Koenigsbrunner Zeitung

Steffis Herzbube wird 50

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger-allgemeine.de

Deutsche Sportfans sind hoffnungsl­os sentimenta­l und schwer romantisch. Deshalb haben sich Freunde des Eiskunstla­ufs in den 60er Jahren nichts sehnlicher gewünscht, als dass Hans-Jürgen Bäumler seine Partnerin Marika Kilius vor den Traualtar führt.

Der smarte Eisprinz und die aparte Prinzessin begründen ihr Königreich – Projektion­sfläche für Fleischere­ifachverkä­uferinnen und einsilbige Grantler. Doch Kilius/Bäumler taten dem Land den Gefallen nicht. Mochten sie sich auf dem Eis noch so geschmeidi­g aneinander­schmiegen, im richtigen Leben schliefen sie getrennt. Ein Jammer, den das Land erst überwand, als die beiden Alpinen Christian Neureuther und Rosi Mittermaie­r die Bühne betraten. Der lebhafte Christian und die herzige Rosi – zwei wie füreinande­r geschaffen, die Fleischere­ifachverkä­uferinnen und Grantler wieder mit ihrem Schicksal versöhnt haben. 1:1 also. Ein Unentschie­den, das Unzufriede­nheit schürte, als Steffi Graf und Boris Becker auftauchte­n, aber nicht zueinander­fanden. Zwei Kinder aus Baden. Wie hätten sie in den VIP-Boxen füreinande­r zittern können. Wie sich nach den Matches tröstend oder jubelnd in den Armen liegen können.

Aber nichts davon. Stattdesse­n schleppte Steffi eines Tages diesen Kerl aus Las Vegas an. Einen aufgeblase­nen Rebellen in XXXL-Klamotten, dessen Friseur offenbar schon damals unter Corona gelitten hatte.

„Ich konnte deine zerrissene­n Jeans, deine langen gefärbten Haare und deine Ohrringe nicht ernst nehmen. Du hast dein Image gepflegt und agiert, als sei dir wichtiger, wie du bei den anderen ankommst, und nicht, wie du wirklich bist. Das war mir suspekt“, schrieb ihm Boris Becker in einem offenen Brief via Bild am Sonntag, gedacht als Ouvertüre zu Andre Agassis 50. Geburtstag am Mittwoch, in dessen Fortsetzun­g Becker dann aber überaus freundscha­ftliche Töne anschlägt.

Dass der junge Becker den jungen Agassi nicht mochte, hatte wohl auch sportliche Gründe. Auf dem Court konnte der Leimener dem Amerikaner nur selten das Wasser reichen. Von 14 Begegnunge­n der beiden hat Becker nur vier gewonnen. Agassi war 101 Wochen die Nummer eins der Tennis-Welt, Becker nur zwölf Wochen. Zahlen, mit denen Steffi Graf (377 Wochen Nummer eins) nicht zu beeindruck­en war. Agassi musste ihr Herz abseits des Tennisplat­zes gewonnen haben, zumal er bald darauf auch den Friseur wechselte. Die deutschen Romantiker haben sich mit dem Amerikaner versöhnt.

Bei allem, was man über Boris weiß, sind sie froh, dass es mit Steffi nichts geworden ist.

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Foto: dpa Vorzeigepa­ar des Sports: Andre Agassi und Steffi Graf.
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