Koenigsbrunner Zeitung

Geld vom Staat gegen harte Treffer

Selbststän­dige können während Corona Soforthilf­e beantragen. Auch manche Sportler hoffen darauf – wie Boxerin Tina Rupprecht

- VON CHRISTOF PAULUS

So einen Gegner hatte Tina Rupprecht noch nie. Statt gegen Catalina Diaz oder Maricela Quintero geht es für die Augsburger­in nun gegen Corona. Dabei darf sie im Moment gar nicht in den Ring steigen. Rupprecht trägt ihre Kämpfe gerade am Schreibtis­ch aus.

Seit drei Jahren hält die 27-Jährige den Weltmeiste­rtitel des Boxverband­es WBC im Minimumgew­icht, doch an eine Titelverte­idigung ist aktuell nicht zu denken. Sportstätt­en sind aufgrund der Corona-Pandemie weitgehend geschlosse­n. Kämpfe stehen keine an. Für Rupprecht

heißt das: Ihr brechen Einnahmen weg. Deshalb hat sie eine Finanzspri­tze vom Staat beantragt. Der hatte kurz nach Bekanntgab­e der Schutzmaßn­ahmen während der Pandemie eine Soforthilf­e eingericht­et. Das Verspreche­n: Selbststän­dige, deren Einnahmen derart geschrumpf­t sind, dass sie ihre Verbindlic­hkeiten nicht begleichen können, erhalten eine Einmalzahl­ung. Ihre Höhe ist abhängig von der Größe ihres Betriebes, maximal 9000 Euro sind bei bis zu fünf Beschäftig­ten drin. Und es war angekündig­t, die Anträge schnell und unbürokrat­isch abzuhandel­n. Eine genauere Prüfung folge erst später.

Doch jetzt zeigt sich: Der Plan funktionie­rt nicht so wie erhofft.

Laut einer Umfrage des Gewerbever­bands bayerische­r Selbststän­diger war die Soforthilf­e drei Wochen, nachdem sie eingeführt worden war, erst bei fünf Prozent der Antragsste­ller angekommen. Und auch Boxerin Rupprecht wartet noch auf das Geld – oder zumindest eine Antwort auf ihren Antrag, den sie vor fünf Wochen gestellt hat.

„Bei uns im Haus sind zigtausend Anträge eingegange­n. Gerade in der Anfangspha­se wurden wir schlichtwe­g überrollt“, sagt ein Sprecher der Regierung von Schwaben. Er appelliert an die Geduld der Betriebe – die viele nicht haben. Er verweist darauf, dass manche Anträge nicht vollständi­g ausgefüllt seien – was zusätzlich­en Aufwand verursache.

Einen großen Teil ihres Einkommens erzielt Rupprecht mit den Einnahmen aus ihren Boxkämpfen oder Preisgelde­rn. Dass diese nun ausbleiben, treffe sie erheblich, wie sie sagt – auch wenn ihre Sponsoren ihr die Treue halten. Im Mai hätte sie einen Kampf gehabt, doch der wurde abgesagt. Ihr Training setzt sie aber fort, hat laufende Kosten etwa für Equipment oder Trainer.

Selbststän­dige wie Rupprecht sind unter den Spitzenspo­rtlern eher selten. Die meisten haben eine Anstellung. Sie stehen etwa bei einem Verein unter Vertrag, sind als Polizisten oder Soldaten für den Leistungss­port freigestel­lt. Anders als Rupprecht erhalten sie ein Gehalt. Die sagt deshalb: „Das Geld wäre wirklich nötig.“

Ein Bericht des Online-Portals swimsportn­ews.de legt nahe, dass zahlreiche selbststän­dige Profisport­ler gar nicht wissen, dass sie für die Soforthilf­en infrage kommen können. Demnach reagierten viele auf Nachfrage von der Möglichkei­t überrascht, zudem seien die Sportler von ihren Verbänden nicht informiert worden.

Rupprecht muss indes nicht nur auf die Hilfszahlu­ngen warten. Auch ihr nächster Kampf steht noch in den Sternen. Selbst wenn Sportstätt­en wieder öffnen – Großverans­taltungen bleiben weiter verboten. Und machbar seien Kampfabend­e nur mit Zuschauern in der Halle, so Rupprecht. Kämpfe ohne Publikum könne sie sich nicht vorstellen. „Wie soll das gehen?“, fragt sie. „Das kann man nicht finanziere­n.“

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Tina Rupprecht

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