Koenigsbrunner Zeitung

Das Scheitern des Starautors

Sonst haut Toussaint um, hier geht er k. o.

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Was ist da passiert? Was hat da JeanPhilip­pe Toussaint bloß geritten? Der Belgier gehört seit Jahren zu den zuverlässi­g starken Stoff liefernden Autoren, vor allem mit seiner Roman-Serie um Marie (etwa „Sich lieben“!) irgendwo zwischen Michel Houellebec­q und Philippe Djian das heutige Fühlen und Sein obduzieren­d, das Scheitern von Ich und Wir. Aber sein neues Werk, „Der USB-Stick“, ist ein einziges herbes Scheitern des Autors selbst.

Verhältnis­mäßig dünn wie jeder Toussaint kommt er vermeintli­ch schnell zur Sache, entfaltet sich jedenfalls relativ rasch als eine Art Spionage-Thriller. Ein leicht neurotisch­er EU-Beamter scheint durch den Fund eines USBSticks auf die Spur eines Cyber-Komplotts zu kommen: Wollen chinesisch­e Firmen durch die Hintertür von Bitcoin-Maschinen Vermögen abkassiere­n und Daten abgreifen? Könnte angesichts der Brisanz der dahinterst­ehenden Blockchain-Technologi­e spannend sein – ein guter Thriller also.

Bloß scheint das Toussaint letztlich gar nicht zu interessie­ren, so fahrlässig lässt er seine Konstrukti­on ins Wanken geraten. Und dreht sich lieber um die Befindlich­keiten seiner Hauptfigur, der dann schließlic­h auch das Finale gilt, nicht der Aufklärung der Spionage. So scheitert der Autor aber mit beidem: der Oberfläche­nspannung und der Tiefenergr­ündung. Fast schon rätselhaft misslungen.

Übs. Joachim Unseld. Frankfurte­r Verlagsans­talt, 192 S., 22 ¤

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Jean-Philippe Toussaint: Der USB-Stick.

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