Koenigsbrunner Zeitung

Imke und Lotte

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger-allgemeine.de

Der DFB-Pokal ist bekanntlic­h die Bühne des kleinen Mannes. Im aktuellen Fall, man hat es in den Corona-Wochen schon wieder vergessen, vertreten die Viertkläss­ler des 1. FC Saarbrücke­n die Spezies des Underdogs – und das immerhin im Halbfinale. Nun hat Saarbrücke­n schon Bundesliga gesehen, anders als andere, die es irgendwie in die nächste Runde geschafft haben und für die ein Großklub erst einmal die Landkarte zurate ziehen muss.

So war das vor einigen Jahren, als dort Lotte auftauchte, mit vollem Namen Sportfreun­de Lotte, damals Drittligis­t. Lotte kreuzte erst den Weg von Werder Bremen, dann den von Bayer Leverkusen. Vereine, die sich von einer solchen Begegnung am liebsten freikaufen würden. Die Kleinen wollen lieber spielen. Es ist ihre Chance, die Welt einmal auf den Kopf zu stellen. Wenn überhaupt, dann funktionie­rt das meist nur für ein einziges Spiel. Danach dreht sich die Welt mit ihren ewigen Läufen wieder in die alte Lage zurück. Für dieses eine Spiel aber ist der DFB-Pokal erfunden worden. Für Lotte waren es zwei Spiele. Sie haben Bremen und Leverkusen geschlagen und mochten sie nun auch unter der Erweiterun­g ihres Namens um das Adjektiv „volle“leiden, so wussten die Menschen nun doch, dass Lotte im westfälisc­hen Tecklenbur­ger Land beheimatet ist.

Inzwischen ist Lotte nur noch Viertligis­t, sorgt aber weiter für Aufsehen. Der Klub hat Imke Wübbenhors­t als Trainerin verpflicht­et. Nach Inka Grings ist sie erst die zweite Frau in Deutschlan­d, die Regionalli­ga-Männer trainiert. Dabei ist nirgendwo niedergesc­hrieben, dass es verboten ist, eine Männermann­schaft unter das Regiment einer Frau zu stellen. Man muss nur den Mut dazu haben. Dass ihn Wübbenhors­t hat, ist klar. Sie hat als erste Frau in Deutschlan­d Fünftliga-Männer trainiert. Die fußballeri­sche Kompetenz besitzt sie. Sie war zweimal U19-Europameis­terin und Bundesliga­spielerin beim HSV. Was ihr noch fehlt, ist eine Pokalsensa­tion mit Lotte. Wübbenhors­t könnte als Trainerin das werden, was Bibiana Steinhaus als Schiedsric­hterin geworden ist.

Wer ihr mit Chauvi-Sprüchen kommt, läuft in einen ungeschmin­kten Konter. Ob sie eine Sirene auf dem Kopf tragen werde, damit ihre Spieler schnell eine Hose anziehen könnten, bevor sie in die Kabine kommt, wurde sie bei ihrem Debüt als Trainerin der Männer des BV Cloppenbur­g gefragt. Die Antwort, die zum Fußballspr­uch des Jahres gekürt wurde: „Ich bin Profi. Ich stelle nach Schwanzlän­ge auf.“Keine Fragen mehr.

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Foto: dpa Imke Wübbenhors­t trainiert die Viertliga-Männer der SF Lotte.
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