Geld vom Staat gegen harte Treffer
Selbstständige können während Corona Soforthilfe beantragen. Auch manche Sportler hoffen darauf – wie Boxerin Tina Rupprecht
So einen Gegner hatte Tina Rupprecht noch nie. Statt gegen Catalina Diaz oder Maricela Quintero geht es für die Augsburgerin nun gegen Corona. Dabei darf sie im Moment gar nicht in den Ring steigen. Rupprecht trägt ihre Kämpfe gerade am Schreibtisch aus.
Seit drei Jahren hält die 27-Jährige den Weltmeistertitel des Boxverbandes WBC im Minimumgewicht, doch an eine Titelverteidigung ist aktuell nicht zu denken. Sportstätten sind aufgrund der Corona-Pandemie weitgehend geschlossen. Kämpfe stehen keine an. Für Rupprecht
heißt das: Ihr brechen Einnahmen weg. Deshalb hat sie eine Finanzspritze vom Staat beantragt. Der hatte kurz nach Bekanntgabe der Schutzmaßnahmen während der Pandemie eine Soforthilfe eingerichtet. Das Versprechen: Selbstständige, deren Einnahmen derart geschrumpft sind, dass sie ihre Verbindlichkeiten nicht begleichen können, erhalten eine Einmalzahlung. Ihre Höhe ist abhängig von der Größe ihres Betriebes, maximal 9000 Euro sind bei bis zu fünf Beschäftigten drin. Und es war angekündigt, die Anträge schnell und unbürokratisch abzuhandeln. Eine genauere Prüfung folge erst später.
Doch jetzt zeigt sich: Der Plan funktioniert nicht so wie erhofft.
Laut einer Umfrage des Gewerbeverbands bayerischer Selbstständiger war die Soforthilfe drei Wochen, nachdem sie eingeführt worden war, erst bei fünf Prozent der Antragssteller angekommen. Und auch Boxerin Rupprecht wartet noch auf das Geld – oder zumindest eine Antwort auf ihren Antrag, den sie vor fünf Wochen gestellt hat.
„Bei uns im Haus sind zigtausend Anträge eingegangen. Gerade in der Anfangsphase wurden wir schlichtweg überrollt“, sagt ein Sprecher der Regierung von Schwaben. Er appelliert an die Geduld der Betriebe – die viele nicht haben. Er verweist darauf, dass manche Anträge nicht vollständig ausgefüllt seien – was zusätzlichen Aufwand verursache.
Einen großen Teil ihres Einkommens erzielt Rupprecht mit den Einnahmen aus ihren Boxkämpfen oder Preisgeldern. Dass diese nun ausbleiben, treffe sie erheblich, wie sie sagt – auch wenn ihre Sponsoren ihr die Treue halten. Im Mai hätte sie einen Kampf gehabt, doch der wurde abgesagt. Ihr Training setzt sie aber fort, hat laufende Kosten etwa für Equipment oder Trainer.
Selbstständige wie Rupprecht sind unter den Spitzensportlern eher selten. Die meisten haben eine Anstellung. Sie stehen etwa bei einem Verein unter Vertrag, sind als Polizisten oder Soldaten für den Leistungssport freigestellt. Anders als Rupprecht erhalten sie ein Gehalt. Die sagt deshalb: „Das Geld wäre wirklich nötig.“
Ein Bericht des Online-Portals swimsportnews.de legt nahe, dass zahlreiche selbstständige Profisportler gar nicht wissen, dass sie für die Soforthilfen infrage kommen können. Demnach reagierten viele auf Nachfrage von der Möglichkeit überrascht, zudem seien die Sportler von ihren Verbänden nicht informiert worden.
Rupprecht muss indes nicht nur auf die Hilfszahlungen warten. Auch ihr nächster Kampf steht noch in den Sternen. Selbst wenn Sportstätten wieder öffnen – Großveranstaltungen bleiben weiter verboten. Und machbar seien Kampfabende nur mit Zuschauern in der Halle, so Rupprecht. Kämpfe ohne Publikum könne sie sich nicht vorstellen. „Wie soll das gehen?“, fragt sie. „Das kann man nicht finanzieren.“