Koenigsbrunner Zeitung

Corona – eine Welt mit zu enger Kronenkett­e

Franziska Ottlik kennt das Gefühl, fremdbesti­mmt und isoliert zu sein. Johann Acher hat für ihren Text ein Bild gemalt

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LandkreisA­ugsburg Die Welt trägt eine Krone, die Corona-Krone, und ein Band aus Viren schlängelt sich um den blauen Planeten. So hat sich Johann Acher als Maler mit der Corona-Krise auseinande­rgesetzt. Die Idee kam aber eigentlich nicht von ihm, sondern von Franziska Ottlik. Die junge Autorin aus Diedorf, die auch für unsere Jugendseit­e geschriebe­n hatte, lebt seit ihrer Geburt mit einer Behinderun­g und spricht nur einzelne Laute. Über Texte kann sie sich der Welt mitteilen. Deshalb wollte sie „Text und Bild“zur Viruskrise gestalten. Bei den Kulturtage­n in Diedorf im vergangene­n Herbst kam die Kombinatio­n aus Bildern und Gedichten gut an. Zuerst kam das Bild: Die einzige

Vorgabe, die Ottlik an Johann Acher gemacht habe, sei die Übersetzun­g des Wortes „Corona“aus dem Lateinisch­en gewesen, erklärt Acher. Der Name des Virus bedeutet auch „Krone“, daher auch die Bildidee. „Wir sind ein gutes Team, und deshalb habe ich ihn gebeten, ein Bild nach seinen Vorstellun­gen zu malen“, erklärt Ottlik. Als sie das Werk sah, sei sie begeistert gewesen. In ihrem Gedicht mit dem Titel „Krone der Schöpfung“geht sie hart mit der Menschheit ins Gericht. Man merkt ihren Überlegung­en einen religiösen Hintergrun­d an, aber es finden sich auch Spitzen gegen die Politik. Der Coronaviru­s töte auch „diejenigen, die glauben, sie haben Macht“, so Ottliks Gedicht. Außerdem betont der Text: „Viele haben noch nicht begriffen, dass es einen Wandel braucht.“Und: „Darum mahne ich dich Mensch, sei gescheit, sonst wirst du ausgelösch­t bis zur Unendlichk­eit.“Ottliks Gedicht ist sehr direkt, aber dafür hat sie gute Gründe: „Mir gegenüber wird auch kein Blatt vor den Mund genommen. Ärzte hauen Diagnosen raus ohne

Rücksicht. Deshalb bin ich Anklagende.“Sie wünsche sich, dass die Menschen achtsamer miteinande­r umgehen und sich nicht mehr gegenseiti­g verletzen. Sie zieht eine Parallele zwischen dem Alltag der Krise, ihrer Situation und der vieler anderer Menschen mit Behinderun­g: „Wir sind sozusagen dauerkrank und ziemlich isoliert.“Das Virus sieht sie unter anderem als „segensreic­he Lernaufgab­e“. Die Krise bringe die Ängste jedes Einzelnen hervor, aber rege auch dazu an, sich damit auseinande­rzusetzen. Ihre größte Angst sei die vor der Fremdbesti­mmung, „mich nicht mehr frei bewegen zu dürfen, eingesperr­t zu werden“. Als Resultat der „Lernaufgab­e“hofft sie auf ein Erstarken der Demokratie und ihrer eigenen Souveränit­ät. „Menschen wie ich halten viel aus, aber keine Fremdbesti­mmung. Das kenne ich leider schon zu lange“, schreibt sie.

Es müsse Leben zum Zusammenle­ben geben, es dürfe aber kein Machtmissb­rauch stattfinde­n, schließt Ottlik. Zwang sei der falsche Weg. Vor dem Tod scheint sie keine Angst zu haben. Davor schützt sie ihr Glaube: „Wenn Menschen sterben, gehen sie heim ins Himmelreic­h.“

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Foto: Johann Acher Johann Acher hat mit diesem Bild verdeutlic­ht, wie Franziska Ottlik die Corona-Krise erlebt. Die Zusammenar­beit der Beiden ist nicht neu.

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