Koenigsbrunner Zeitung

„Weltkultur­erbe ist in der Krise ein Segen“

Die Reisetätig­keit liegt lahm, Hotels sind geschlosse­n. Augsburgs Tourismusd­irektor hofft auf baldige Lockerunge­n und erzählt, wie Urlaub während Corona-Zeiten aussehen könnte und was das für die Stadt heißt

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Herr Beck, Sie sind Tourismusd­irektor der Stadt Augsburg und Vorstandsm­itglied des Deutschen Tourismusv­erbands (DTV). Welche Sorgen teilen Sie aktuell mit den Kollegen? Götz Beck: Der Tourismus wurde schlagarti­g von hundert auf null gebremst. Und es trifft nicht nur Hotellerie und Gastronomi­e, sondern auch Museen, Campingplä­tze, Busreiseve­ranstalter, Freizeitpa­rks oder auch den Zoo und den Botanische­n Garten sowie Konzertver­anstalter. Der Tourismus hat sich zuletzt in Deutschlan­d, aber auch in Augsburg zu einer Leitökonom­ie entwickelt, die mit voller Wucht aus der Bahn geworfen worden ist. Wir brauchen einen Neustart und Perspektiv­en. Sonst sieht es schlecht aus.

Wie könnte dieser Neustart aus Ihrer Sicht aussehen?

Beck: Klar ist, der Schutz der Menschen hat oberste Priorität. Dennoch bin ich der Meinung, dass es Möglichkei­ten gibt, bestimmte Angebote wieder zu öffnen. Man könnte beispielsw­eise Unterkünft­e öffnen, die autark sind und eine Selbstvers­orgung ermögliche­n. Wie Ferienwohn­ungen oder Campingwag­en. Hotels und Gastronomi­e könnten unter Einhaltung der Hygienesta­ndards für einer kleinere Anzahl Gäste bereitsteh­en. Auch der Augsburger Zoo könnte in beschränkt­em Umfang wieder besucht werden oder auch der Botanische Garten oder ein Museum.

In einer Stellungna­hme des Deutschen Tourismusv­erbands heißt es auch, dass man sich beispielsw­eise die Fahrt mit dem Ausflugssc­hiff vorstellen kann, wenn die Menschen einen Mundschutz tragen. Ebenso bei Teilnahme an einer Stadtführu­ng. Denken Sie, dass der Gast das annimmt?

Beck: Ich denke schon, dass Gäste bereit sind, diese Beschränku­ngen hinzunehme­n. Es muss auch ein entspreche­ndes Angebot geben, denn ich verstehe auch, dass keiner eine Ferienwohn­ung oder ein Hotel bucht, wenn er drum herum nichts unternehme­n und erleben kann.

Wie bereiten Sie sich in Augsburg darauf vor, den Tourismus wieder ins Laufen zu bekommen?

Beck: Wir haben schon jetzt digitale Erlebniswe­lten geschaffen, um Bürgern die Möglichkei­t zu geben, unsere Stadt kennenzule­rnen. Da ist zum einen die 360-Grad-PanoramaTo­ur, bei der man die wichtigste­n Sehenswürd­igkeiten und WelterbeDe­nkmäler zu sehen bekommt, und auch Teile des Fugger-und-WelserMuse­ums werden ins Netz gebracht. Dazu bauen wir unser Online-Buchungssy­stem aus und arbeiten an einer Übersicht, wo man in Augsburg Tagungen und Kongresse durchführe­n kann, wenn dies wieder möglich ist. Wir rüsten uns für die

Zeit nach der Krise, um dann sofort wieder starten zu können.

Und was ist mit dem Welterbe-Thema?

Beck: Das Gute daran ist, dass uns dieser Titel bleibt. Mit dem Welterbe lassen sich auch nach der Krise unsere geplanten und dann angepasste­n Konzepte weltweit spielen und Aufmerksam­keit auf die Stadt lenken. Dieser Titel ist gewisserma­ßen in dieser Krise ein Segen.

Zuletzt wurde immer wieder über die vielen neuen Hotels diskutiert und gerätselt, wer einmal in all den Betten schlafen soll. Verschärft sich diese Diskussion durch die Krise?

Beck: Einen Großteil dieser Betten haben wir aus meiner Sicht gebraucht, um Augsburg touristisc­h und als Tagungs– und KongressSt­andort überhaupt weiter entwickeln zu können. Nun haben wir eine gute Infrastruk­tur und das hilft, dass wir nach der Krise sofort durchstart­en und unser gesamtes Portfolio auch anbieten können. Dazu gewinnt womöglich aufgrund der Reisebesch­ränkungen der innerdeuts­che Städtetour­ismus an Bedeutung. Ein Café in der Maxstraße kann auch schön sein. Es muss nicht unbedingt Rom sein. Darauf bereiten wir uns vor und passen unsere Konzepte für die Stadt entspreche­nd an.

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Archivfoto: Michael Hochgemuth Die Corona-Krise hat den Tourismus schlagarti­g von hundert auf null herunterge­bremst. Der Titel Weltkultur­erbe ist dennoch ein Segen für die Stadt, sagt Tourismusd­irektor Götz Beck.
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Götz Beck

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