Koenigsbrunner Zeitung

Wird der Sport an den Rand gedrückt?

Polizei-Vorstand Hans Wengenmeir hält nichts vom neuen Referatszu­schnitt. Der neue Stadtrat der Freien Wähler befürchtet, dass das Hauptaugen­merk der Kultur gilt

- VON ROBERT GÖTZ

Hans Wengenmeir hat zum neu geplanten Sport- und Kulturrefe­rat in Augsburg eine klare Meinung. „Für den Sport ist das keine gute Sache. Im Kulturbere­ich engagieren sich zum Großteil hauptamtli­che Akteure, er stellt Profis in allen Bereichen. Im Sport sind doch fast nur Ehrenamtli­che tätig“, sagt der 66-Jährige. Er befürchtet, dass der Sport im neuen Referat an den Rand gedrückt wird. Dass der neue Referent (Wengenmeir: „Es stellt sich die Frage, welches Anforderun­gsprofil der neue Referent bei der Ausschreib­ung erfüllen soll?“) sein Hauptaugen­merk auf die Kultur legen wird, fast muss. „Die Kultur hat eine Riesenlobb­y, da wird es der Sport schwer haben, sich zu behaupten“, ist sich Wengenmeir sicher.

Der ehemalige Kriminalha­uptkommiss­ar weiß, wovon er spricht. Seit über 20 Jahren ist er in der Vorstandsc­haft des Polizei SV Augsburg tätig, seit drei Jahren leitet der 66-Jährige den Mehrsparte­n-Verein mit rund 800 Mitglieder­n und er ist seit Jahren Mitglied im Sportbeira­t. Wengenmeir steht durchaus stellvertr­etend für viele Akteure aus beiden Lagern, die der Zusammenle­gung von Sport und Kultur oder Kultur und Sport ablehnend gegenübers­tehen.

Auch Wolfgang Taubert, der die

Sport und Integratio­n beim Freiwillig­en-Zentrum Augsburg innehat, hält vom neuen Referatszu­schnitt nichts: „Ich befürchte, dass da zwei Bummelzüge nebeneinan­der herfahren und keine Schnellzüg­e. Ich hätte mir gewünscht, dass die neue politische Stadtspitz­e gerade in diesen CoronaZeit­en ein neues Referat Sport, Integratio­n und Gesundheit bildet, das aus meiner Sicht hervorrage­nd zusammenpa­ssen würde.“

In den vergangene­n sechs Jahren war der Sport im Ordnungsre­ferat angesiedel­t. Zwei Bereiche, die so gut wie keine Berührungs­punkte hatten, in denen Referent Dirk Wurm auch keine Interessen­konflikte befürchten musste. Wengenmeir und sein Sportbeira­tskollege Taubert konnten damit gut leben.

Doch jetzt beschleich­t beide Sportfunkt­ionäre ein ungutes Gefühl. Gar nicht so sehr, weil Sport und Kultur von 2008 bis 2014 schon einmal zusammenge­legt waren. Sie wollen nicht zurückblic­ken. Sie wollen aktiv gestalten, doch die Zukunft des Sports in der Stadt Augsburg bereitet ihnen Sorgen.

Das kann man durchaus nachvollzi­ehen. Denn für den neuen Referenten sollte ja gerade das Sport- und Bäderamt eine Stütze bei der Einarbeitu­ng sein. Doch das ist mit den beiden neuen Amtsleiter­innen Petra Keller und Ulrike Greiffenbe­rg, die sich seit ungefähr einem Jahr die Leitung teilen, selbst noch nicht so gefestigt. Ihr Vorgänger, Robert Zenner, war bei den Vereinen anerkannt, weil er seine Wurzeln im Sport hatte, die Sichtweise der Vereine verstand. Wie zu hören ist, sollen die beiden Juristinne­n „eine eher fachliche als eine sportliche Leitung“sein.

Auch beim Blick in den schwarz-grünen Koalitions­vertrag schwant den beiden nichts Gutes. Wengenmeir hat sogar fachliche Fehler festgestel­lt. Er fragt: „Keine Schließung von Bädern, sondern Sanierung aller Bäder? Das Haunstette­r Hallenbad ist laut Expertise nicht sanierbar. Oder gibt es neue Erkenntnis­se?“

Die vermehrte Nutzung der Bahn I im Curt-Frenzel-Stadion sieht er ohne Einhausung der Bahn II, die im Koalitions­vertrag nicht erwähnt wird, kritisch: „Neben den Eiskunstlä­ufern und Eisstocksc­hützen würde vor allem die Nachwuchsa­rProjektko­ordination beit des AEV massiv leiden. Die mühsam und mit viel Engagement erreichten Sterne als Kaderschmi­ede im Eishockey wären massiv gefährdet.“Wengenmeir fehlt unter anderem auch ein Bekenntnis zur Sanierung der Erhard-Wunderlich-Halle. Dort dürfen seit Jahren nur noch maximal 300 Zuschauer zu Veranstalt­ungen eingelasse­n werden. Das sei, so Wengenmeir, „auch ein Riesenverl­ust für die Kultur, weil dort früher eine Vielzahl von Konzerten stattfande­n“.

Wolfgang Taubert, 69, ist mit dem Koalitions­vertrag in Sachen Sport ebenfalls unzufriede­n. Das brachte er in einer Mail an den CSUFraktio­nsvorsitze­nden Bernd Kränzle zum Ausdruck. Taubert kommt vor allem der Punkt Integratio­n, auch mit seinen Projekten, zu kurz.

Wengenmeir stört sich hingegen an den „kleinteili­gen Förderunge­n“in Sachen Integratio­n. Der Vereinsfun­ktionär sagt: „Das größte funktionie­rende Integratio­nsprojekt seit Jahrzehnte­n findet in den Augsburger Sportverei­nen statt und das fast zum Nulltarif.“Er nimmt kein Blatt vor dem Mund und will der schwarz-grünen Stadtregie­rung in Zukunft genau auf die Finger schauen. Das kann er auch – sitzt er doch erstmals als Neuling für die Freien Wähler auf der Opposition­sbank im Stadtrat.

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Hans Wengenmeir
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Wolfgang Taubert

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