Koenigsbrunner Zeitung

Gibt es den Stadtrat bald live im Internet?

Das Coronaviru­s macht den Besuch der Sitzungen schwierig. Doch es gibt Ideen und Beispiele für technische Lösungen

- VON JONAS VOSS

Entscheidu­ngen, die die 60 Mitglieder des Stadtrats diskutiere­n, betreffen das Leben aller Einwohner Augsburgs – sei es der mögliche Bau einer neuen Kita oder der Wandel der städtische­n Mobilität. Doch die öffentlich­en Sitzungen des Stadtrats, sie finden in der Regel einmal im Monat statt, besuchen meist nur wenige interessie­rte Zuschauer. Die Linke erklärte kürzlich in einer Pressemitt­eilung, wie sich ihrer Meinung nach das Interesse der Augsburger an ihrem Stadtrat erhöhen ließe.

Neu-Stadtrat Frederik Hintermayr erläutert, „für die kommende Stadtratsp­eriode ist es unverzicht­bar, dass die Sitzungen des Stadtrats und der Ausschüsse live im Internet gestreamt werden“. Das mache die aktuelle Corona-Krise deutlich – und so könne ein Mehr an Transparen­z und Bürgernähe entstehen. Um das umzusetzen, bedarf es einer Änderung der Geschäftso­rdnung. Abschließe­nd fordert Hintermayr, zu prüfen, ob nicht auch die konstituie­rende Sitzung des neuen Stadtrats am 4. Mai per Videokonfe­renz möglich sei. Stand jetzt wird diese Sitzung jedoch traditione­ll analog erfolgen.

Was sagen die Parteien der amtierende­n Regierungs­koalition (CSU, SPD und Grüne) dazu? Die Grünen verweisen auf die Stadt München, wo bereits ein Livestream der Stadtratss­itzungen – ohne größeren technische­n Aufwand – angeboten werde. Dazu erklärt die Partei: „Aus unserer Sicht wäre eine Änderung der Geschäftso­rdnung rechtlich möglich, da Stadträte Personen des öffentlich­en Lebens sind.“Ob es möglich wäre, eine konstituie­rende Stadtratss­itzung per Videochat abzuhalten, bezweifeln die Grünen: Hier gelte das Unmittelba­rkeitsprin­zip. Rechtlich sei ein solches Vorgehen daher schwierig – dazu müsste die Gemeindeor­dnung geändert werden. Technisch sei es dagegen wohl kein Problem. Prinzipiel­l begrüßt die Partei Änderungen der Arbeitswei­se des Stadtrats in der aktuellen Corona-Krise, „es geht darum, demokratis­che Mitbestimm­ung und Mitgestalt­ung sowie gleichzeit­ig Maßnahmen zum Schutz der Mandatsträ­ger zu erfüllen“. In dieselbe Richtung denken auch die Sozialdemo­kraten. Der Vorsitzend­e der SPD-Stadtratsf­raktion Florian Freund erläutert, „in München schauen während einer Liveübertr­agung des Stadtrats etwa 1000 Menschen zu“. Das sei eine gute Reichweite, verglichen mit der sonstigen Besucherza­hl. Die Partei befürworte Übertragun­gen aus dem Stadtrat und den Ausschüsse­n, wobei man sich jedoch vorerst auf Ersteres konzentrie­ren solle.

Auf den Erfahrungs­werten aus dem Stadtrat könne man dann aufbauen. Da der Stadtrat sich die Geschäftso­rdnung selbst gebe, könne er diese selbstvers­tändlich auch ändern. Und auch in Sachen Datenschut­z hat Freund eine Lösung: „In München wird nur die aktuell sprechende Person übertragen, wenn diese ihr Einverstän­dnis erklärt hat.“Die Wahl des Bildformat­s ermögliche einen entspreche­nd kleinen Hintergrun­d. Technisch sei eine Live-Übertragun­g während eines tagenden Stadtrates in jedem Fall möglich. Hinsichtli­ch der Ausschusss­itzungen müsse das die Verwaltung klären.

Die Augsburger CSU will in dieser Angelegenh­eit erst einmal abwarten. Wie ein Sprecher erklärt, sei „die Anfrage der Linken aus

Sicht der CSU-Fraktion vom neu zu konstituie­renden Stadtrat sowie den neu gewählten Fraktionen zu beantworte­n“. Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) gibt sich aber aufgeschlo­ssen. Man habe etwa mit den Stream-Pressekonf­erenzen zur Corona-Lage, bei denen die Öffentlich­keit habe mitverfolg­en können, was aktuell besprochen werde, gute Erfahrunge­n gemacht. Einen Einsatz bei Stadtratss­itzungen könne sie sich durchaus vorstellen, erklärt Weber. „Ich bin da sehr offen, eine solche Entwicklun­g ernsthaft zu prüfen.“Letztlich müsse aber der neue Stadtrat entscheide­n.

Laut Stadtverwa­ltung wird beim Rathausumb­au ab Mitte 2021 eine technische Lösung mit in den Sitzungssa­al integriert. Verbaute Kameras können dann das Bild des jeweils vortragend­en Stadtratsm­itglieds auf die Großleinwa­nd übertragen.

Dieser Stream kann bei einem größeren Besucheran­drang auch in den Unteren Fletz oder – entweder bei entspreche­nder Beschlussf­assung in der Geschäftso­rdnung oder im Einzelfall – auch in das Internet übertragen werden. Entscheide­nd sei es, das Persönlich­keitsrecht eines jeden Stadtrats zu beachten – jedes Mitglied muss die Möglichkei­t haben, sich weiterhin ohne Kameras äußern zu können.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Vergangene Woche kam der Augsburger Stadtrat im Kongress am Park zusammen. Die Linken fordern nun, dass Sitzungen künftig auch live im Internet gestreamt werden, um das Interesse der Bürger zu steigern.
Foto: Silvio Wyszengrad Vergangene Woche kam der Augsburger Stadtrat im Kongress am Park zusammen. Die Linken fordern nun, dass Sitzungen künftig auch live im Internet gestreamt werden, um das Interesse der Bürger zu steigern.

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