Gassi gehen mit mir selbst
D er Monat will gar nicht mehr aufhören. Gefühlt geht der April schon seit Jahren. In beide Richtungen. Im Homeoffice gehen die Tage nahtlos ineinander über. Man wacht morgens auf. Bespricht in der Telefonkonferenz, was den Tag über zu tun ist. Man telefoniert und schreibt. Wenn Feierabend ist, wartet man auf den nächsten Tag. Punktiert wird dieser Tagesablauf von gelegentlichen Spaziergängen. Nicht weil man gerne spazieren geht, sondern weil man die eigene Wohnung nicht mehr sehen kann. Seit der Quarantäne verstehe ich, warum Hunde sich immer so übers Gassigehen freuen. Jetzt gehe ich mit mir selbst Gassi. Bald ist Wochenende, aber der einzige Unterschied zu den Wochentagen ist, dass es noch weniger Stimulation gibt. Wenn die Arbeit für den Tag erledigt ist, lege ich mich auf mein Bett und erwarte den nächsten Tag. Ich wohne alleine, also bleibt nicht viel zu tun außer Lesen und Fernsehen. Auch das Angebot der einschlägigen Streamingdienste erreicht seine Grenzen. Filme, Filme, überall Filme. Aber keiner, den man sehen will. Auch an Büchern mangelt es mir nicht, aber ich habe trotzdem nichts zu lesen.
Mit 18 hätte ich nie gedacht, dass ich das mal sage – aber ich vermisse das Büro. Ein kleines Schwätzchen mit Kollegen, die Arbeit auf einem ausreichend großen Bildschirm, paradiesische Zustände. Ich fantasiere, über den Weg zur Arbeit und die Mittagspause in der nahen Bäckerei. Hoffentlich ist das Homeoffice bald vorbei. Doch ich befürchte, dass es bis dahin noch eine lange Weile dauert.