnigen Schlappheit. Zuerst dachte ich mir nicht viel dabei. Eine angespannte Tochter, die sich mit ihren zehn Jahren noch nicht allein im Online-Lernen zurechtfand, ein gelangweilter Sechsjähriger, ein erkrankter Mann, dazu meine Arbeit im Homeoffice: Da kann Frau schon mal k. o. werden.
Zwei Tage später musste ich mich aufs Atmen bewusst konzentrieren. Als hätte mein Körper vergessen, wie das geht. Meinem Mann ging es ähnlich, hinzu kamen bei ihm Kopf-, Glieder- und Halsschmerzen. Früher hatte er Asthma. Wie würde sein Körper auf das Sars-CoV-2-Virus reagieren, so er es denn hatte? Unsere
Ärztin veranlasste bei ihm einen CoronaTest und stellte uns unter Quarantäne. Während wir auf das Ergebnis warteten, kämpften wir gegen Atembeschwerden an. Der CoronaTest meines Mannes fiel negativ aus. Warum fällt uns dann das Atmen schwer?
Unsere Hausärztin hat nun auch mich testen lassen, das Ergebnis steht noch aus. Es wird aber nichts verändern. Ich bin froh, dass die Hausmittel meiner Oma anschlagen. Wird es in der Brust eng, beuge ich mich mit einem Handtuch um den Kopf über einen Topf heißes Salzwasser. Außerdem liege ich stundenlang auf der Terrasse, teils mit Winterklamotten. Das fühlt sich an, als wäre ich in einer Lungenheilanstalt des 19. Jahrhunderts. Was damals gegen Tuberkulose half, wirkt auch 150 Jahre später.
Als Schulen und Kindergärten geschlossen wurden, hatte ich nichts dagegen, eine Zeit lang zu Hause zu sein. Mal keine Termine, kein „Taxi Mama“, kein Wecker. Doch zwei Wochen Quarantäne zeigen Wirkung. Der Kleine jammert, dass ihm langweilig sei. Die Große hat sich jetzt, da die Ferien beginnen, endlich ans Online-Lernen gewöhnt. Ich bin zutiefst dankbar, dass ich in dem Dorf, in dem wir wohnen, frische Luft atmen kann. Dass ich einen Garten besitze. Und dass wir uns rechtzeitig von der 72-jährigen Oma zurückgezogen haben. Sie ist Gott sei Dank gesund.
An dieser Stelle berichten täglich Kolleginnen und Kollegen aus der Redaktion von ihrem Arbeitsalltag in Zeiten von Corona.