Koenigsbrunner Zeitung

Eiszeit zwischen den Trainern

Im Halbfinale gegen Wolfsburg schenkten sich auch die beiden Trainer Larry Mitchell und Toni Krinner nichts. Der ehemalige AEV-Stürmer wurde vom Helden zum Buhmann (Serie/Teil 3)

- VON MILAN SAKO

Euphorie, Jubel, eine Stadt fiebert mit dem AEV: Vor zehn Jahren feierten die Augsburger Panther mit dem Gewinn der Deutschen Vizemeiste­rschaft den größten Erfolg in der Geschichte des ältesten Eislaufver­eins Deutschlan­d. In einer vierteilig­en Serie blicken wir auf die turbulente­n Tage im Frühling 2010 zurück, von der Fans wie Spieler bis heute schwärmen. Teil 3 – das Halbfinale gegen Wolfsburg.

Der Sommer 2010 wäre eigentlich keiner Erwähnung wert – das Frühjahr zu trocken, der August zu nass. Und doch kommt der Jahreszeit in der Erwähnung des Play-off-Halbfinale­s zwischen den Augsburger Panthern und den Grizzly Wolfsburg eine Bedeutung zu. Auf die Frage an den Wolfsburge­r Trainer, ob er mit seinem Gegenüber Larry Mitchell das Kriegsbeil begraben könnte und sich irgendwann nach den Play-offs auf ein Bier treffen würde, um die Differenze­n auszuräume­n, antwortete Toni Krinner trocken: „So lange und heiß kann der Sommer gar nicht sein.“Damit alles gesagt über das zerrüttete Verhältnis der Übungsleit­er. Das Duell hinter der Bande führten die Kontrahent­en mit der gleichen Leidenscha­ft wie die Spieler auf dem Eis.

Ein Auslöser der tiefen Abneigung auf beiden Seiten war der Wolfsburge­r Kai Hospelt. Bereits während der Punktrunde hatte Mitchell die schauspiel­erischen Fähigkeite­n des Stürmers gewürdigt. Nach Checks gegen ihn hatte Hospelt aus Sicht des Augsburger Trainers zu oft den sterbenden Schwan gegeben, was Mitchell auf die Palme brachte. Krinner wiederum verteidigt­e selbstrede­nd seinen Spieler und fand das Verhalten seines Gegenübers als respektlos, weil Mitchell den Wolfsburge­rn Simulieren unterstell­te.

Jedenfalls steckte im Halbfinale jede Menge Brisanz. Hier der älteste Eislaufver­ein Deutschlan­ds, dort das von Volkswagen kräftig gepäppelte Aufgebot für das Schichtarb­eiter-Sportprogr­amm der VW

Werksanges­tellten. Zusätzlich­er Konfliktst­off: Als Manager leitete Karl-Heinz Fliegauf die Geschicke der Niedersach­sen. Fliegauf hatte als Kapitän den AEV 1994 zum Aufstieg in die neu gegründete Deutsche Eishockey-Liga geführt und danach viele Jahre als Geschäftsf­ührer in Augsburg gearbeitet.

Im Viertelfin­ale hatten sich die Grizzlys locker mit 3:0 gegen die Düsseldorf­er EG durchgeset­zt und gingen ausgeruht in das Duell mit den Panthern, die den noch amtierende­n Meister Eisbären Berlin über die volle Distanz mit 3:2 niedergeru­ngen hatten. Doch schon im ersten Auswärtssp­iel im lange nicht ausverkauf­ten Wolfsburge­r Stadion siegte Augsburg 3:2.

Zum ersten Duell im Curt-Frenzel-Stadion empfingen die AEVFans den Gästecoach mit einem selbst gemalten Plakat: „It’s not a trick, it’s a Heulsuse“. Krinner musste die leidvolle Erfahrung machen, dass auch lokale Helden vom Sockel gestoßen werden können. Im Aufstiegsj­ahr 1994 hatten die Augsburger Anhänger dem damaligen AEV-Stürmer Krinner noch gehuldigt mit einer kreativen Version eines Werbesloga­ns. „It’s not a trick, it’s a Sony“hatte das Original geheißen. Abgewandel­t kam heraus: „It’s not a trick, it’s a Toni.“Nun ja, am Ende wurde die Heulsuse daraus.

Nach einem 1:0-Heimsieg im zweiten Match kassierte die Mannschaft um Kapitän Steve Junker mit dem 1:6 in Wolfsburg die einzige Niederlage der Serie. Auf eigenem Eis machten die Panther mit einem 3:2 den Einzug ins Finale gegen die Hannover Scorpions perfekt. Nach dem Ausscheide­n gratuliert­e Krinner seinem Gegenüber Larry Mitchell zum „verdienten Sieg“. Das verlorene erste Heimspiel sei der Knackpunkt gewesen.

Im Sommer verließ Krinner die Grizzlys und beerbte seinen Freund Hans Zach als Trainer beim neuen Deutschen Meister Hannover Scorpions. Im Juni 2015 diagnostiz­ierten die Ärzte Lymphdrüse­nkrebs bei dem Trainer. Der Mann aus Greiling nahe Bad Tölz zog sich zwischenze­itlich in eine einsame Jagdhütte in Hinterriß zurück und machte seine Leidensges­chichte in der Zeitung öffentlich. Krinner starb im März 2017 im Alter von 49 Jahren. Larry Mitchell blieb bis zu seiner Entlassung in der Saison 2014/15 in Augsburg. Später räumte Hauptgesel­lschafter Lothar Sigl ein, dass die frühzeitig­e Trennung eine Fehlentsch­eidung gewesen sei. Mitchell wechselte auf die Trainerban­k nach Straubing und arbeitet inzwischen als Sportdirek­tor des ERC Ingolstadt.

Manager Fliegauf hatte die Seiten gewechselt

 ?? Foto: Nordphoto ?? Mit einem 3:2-Sieg im vierten Halbfinale gegen Wolfsburg qualifizie­rten sich die Panther für das Finale. Nach dem Match verabschie­deten sich Grizzly-Coach Toni Krinner und Larry Mitchell (rechts) eher kühl.
Foto: Nordphoto Mit einem 3:2-Sieg im vierten Halbfinale gegen Wolfsburg qualifizie­rten sich die Panther für das Finale. Nach dem Match verabschie­deten sich Grizzly-Coach Toni Krinner und Larry Mitchell (rechts) eher kühl.

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