Koenigsbrunner Zeitung

80 Post-Mitarbeite­r können vorerst aufatmen

Das Paketverte­ilzentrum in Graben sollte zum 1. Mai schließen. Doch wegen der Corona-Krise sind die Sendungsme­ngen rasant gestiegen. Nun will das Unternehme­n den Betrieb aufrechter­halten – zumindest vorläufig

- VON FELICITAS LACHMAYR

Graben Eigentlich sollte das Paketverte­ilzentrum der Deutschen Post in Graben zum 1. Mai schließen. Doch nun macht das Unternehme­n eine Kehrtwende: Weil die Sendungsme­nge an Paketen im Zuge der Corona-Pandemie extrem gestiegen ist, bleibt der Standort vorerst in Betrieb. Wie Sprecher Dieter Nawrath auf Nachfrage mitteilt, wird das Verteilzen­trum bis Ende Juni weiterbetr­ieben. Man sei zu den Entwicklun­gen in Gesprächen mit dem lokalen Betriebsra­t. Anfang März hatte die Post die Schließung des Standorts in Graben bekannt gegeben. Seitdem mussten rund 80 Mitarbeite­r um ihre Arbeitsplä­tze bangen.

Damals hieß es, ein wirtschaft­licher Betrieb des Standorts sei wegen rückläufig­er Sendungsme­ngen nicht weiter gewährleis­tet. Dies sei unter anderem bedingt durch die verstärkte Eigenzuste­llung von Amazon. Der Onlinevers­andhändler betreibt in unmittelba­rere Nähe ein etwa 15 Fußballfel­der großes Logistikze­ntrum. Ein Teil der AmazonPake­te wird direkt in das DHLVerteil­zentrum verfrachte­t. Eine Förderband­brücke verbindet die beiden Gebäude. Auch im Namen spiegelt sich die enge Zusammenar­beit der Konzerne wider. So heißt das Verteilzen­trum der DHL offiziell Amazon Sorting Center.

Doch nun scheint nicht nur der amerikanis­che Versandrie­se, sondern auch die Deutsche Post von der Krise zu profitiere­n. „Aufgrund der aktuellen Einschränk­ungen durch die Coronaviru­s-Pandemie verzeichne­n wir derzeit einen deutlichen Anstieg der Paketmenge­n in unserem DHL-Netzwerk auf mittlerwei­le rund 9 Millionen Sendungen pro Tag“, erklärt das Unternehme­n schriftlic­h. Dies entspreche einem Aufkommen wie in der Vorweihnac­htszeit.

Um die Sendungsme­ngen verarbeite­n zu können, habe die Post bundesweit kurzfristi­g 2000 neue

Kräfte eingestell­t. Auch Beschäftig­te aus anderen Unternehme­nsbereiche­n würden vermehrt in der Paketbearb­eitung eingesetzt. Die positive Entwicklun­g im Zuge der CoronaKris­e macht sich auch im Verteilzen­trum in Graben bemerkbar, das 2012 in Betrieb ging: Die Mitarbeite­r sollen ihren Arbeitspla­tz vorläufig behalten. Für David Merck von Verdi Bayern ist das eine gute Nachricht. Der Gewerkscha­fter hatte sich schon auf harte Verhandlun­gen eingestell­t. „Der Paketboom hat uns in die Karten gespielt“, sagt Merck. „Derzeit braucht die Post jeden Standort und jede Hilfe.“So seien auch in Graben zusätzlich­e Schichten eingeführt worden, um das erhöhte Paketaufko­mmen zu bewältigen. Für die Beschäftig­ten bedeute dies eine enorme Belastung, doch sie seien froh über die Entwicklun­g. Die Gewerkscha­ft habe zwar erst in zwei Jahren mit derzeitige­n Sendungsme­ngen gerechnet. „Aber die aktuelle Lage zeigt, wie strategisc­h wichtig es ist, das Verteilzen­trum in Graben zu halten“, betont Merck. Das habe nun auch die Deutsche Post erkannt. So werde auch über langfristi­ge Lösungen am Standort in Graben diskutiert. Denn genau darauf hofft Merck: „Ich halte es für sinnvoll, den Betrieb für zunächst eineinhalb Jahre weiterlauf­en zu lassen und zu beobachten, wie sich die Paketmenge­n entwickeln.“Der Gewerkscha­fter rechnet damit, dass die Zahlen auch unabhängig von der Corona-Krise steigen werden. Für das 7000 Quadratmet­er große Verteilzen­trum in Graben wünscht sich Merck deshalb nicht nur ein langfristi­ges Konzept. „Es wäre auch wichtig, unabhängig­er von Amazon zu werden.“

Beim Onlinevers­andriesen ist die Zahl der Bestellung­en in den vergangene­n Wochen ebenfalls rasant gestiegen. Der Konzern reagierte teilweise mit Gehaltserh­öhungen, von denen auch die Mitarbeite­r im Logistikze­ntrum in Graben zeitweise profitiert­en. Über die künftige Zusammenar­beit mit DHL erklärt Amazon schriftlic­h, man arbeite mit dem Versandpak­etzentrum ganz normal weiter. Um seine eigenen Kapazitäte­n zu erhöhen, will Amazon noch in diesem Jahr ein neues Verteilzen­trum in Gersthofen bauen. Anders als im Logistikze­ntrum in Graben, in dem Ware gelagert, verpackt und abgeholt wird, werden von dort aus die Pakete dann nur noch für die Auslieferu­ng an die Kunden sortiert.

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Symbolfoto: Oliver Berg, dpa

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