Koenigsbrunner Zeitung

Wie lange bleiben Kinder noch daheim?

Viele Eltern ächzen unter der Doppelbela­stung aus Arbeit und Betreuung. Gleichzeit­ig warnen Experten: Die Kleinsten werden die größten Leidtragen­den der Corona-Krise sein

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Millionen von Familien mit Kindern, die besonders unter den Folgen der Corona-Krise leiden, treibt derzeit vor allem eine Frage um: Wann öffnen Schulen und Kindergärt­en wieder? Doch auch nach den jüngsten Beratungen zwischen Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpr­äsidenten der Länder gibt es darauf keine klare Antwort. FDP und Grüne kritisiere­n das heftig und fordern von der Bundesregi­erung einen Fahrplan für den Neustart der Bildungsun­d Betreuungs­einrichtun­gen. Denn viele Eltern bringe die Doppelbela­stung von Berufstäti­gkeit, oft im Homeoffice, und Nachwuchsb­etreuung an die Grenzen ihrer Belastbark­eit, warnt die Opposition. Für die Entwicklun­g der Kinder seien der Kontakt zu Gleichaltr­igen ebenso wie die Bewegung im Freien unverzicht­bar. Und mit dem Heimunterr­icht klappe es längst nicht überall reibungslo­s.

Stephan Thomae, stellvertr­etender Vorsitzend­er der FDP-Bundestags­fraktion, sagte unserer Redaktion: „Mit dem Coronaviru­s werden wir noch für lange Zeit klarkommen müssen, es wird nicht in Kürze verschwund­en sein. Deshalb brauchen wir Konzepte, wie gerade Kinder trotz Corona wieder ein Leben in größtmögli­cher Normalität führen können.“Die ständige Verlängeru­ng der Einschränk­ungen lasse den Eindruck entstehen, „dass es in der Regierung an Vorstellun­gskraft fehlt, wie ein Leben mit Corona gerade für Kinder und Familien möglich sein soll.“

Durch eine länger andauernde Schließung von Kitas und Schulen drohen laut der Grünen-Bundestags­abgeordnet­en Ekin Deligöz viele Kindeswohl­gefährdung­en unentdeckt zu bleiben. „Wir laufen Gefahr, dass die Dunkelziff­er von Gewalttate­n gegenüber Kindern enorm ansteigt“, sagte die Vizepräsid­entin des Deutschen Kinderschu­tzbundes unserer Redaktion. „Schulen und Kitas sind für den Kinderschu­tz systemkrit­isch. Seit ihrer Schließung sind die Meldungen zu Kindeswohl­gefährdung drastisch um 60 Prozent gesunken“, fügt sie hinzu. Denn oft seien es Lehrer oder Betreuer, die Hinweise auf Gewalt oder Missbrauch entdeckten. Kinder seien gleich mehrfach von der Pandemie betroffen, sagte Deligöz.

Durch die Schließung von Schulen und Kitas fehlten ihnen soziale Kontakte, ihr Recht auf Spiel und Freizeit werde beschnitte­n. Es bestehe zudem die Gefahr, „dass insbesonde­re Kinder aus bildungsfe­rneren und oft einkommens­schwächere­n Familien durch die Schulschli­eßungen noch mehr hinten runterfall­en.“Die Grünen-Politikeri­n fordert: „Es braucht gute Konzepte für eine schrittwei­se Öffnung von Schulen und Kitas, die auch die Perspektiv­en der Kinder nicht zu kurz kommen lassen dürfen.“

Forscher um den Virologen Christian Drosten von der Berliner Charité warnen indes aufgrund der Ergebnisse einer Studie vor einer uneingesch­ränkten Öffnung von Schulen und Kindergärt­en. Kinder sind demnach in der gegenwärti­gen

Coronaviru­s-Pandemie vermutlich genauso ansteckend wie Erwachsene. So unterschei­de sich die Zahl der Viren, die sich in den Atemwegen nachweisen lässt, bei verschiede­nen Altersgrup­pen nicht.

Bund und Länder wollen sich erst am 6. Mai näher mit der Frage befassen, wann die Bildungs- und Betreuungs­einrichtun­gen wieder öffnen dürfen. Lediglich eine Öffnung von Spielplätz­en unter strengen Hygienevor­schriften

Den Kindern fehlen soziale Kontakte

In Berlin sind Spielplätz­e bereits wieder offen

wurde bei der Bund-Länder-Beratung am Donnerstag beschlosse­n. In Berlin sind die Spielplätz­e bereits wieder offen, die bayerische Landesregi­erung will erst am Dienstag darüber beraten, ab wann die Lockerung gelten soll.

»Kommentar

Stefan Lange ordnet im Kommentar die neuen Lockerunge­n von Bund und Ländern ein. »Politik

In einem ausführlic­hen Bericht listen wir die neuen CoronaMaßn­ahmen auf.

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