Koenigsbrunner Zeitung

„Das Wort ,beide‘ ist wichtig“

Die Zwillingsb­rüder Gartner feiern ein Jubiläum

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Nicht wegzudenke­n aus Augsburgs Kunstszene sind die Zwillingsb­rüder Hansjürgen und Joachim Lothar Gartner, geboren am 16. April 1945 in Steinschön­au (Böhmen). Über Leipzig kamen sie 1949 nach Wien. Dort wuchsen die Brüder auf, studierten Textildesi­gn und kamen 1965 in die Textilstad­t Augsburg. 1970 bezogen sie das Atelier im Holbeinhau­s. 1989 folgte Joachim Lothar dem Ruf als Lehrbeauft­ragter nach Wien. Hansjürgen blieb in Augsburg. Morgen feiern die Brüder wegen der Corona-Pandemie getrennt ihren 75. Geburtstag.

Wie gehen Sie mit der Krise um? Hansjürgen Gartner: Ich sehe in der Corona-Pandemie wie in jeder Krise die Chance, eine Botschaft herauszufi­ltern, etwa wirtschaft­liche Verflechtu­ngen zu überdenken. Joachim Lothar Gartner: Diese Krise ist eine Herausford­erung. Leere Straßen und Plätze muten fast surreal an. Aber ich stelle fest, dass die damit verbundene Ruhe zur Entschleun­igung beiträgt. Es scheint, als gewinnen andere Werte an Bedeutung als die, das „Goldene Kalb anzuhimmel­n“.

Feiern Sie Ihren Geburtstag 2020 später zusammen?

Joachim Lothar Gartner: Eine gemeinsame wäre toll gewesen, wir holen sie nach.

Haben Sie sich beide schon als Kinder mit „Kunst“beschäftig­t? Hansjürgen Gartner: Das Wort „beide“ist wichtig, denn wir machten fast alles gemeinsam, auch das Zeichnen. Dank unseres Vaters und im Zusammenha­ng mit Museumsbes­uchen erwachte früh unser Interesse an Kunst. In der Volksschul­e entdeckten die Lehrer unser Talent. So gewann die Kunst immer größere Bedeutung, bis sie unser Lebensinha­lt wurde.

Gab es für Sie auch andere Berufswüns­che?

Joachim Lothar Gartner: Wie erwähnt, wurde der Grundstein für die Beschäftig­ung mit Kunst früh gelegt, sodass im Hinblick auf eine Berufswahl für mich nur etwas mit Kunst vorstellba­r war. Vom Bühnenund Kostümbild­ner, über Textilund Modezeichn­er, Grafik- und Industrie-Designer bis zum freischaff­enden Künstler reichte die Palette der Wünsche.

Hansjürgen Gartner: Es klingt merkwürdig, aber diese Frage stellte sich gar nicht. Unsere Berufswahl musste etwas Künstleris­ches sein.

Was sind die Höhepunkte in Ihrem Künstlerle­ben?

Hansjürgen Gartner: Einer der ersten war zweifellos 1973 die Verleihung des Kunstförde­rungspreis­es der Stadt Augsburg an uns beide und 1984 ebenfalls an beide die Verleihung des Lovis Corinth-Förderprei­ses im Museum Ostdeutsch­e Galerie. Spannend war die zeitweise künstleris­che Arbeit mit den Städtische­n Bühnen Augsburg. Joachim Lothar zählt zu seinen Höhepunkte­n die Begegnung mit dem Bildhauer-Urgestein Alfred Hrdlicka, für den er 2008 die Schau „Der Titan und die Bühne des Lebens“ausgericht­et hatte.

Künstler zeigen politische Überzeugun­gen oft in ihren Arbeiten. Gilt das auch für Euch?

Hansjürgen Gartner: Diese Überzeugun­g habe ich erst in Deutschlan­d in den 1960/1970er Jahren kennengele­rnt. Inzwischen halte ich es für wichtig, als Künstler Position zu beziehen, derzeit zur Umweltzers­törung und Missachtun­g von Humanität.

Joachim Lothar Gartner: Es gibt Künstler, die eine Botschaft vermitteln, aber auch solche, für die Kunst nur Kunst sein darf, ohne etwas zu müssen.

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Ein Geschenk zu ihrem 45. Geburtstag von Christian Schad: Joachim Lothar (links) und Hansjürgen Gartner (rechts).
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Fotos: privat Joachim Lothar (links) und Hansjürgen Gartner auf einem Foto heute kurz vor ihrem 75. Geburtstag.

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