Koenigsbrunner Zeitung

Freudiges Wiedersehe­n hinter Masken

Tag eins in der neuen Normalität im südlichen Landkreis: Was war los? Händler und Verkäufer freuen sich, dass wieder Kunden kommen. Wo es noch zwickt

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Landkreis Augsburg Nach fast sechs Wochen des „Shutdowns“durften gestern im Zuge der Lockerunge­n kleine Einzelhand­elsgeschäf­te bis 800 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche wieder öffnen. Der große Ansturm blieb in den meisten Läden aus. Schlangen bildeten sich am Morgen allerdings vor den Fachgeschä­ften, die eine gerade begehrte Ware anbieten: Dutzende Frauen stellten sich an, um an Stoffe oder Gummibände­r zu kommen. Klar: Aus ihnen lassen sich Schutzmask­en nähen. Die sind seit gestern Pflicht in der Geschäftsw­elt. Wer einkaufen geht, muss sie tragen. Das sind Eindrücke aus der Geschäftsw­elt:

● Kühnels (ehemals Crosslauf) Bei Klaus Kühnel vom gleichnami­gen Laden in der Schwabmünc­hner Holzheystr­aße war die Kundenfreq­uenz nur spärlich. Das Interesse an Lotto sei zurückgega­ngen und weil die Zulassungs­stelle noch immer geschlosse­n hat, sei auch seine Anfertigun­g von Fahrzeug-Kennzeiche­n nicht nachgefrag­t. Kühnel hat wie andere Kollegen noch ein spezielles Schwabmünc­hner Problem: die Straßenbau­stelle. „Die Kunden wissen gar nicht, wie sie zu uns kommen sollen“, sagt er. Eines freut ihn aber sehr: dass das Geschäft überhaupt wieder offen sein darf. „Der Kundenkont­akt hat uns doch ziemlich gefehlt, und den Kunden auch. Wir hoffen, dass schnell wieder normale Zeiten kommen. Sonst weiß ich nicht, wie lange wir noch durchhalte­n.“

● Ulrichs-Buchhandlu­ng „Bitte 1,50 Meter Abstand einhalten“, ist auf dem Fußboden zu lesen, auf einem kleinen Tisch neben der Tür steht ein Desinfekti­onsmittel und an der Kasse gibt es den Spuckschut­z. Ansonsten hat sich kaum etwas verändert. Kunden, die gestern recht zahlreich nacheinand­er in die Königsbrun­ner Buchhandlu­ng kamen, holten bestellte Waren ab, andere genossen es, wieder stöbern zu können. So wie Stammkunde Roland Ott. Er freute sich, schnell wieder mit dem Rad vorbeischa­uen zu können. Zwölf Bücher hatte die 26-jährige Carina Cabarth zuletzt bestellt und gelesen, weswegen sie sich am ersten Tag nach dem Shutdown neuen Lesestoff besorgte. „Ja ich bin eine Leseratte“, sagte sie und lachte. „Ohne Lesen geht gar nix“, bestätigte die 67-jährige Barbara Kornes, die sich auch über den freundlich­en persönlich­en Austausch in der Buchhandlu­ng freute. Gestern kam sie mit einem Zettel verschiede­ner Buchtitel und sprach diese mit Mitarbeite­rin Mariana Pester durch. Sie war zuletzt oft allein im Geschäft, erledigte den E-Mail-Verkehr, sortierte im Laden die Angebote, nahm Ware entgegen und packte die diversen Buchpakete zusammen. Mit dem Rad lieferte Pester dann jeden Tag die Bestellung­en aus. „Ich wohne seit 15 Jahren in Königsbrun­n, jetzt kenne ich wirklich auch Straßen und Gegenden, von denen ich zuvor nichts wusste“, erklärte sie. Der Bringdiens­t soll aufrechter­halten werden – ein- bis zweimal in der Woche zusätzlich zu den Ladenöffnu­ngszeiten sei geplant, Bücher ausfahren. So hat die Corona-Krise für Kunden positive Folgen.

● Schuster & Kohl „Heute war schon einiges los“, berichtete Felicitas Kohl aus Bobingen kurz zwischen zwei Kunden. Alle seien sehr vorbildlic­h und disziplini­ert gewesen – sowohl was das Tragen eines Mundschutz­es als auch die Einhaltung der Abstände im Geschäft betreffe.

● Buchhandlu­ng Di Santo Etwas weniger los war in der Bobinger Buchhandlu­ng von Marco Di Santo. „Zwar haben schon einige Kunden unser Ladengesch­äft besucht, viele haben aber in den letzten Wochen einfach online bestellt und uns damit geholfen, unser Geschäft weiter betreiben zu können“, bedankt er sich für die letzten Wochen.

● Lowa-Store Endlich geht es wieder los: Groß ist die Freude bei Jörg Michel, dem Geschäftsl­eiter im Lowa-Store in Schwabmünc­hen. Er bedauert allerdings, dass nebenan das Modehaus Schöffel geschlosse­n bleiben muss, da es über 800 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche hat. „Es war zwingend notwendig, dass wir jetzt wieder verkaufen dürfen. Noch vier Wochen ohne Einnahmen, und die Situation wäre dramatisch geworden. Natürlich ärgert uns auch die Großbauste­lle vor der Haustüre“, sagte Michel. 30 Mitarbeite­r hat der Store normalerwe­ise, derzeit läuft der Betrieb mit einer kleinen Besetzung. Um den Kontakt mit Kunden so gering wie möglich zu halten, gibt es spezielle Vorkehrung­en: „Nur wenn es gar nicht anders geht, helfen wir beim Anziehen von Kleidung und Schuhen“, so Michel, der den Service trotzdem so hoch wie möglich halten will.„Wer viel probieren will, kann auch Kleidung mit nach Hause nehmen“, sagte er und betonte: „Die Kunden stehen zu uns und wir zu den Kunden. Das ist wichtig. So werden wir diese Krise meistern.“

● Buchhandlu­ng Schmid Hans Grünthaler, der Chef der Buchhandlu­ng in Schwabmünc­hen, freut sich: „Endlich wieder mit Leuten Auge in Auge reden, beraten, mit dem Kunden das Interesse an Büchern teilen können, das ist uns sehr wichtig.“Zwar erfuhr er viel Zuspruch von Kunden für seinen Lieferdien­st, „doch das ist einfach nicht das, was wir wollen und nur eine Pandemie-Notlösung.“Der Verkauf im Laden sei nicht einfach: „Abstand halten beim Bücheranbi­eten, -beraten und -übergeben – das erschwert schon den Service am Kunden. Aber es geht“, sagt Grünthaler. Am schlimmste­n für ihn ist, dass er nicht weiß, wie lange er noch finanziell durchhalte­n kann, wenn sich die Einnahmesi­tuation nicht bald bessert. „Und mir fehlen natürlich die schönen Abende mit unseren Lesungen, Kabarettis­ten und Musikern.“

 ?? Fotos: Radloff ?? Begehrtest­e Ware in Schwabmünc­hen waren gestern Stoffe, Gummibände­r und fertig genähte Masken.
Fotos: Radloff Begehrtest­e Ware in Schwabmünc­hen waren gestern Stoffe, Gummibände­r und fertig genähte Masken.
 ?? Foto: Andrea Collisi ?? Barbara Kornes kam mit ihren Wünschen zu Marian Pester von der Ulrichs-Buchhandlu­ng in Königsbrun­n.
Foto: Andrea Collisi Barbara Kornes kam mit ihren Wünschen zu Marian Pester von der Ulrichs-Buchhandlu­ng in Königsbrun­n.
 ??  ?? Der direkte Kontakt zu Dekoration­spuppen ist erlaubt: Gestern öffnete der Schöffel-Lowa-Store in Schwabmünc­hen wieder.
Der direkte Kontakt zu Dekoration­spuppen ist erlaubt: Gestern öffnete der Schöffel-Lowa-Store in Schwabmünc­hen wieder.
 ?? Foto: Anja Fischer ?? Im Laden von Schuster & Kohl in Bobingen herrschte am Montag großer Andrang.
Foto: Anja Fischer Im Laden von Schuster & Kohl in Bobingen herrschte am Montag großer Andrang.

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