So verändert das Virus das Leben von Flüchtlingen
Die Corona-Regeln sind in Asylunterkünften nicht immer leicht umzusetzen, weil dort viele Menschen auf relativ engem Raum leben. Zwei Bewohner haben sich bisher in Augsburg infiziert. Was Ehrenamtliche derzeit tun
Früher – das heißt, vor wenigen Wochen, in der Zeit vor der Corona–Krise – gingen die Menschen in den Asylunterkünften der Regierung von Schwaben ein und aus. Nicht nur Flüchtlinge. Auch Sprachlehrer, Helfer, um den bürokratischen Alltag zu bewältigen, oder diejenigen, die ein offenes Ohr für die Probleme der Menschen dort hatten. Seitdem die Ausgangsbeschränkungen in Bayern gelten, fehlt vieles davon. Auch für die Asylhelfer gelten die gängigen Besuchsverbote.
Die Beratung erfolgt nun etwa im Ankerzentrum an der Aindlinger Straße vor Ort durch das Personal der Malteser, die dort arbeiten. Doch auch das Diakonische Werk möchte die Menschen in den Unterkünften nicht alleinlassen. Wie die Diakonie erklärt, werde das Angebot der Flüchtlings- und Integrationsberatung unter besonderen Schutzmaßnahmen aufrechterhalten. Die Diakonie hat dafür ein elektronisches Postfach eingerichtet sowie einen telefonischen Beratungsdienst. In Notfällen könne persönliche Beratung, nach Terminvereinbarung, erfolgen. Denn innerhalb der Unterkünfte ist die Situation nicht immer einfach.
Vor einigen Wochen infizierte sich ein Flüchtling aus dem Ankerzentrum mit dem Coronavirus. Das
Beim ersten Covid-19-Fall gab es Tumulte
hatte Panik und Tumulte unter einigen Flüchtlingen in der Unterkunft am Kobelweg zur Folge, Bewohner der Gemeinschaftsunterkünfte waren in Sorge. In diesen infizierte sich im Laufe der vergangenen Wochen allerdings nur noch eine weitere Bewohnerin. Mittlerweile sind laut Regierung von Schwaben beide Betroffenen genesen, die Tests waren negativ. Die Bewohner der Asylheime beschäftigte vor allem das Zusammenleben mit vielen Menschen auf engem Raum, etwa in der Küche oder in den Schlafbereichen. Ein Flüchtling aus der Türkei sagt, er wohne in einer Unterkunft und teile sich dort 25 Quadratmeter mit vier Personen. Es gebe kein Desinfektionsmittel, allerdings eine Beratung. Derzeit sei die Verunsicherung unter den Menschen groß.
Die Unterkunft wird von der Regierung von Schwaben unterhalten. Gegenüber unserer Redaktion erklärt ein Sprecher, „die Bewohner nehmen die Situation im Wesentlichen mit Verständnis auf.“Jeder Neuankömmling im Ankerzentrum wird auf das Coronavirus getestet. Weitere Routinetests gibt es nicht. In den Unterkünften werden die Bewohner über mehrsprachige Plakataushänge sowie durch das Personal über Hygienemaßnahmen und Verhaltensregeln informiert. Laut Regierung von Schwaben sind routinemäßige Tests nicht effektiv, da ein negatives Ergebnis immer nur eine Momentaussage darstellt. Außerdem sei das eine Verschwendung begrenzter Ressourcen.
Wer Corona-Symptome zeige, werde sofort isoliert, seine Kontaktpersonen ermittelt. Die weitere medizinische Versorgung der Menschen erfolge unverändert nach den gleichen Regeln wie in den Zeiten vor Corona. So ist etwa ein Arzt im Ankerzentrum anwesend, der nicht nur die Corona-Tests macht, sondern auch andere Untersuchungen. Ob die Verhaltensregeln, also etwa Abstand halten oder regelmäßiges Händewaschen, eingehalten werden, könne man natürlich nicht überprüfen – da komme es auf die Geflüchteten selbst an, heißt es bei der Regierung. Insgesamt sei die Belegungssituation in den Unterkünften so, dass es tagsüber genügend Raum für die Bewohner gebe.
Die bisher erkrankten Flüchtlinge wohnten in der Quarantänezeit in Inningen – aktuell steht die Zweigstelle für Asylbewerber leer. Dort wurden sie täglich von einem Arzt betreut. Auch die Tests der ermittelten Kontaktpersonen seien negativ gewesen – diese waren im zweiten Stock im Kobelweg in Quarantäne untergebracht. Den Aufruhr um deren Unterbringung schreibt Frank Kurtenbach von der Regierung von Schwaben auch Fehlern bei der Kommunikation zu. Man hätte vorher die Bewohner informieren müssen, das wisse man für das nächste Mal. Mittlerweile sei die Situation wieder entspannt.
Für die Hygiene in den Unterkünften spielen auch Masken eine wichtige Rolle. Deshalb näht ein ehrenamtliches Team des Flüchtlingsprojekts „Café Tür an Tür“aktuell Mund-Nase-Masken für die Asylunterkunft in der Ottostraße. Mitinitatorin Helga Reber erklärt, warum die Masken so wichtig sind: „In einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen die Menschen auf sehr engem Raum. Die Abstandsregeln sind kaum umsetzbar.“Das NähTeam besteht aus Ehrenamtlichen aus dem Café und Freiwilligen, die sich über Facebook gemeldet hatten. Zudem sind drei Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien mit an Bord. Laut Reber leben zwei von ihnen selbst in einer Gemeinschaftsunterkunft, der dritte wohnt außerhalb und wollte sich eigentlich mit einer eigenen Schneiderei selbstständig machen. Ihm habe die Corona-Krise einen Strich durch die Rechnung gemacht, erzählt Reber. Für die Näh-Initiative sei er aber eine große Hilfe, weil er dem Team mit seinen fachlichen Ratschlägen zur Seite stehe. Auch in den Unterkunfts-Dependancen in der Berliner Allee und in Mering seien Nähstuben eingerichtet, erklärt die Regierung von Schwaben. Einige Bewohnerinnen hätten sich zuvor dafür eingesetzt, selbst waschbare Mundschutze zu nähen.
„Die Idee war, etwas zu tun und nicht nur zu Hause rumzusitzen und zu warten“, erklärt Helga Reber. „Wir sind ja auch sonst für diese Menschen da.“Aktuell seien 150 Masken fertig, sagt Reber. Maria Möller, Ärztin und ebenfalls ehrenamtlich bei Tür an Tür engagiert, bringt die fertigen Masken gesammelt in die Unterkunft. Als Hausärztin, die Patienten in der Einrichtung betreut, darf sie diese betreten.
Darüber hinaus will auch die Regierung von Schwaben ab Montag Einwegmasken zur Verfügung stellen. Ab diesem Zeitpunkt gilt für den öffentlichen Nahverkehr und für das Einkaufen in Geschäften eine Maskenpflicht. In den Heimen selbst gibt es aber keine Vorschrift zum Tragen eines Schutzes.