Verehrte Frau Weber!
Jedem angehenden Oberbürgermeister, jeder angehenden Oberbürgermeisterin ist, unabhängig von gelber, roter, grüner, schwarzer Couleur, eine glückliche Hand zu wünschen – nicht zuletzt aus lokalpatriotischen und damit gesellschaftlich eigennützigen Gründen heraus. Auch einer Oberbürgermeisterin Weber ist damit eine glückliche Hand zu wünschen – umso mehr, als sie als erste OB in Augsburg vorführen kann, dass sie es – als Frau – womöglich besser, vernünftiger, sinnvoller macht als mancher sture männliche Kollege landauf, landab. Das wäre doch was, das würde ein Signal setzen.
Nun hat die angehende Augsburger OB schon vor Amtsantritt die signalsetzende Gelegenheit, es mit glücklicher Hand besser, sinnvoller, vernünftiger zu machen. Denn entfernt werden soll in Augsburg ein Kulturreferent, der nach Auffassung ausgesprochen vieler kulturschaffender und kulturinteressierter Bürger hervorragend gearbeitet hat: kompetent, menschlich, mit Expertise und Charakter. Die vielen gleichlautenden Stimmen dazu sind nicht zu überhören. Wohingegen etwaige Kritik an diesem Kulturreferenten – unter Klarnamen und ansatzweise nachvollziehbar – in einem bislang sehr übersichtlichem Rahmen bleibt.
Unabhängig davon kann es auch ein Kulturreferent nicht allen recht machen. Aber mittlerweile ist sogar erkennbar, dass etliche derjenigen, die in der Vergangenheit ihr Kulturschaffen nicht ausreichend gewürdigt sahen, lieber für diesen Kulturreferenten eintreten als für eine Neubesetzung seines Amtes nach Ausschreibung. Denn in diesem Fall müsste sich ausgerechnet in Corona-Krisenzeiten mit all ihren noch unabsehbaren Folgen ein Neuer/eine Neue erst einmal in die spezifische Augsburger Situation genauso einarbeiten wie in die laufende Theatersanierung – um mal die zentralen Punkte zu nennen – neben jener draufgesattelten Aufgabe Sport, die – zumal unter der erhofften Doppel-Expertise – alles noch schwieriger macht. Die Erinnerung daran, dass die Kombination von Kultur- und Sportreferat schon einmal alles andere als glücklich war, müsste doch eigentlich auffrischbar sein. Einen Grußonkel in dieser Position braucht Augsburg nicht. Stattdessen braucht es Personen, die arbeiten, ihre Aufgabe machen, auch verwalten. Wenn das derzeit einbrechende Gewerbesteueraufkommen nach der Krise wieder wächst, kommt die Zeit der Visionen.
Natürlich trägt der noch amtierende Kulturreferent einen Namen, einen guten. Aber um den geht es hier nicht in erster Linie – und auch nicht um eine wie auch immer geartete Parteilichkeit. Diese Zeilen würden auch geschrieben, wenn dieser Kulturreferent heute noch Ludwig Kotter hieße (schwarz) oder Eva Leipprand (grün) – und in wenigen Tagen entfernt werden sollte. Es geht hier um die Sache an sich, nämlich um den bestmöglichen Weg in schwierigen Zeiten. Und darum, dass in diesen Zeiten nicht ohne Not ein Kulturreferent – egal wie er heißt – ausgetauscht wird, der nachweislich und weiterhin erwartbar für gute, kontinuierliche Arbeit steht – im besonderen Fall bei den herausfordernden Aufgaben rund um die Theatersanierung und die Corona-Hilfe für freie Künstler.
Möge der neuen OB eine glückliche Hand beschieden sein. Möge ihr, ihrer Partei und den Grünen im Erkennen der Lage nun auch das beschieden sein, was „Größe“im Revidieren genannt wird.
*** „Intermezzo“ist unsere Kolumne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefallen ist.