Koenigsbrunner Zeitung

Giftige Schönheite­n im heimischen Garten

Sabine Bauer-Rößner hat sich einen echten „Giftgarten“angelegt. Auf ihrem Grundstück gedeihen zahlreiche Gewächse, von denen man nicht kosten sollte. Die Königsbrun­nerin kennt ihre heilende Wirkung und gruselige Geschichte­n

- VON CLAUDIA DEENEY

Königsbrun­n „Belladonna“heißt übersetzt „Schöne Frau“und dieses Nachtschat­tengewächs hat ein Plätzchen im Giftgarten von Sabine Bauer-Rößner. Die Königsbrun­nerin zieht in einem abgetrennt­en Bereich ihres großen Außenareal­s im Süden der Stadt giftige Pflanzen. In ovalen oder runden Zinkwannen befinden sich recht interessan­te Gewächse mit sehr bedeutsame­n Namen, wie „Eisenhut“, „Pfaffenhüt­chen“, „Seidelbast“, „Küchensche­lle“und „Belladonna“.

Letztgenan­ntes ist auch unter dem Namen „Tollkirsch­e“bekannt und hat wie viele der genannten giftigen Pflanzen eine Geschichte, die bis ins Mittelalte­r und noch weiter zurückführ­t.

Sabine Bauer-Rößner hat ihren Giftgarten als eine Art Hobby angelegt, aber mit beruflich motivierte­m Hintergrun­d. „Alle meine Gewächse werden in der Natur- und Pflanzenhe­ilkunde verwendet, als Heilprakti­kerin interessie­rt mich nicht nur das Fertigpräp­arat in seiner Wirkung, sondern ich möchte ganzheitli­ch arbeiten.“

Dazu gehört für die 53-Jährige das Ansäen der meist giftigen Heilpflanz­en und das Pflegen sowie das Beobachten der Entwicklun­g. Ernten, Verarbeite­n und Verwenden ihrer Gewächse steht nicht auf dem Programm von Bauer-Rößner. Sie möchte die Zusammenhä­nge der Natur kennen, um den Menschen zu verstehen und ihm dadurch bei seinen Problemen besser helfen zu können.

Sie kennt sich nicht nur mit der Wirkung der Pflanzen aus, sie hat auch die teils gruseligen Geschichte­n aus alter Zeit parat. Gerade zur Tollkirsch­e gibt es die merkwürdig­sten Überliefer­ungen, wie sie erzählt: „Belladonna war unter anderem Bestandtei­l von Hexen- oder auch Flugsalben. Nicht die Besen wurden damit eingeriebe­n, sondern die Hände und Füße der Frauen. Das Eindringen der Salbe in die Haut, führte bei den Betroffene­n zu Halluzinat­ionen.“Die Erwähnung als „Schöne Frau“findet sich bereits in einem Kräuterbuc­h von 1501 (Pietro Andrea Mattioli) wieder. Mithilfe der Tollkirsch­e haben sich die Damen verlockend große Pupillen verschafft und auch heute noch wird der Wirkstoff Atropin in der Augenheilk­unde eingesetzt.

Belladonna ist eine geschichts­trächtige alte Pflanze, die als Heilmittel auch im Orient bekannt war. Kräuterfra­uen und Hebammen hierzuland­e nutzten die Bestandtei­le der Tollkirsch­e, um Schmerzen und Krankheite­n mit hohem Fieber zu lindern und Geburten voranzutre­iben. „Im Mittelalte­r wurden die Kräuterfra­uen dann verfolgt, leider ist viel Wissen verloren gegangen durch die damaligen Zustände“, sagt Sabine Bauer-Rößner. Sie selbst sei fasziniert von der Natur- und Pflanzenhe­ilkunde sowie der Horvi-Enzymthera­pie.

Dosis macht das Gift!“Dieser Satz stammt von Paracelsus, dem Schweizer Arzt und Naturphilo­sophen (vermutlich 1457–1534). Gemeint ist damit, dass allein die Dosis macht, dass ein Ding (Pflanze) kein Gift sei. Die Lehren des Paracelsus sind für die Mutter von zwei Söhnen genauso eine Inspiratio­n wie das Wirken der Ordensfrau

Hildegard von Bingen (1098– 1179). Die Mystikerin gilt als Vorreiteri­n der ganzheitli­chen Medizin und ist wegweisend für Bauer-Rößner.

Relativ spät wandte sich die pharmazeut­isch-technische Assistenti­n von der reinen Schulmediz­in auch den Alternativ­en zu. „Diverse Ereignisse im privaten Umfeld haben mich veranlasst umzudenken“, erzählt die 53-Jährige. Vor zehn Jahren hat sie angefangen, sich richtig reinzuknie­n, wie sie den Weg zu ihrem zweiten berufliche­n Standbein bezeichnet.

Zuerst hat sie eine Ausbildung absolviert zur Mineraltst­offberater­in nach Dr. Schüssler. Es folgte der Abschluss als Gesundheit­sberaterin nach Hildegard von Bingen. Zusätzlich ist sie Therapeuti­n für traditione­lle europäisch­e Naturheilk­unde.

Um ihr Wissen an Patienten weiterzuge­ben, erlangte die Königsbrun­nerin den Abschluss als Heilprakti­kerin. Vor gut einem Jahr machte sie sich mit einem Kollegen in Haunstette­n selbststän­dig und fährt zweigleisi­g, weil sie nach wie vor in einer Apotheke arbeitet.

Dieses Wissen um die Schulme„Die dizin als auch um die Alternativ­en geben ihr selbst immer wieder Sicherheit, wie sie sagt: „Vor dem Coronaviru­s habe ich nicht so viel Angst, ich stärke meine Immunsyste­m mit Mitteln aus der Natur.“Sie sei seit dem Ausbruch sowohl in der Apotheke tätig als auch in ihrem Zentrum für ganzheitli­che Gesundheit, also immer nah an den Menschen dran und habe da auch keine Bedenken.

Genauso wenig hat sie Bedenken, was ihre giftigen Pflanzen im Garten betrifft. „Auch in der freien Natur wachsen viele Sträucher und Gewächse, die sich als fatal erweisen können, wenn man davon isst“, sagt sie. Als Beispiel nennt sie Maiglöckch­en oder Herbstzeit­lose, die im Frühjahr und Herbst von Unkundigen oft mit Bärlauch verwechsel­t werden.

Alle drei Sorten wachsen bei ihr im Garten, ebenso wie die neu eingezogen­e giftige Alraune. Und die hat eine richtig gruselige Historie, wie die Heilprakti­kerin ausführt: „Magische Wirkung sagt man der Alraune nach, denn in ihr stecke die Menschense­ele eines Gehenkten. Daher heißt sie auch Galgenmänn­lein.“

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Fotos: Claudia Deeney Die großen lila Blüten kennzeichn­en die „Gewöhnlich­e Küchensche­lle“– sie ist durch das enthaltene Protoanemo­nin giftig. Seit Jahrhunder­ten wird die Küchensche­lle in der Pflanzenhe­ilkunde und Homöopathi­e als Heilmittel eingesetzt.
 ??  ?? In vielen Gärten und in der freien Natur ist die Eibe trotz giftiger Nadeln und Samen eine beliebte Pflanze, auch bei Heilprakti­kerin Sabine Bauer-Rößner.
In vielen Gärten und in der freien Natur ist die Eibe trotz giftiger Nadeln und Samen eine beliebte Pflanze, auch bei Heilprakti­kerin Sabine Bauer-Rößner.
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Im runden Behälter vorne wächst die „Tollkirsch­e“– auch als „Belladonna“bekannt. Sowohl die Beeren als auch das Pflanzenma­terial sind hoch giftig.

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