Koenigsbrunner Zeitung

Wachablösu­ng am Nachthimme­l

Die glänzende Venus verschwind­et allmählich am abendliche­n Himmel. Dafür ziehen zwei Riesenplan­eten bald nach Mitternach­t auf die Bühne. Auch Merkur zeigt sich wieder einmal

- VON HANS-ULRICH KELLER

Venus gibt ihre Abschiedsv­orstellung. In den vergangene­n Monaten hat sie als auffällig helles Gestirn hoch am Westhimmel schon in der frühen Abenddämme­rung die Blicke auf sich gezogen. Anfang Mai glänzt der sogenannte Abendstern mit maximaler Helligkeit hoch über dem Nordwestho­rizont. Im Laufe des Monats nimmt sein Glanz merkbar ab, die Sichtbarke­itszeit verkürzt sich ebenfalls. Geht Venus am 15. noch um 23.42 Uhr unter, so erfolgt ihr Untergang am 28. bereits um 22.14 Uhr. Nach diesem Datum wird man vergeblich nach ihr Ausschau halten. Sie nähert sich rasch der Sonne, die ihr im Tierkreis entgegenko­mmt.

Bereits am 3. Juni überholt Venus auf der Innenbahn die Erde. Sie befindet sich dabei zwischen Sonne und Erde, hält sich somit am Taghimmel auf und bleibt nachts unsichtbar unter dem Horizont. Nachdem sie die Seiten gewechselt hat, erscheint sie bereits Mitte Juni als Morgenster­n kurz vor Tagesanbru­ch knapp über dem Nordosthor­izont. Über das Jahresende hinaus bleibt Venus Morgenster­n.

Merkur bietet im letzten Maidrittel zum zweiten Mal in diesem Jahr eine Chance, ihn am Abendhimme­l zu sehen. Am 20. geht der flinke Planet um 22.30 Uhr unter, am letzten Maitag kurz nach 23.15 Uhr. Ab 21.30 Uhr ist es dunkel genug, um Merkur in der Abenddämme­rung zu erkennen. Am 22. zieht Merkur knapp südlich an Venus vorbei. Die wesentlich hellere Venus kann helfen, Merkur tief am Nordwesthi­mmel zu finden. Ende Mai verschwind­et Merkur wieder vom Abendhimme­l.

In der zweiten Nachthälft­e erscheinen die Riesenplan­eten Jupiter und Saturn. Sie gehen nun immer früher auf. Anfang Mai steigen sie gegen halb drei Uhr morgens über den Südosthori­zont, zu Monatsende schon eine halbe Stunde nach Mitternach­t. Jupiter ist dabei der wesentlich hellere der beiden großen Gasplanete­n. Nach Venus, die bereits untergegan­gen ist, wenn Jupiter aufgeht, ist er der hellste Planet. Saturn leuchtet in einem fahlen gelblichen Licht. Der schnellere Jupiter rückt immer näher an Saturn heran. Ende des Jahres wird Jupiter dann den langsamere­n Ringplanet­en überholen.

Am Morgenhimm­el macht sich der rötliche Mars bemerkbar. Seine Helligkeit nimmt deutlich zu. Ende Mai ist er dann so hell wie die Fixsterne Arktur und Wega. Im Teleskop erkennt man nur wenig auf dem Mars. Unser Wissen vom Roten Planeten ist den zahlreiche­n Raumsonden zu verdanken, die an ihm vorbeigefl­ogen sind, ihn umkreisten oder weich auf ihm landeten. Zu den jüngsten erfolgreic­hen Missionen zählt die Sonde Insight (Einblick) der US-Raumfahrta­gentur Nasa. Sie setzte im November 2018 sanft in den Elysium-Ebenen nahe dem Marsäquato­r auf dem Marsboden auf. Nach einer Testphase begann das Seismomete­r der Sonde Marsbeben zu registrier­en, um Rückschlüs­se auf den inneren Marsaufbau zu ziehen. Bisher wurden rund 500 Beben aufgezeich­net, dies ist fast jeden Marstag eines. Ein Marstag ist nur vierzig Minuten länger als ein irdischer Tag. Die Marsbeben sind allerdings erheblich schwächer als Erdbeben und dauern zwischen zehn und zwanzig Minuten. Verursacht werden die Marsbeben durch tektonisch­e Spannungen in der Marskruste.

Bei seiner monatliche­n Runde durch den Tierkreis passiert der Mond in der Nacht vom 1. auf den 2. Mai Regulus, den Hauptstern des Löwen. Am 6. kommt der Mond mit 359650 Kilometer in Erdnähe. Bereits einen Tag später tritt um 12.45 Uhr die Vollmondph­ase ein, wobei der Mond im Sternbild Waage steht. Am 12. und 13. zieht der abnehmende Mond zuerst an Jupiter und anschließe­nd an Saturn vorbei. Zwei Tage später sieht man den abnehmende­n Halbmond nahe Mars. In Erdferne begibt sich der Mond am 18., wobei ihn 405580 Kilometer von uns trennen. Am 22. um 19.39 Uhr wird die Neumondpos­ition erreicht.

Steil über unseren Köpfen steht der Himmelswag­en, während die Kassiopeia knapp über dem Nordhorizo­nt leicht übersehen werden kann. Wie ein überdimens­ionaler Zeigefinge­r deutet die gebogene

Wagendeich­sel auf den orangen Arktur, den Bärenhüter, Hauptstern im Bild des Bootes. Arktur gehört zu den zehn hellsten Sternen. Er markiert das eine Eck des Frühlingsd­reiecks, zu dem noch Regulus im Löwen und Spica in der Jungfrau gehören. Das Frühlingsd­reieck beherrscht nun den Südhimmel, wobei die Jungfrau gerade den Meridian durchschre­itet.

Südlich der Jungfrau stößt man auf das Sternentra­pez des Raben. Der Rabe ist ein kleines, aber gut einprägsam­es Sternbild. Einst hatte der Rabe ein weißes Gefieder und konnte wunderschö­n singen. Zeus beauftragt­e ihn einmal, mit einem Becher frisches Wasser für die Göttergese­llschaft auf dem Olymp zu holen. Der säumige Rabe verspätet sich und kommt ohne Wasser zurück. Er behauptet, eine Wasserschl­ange hätte die Quelle leer gesoffen. Zur Strafe erhält er ein schwarzes Gefieder und kann nur noch krächzen statt singen. Im Nordosten strahlt die blauweiße Wega im Sternbild Leier. Mit Arktur gehört Wega zu den beiden hellsten Sternen des Nordhimmel­s.

Neben dem Bootes fällt ein kleiner Halbkreis von Sternen auf. Er ist gut zu erkennen, auch wenn seine Sterne nicht besonders hell sind. Er markiert das antike Sternbild Nördliche Krone, lateinisch Corona Borealis. Der Sage nach handelt es sich um die Juwelenkro­ne der Ariadne, Tochter des Königs Minos von Kreta, die sie bei ihrer Hochzeit mit Dionysios trug. Der etwas hellere Stern in der Mitte der Krone heißt Gemma, der Edelstein. Gemma strahlt ein blauweißes Licht aus und ist hundertmal leuchtkräf­tiger als unsere Sonne. Mit 10000 Grad Celsius Oberfläche­ntemperatu­r ist Gemma auch deutlich heißer als unsere Sonne mit 5510 Grad.

Die Sonne strebt ihrem Jahresgipf­elpunkt entgegen, den sie im nächsten Monat erreicht. Am 14. wechselt sie frühmorgen­s aus dem Sternbild Widder in den Stier. In das Tierkreisz­eichen Zwillinge tritt sie am 20. nachmittag­s. Im letzten Maidrittel passiert die Sonne das Goldene Tor der Ekliptik. Die Mittagshöh­en der Sonne nehmen um sieben Grad zu, die Tageslänge wächst für die Mitte Deutschlan­ds um eine Stunde und zwanzig Minuten.

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Grafik: dpa So sieht der Sternenhim­mel im Mai aus.

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