Wegen Corona: Preise für Wildbret purzeln
Am 1. Mai ist wieder die Jagd auf Rehwild erlaubt. Und rund 3400 Wildschweine sind bereits im Augsburger Land erlegt worden. Doch Gastronomiebetriebe fallen als Abnehmer aus. Wohin mit dem Fleisch?
Landkreis Augsburg Für die Jäger im Augsburger Land war es ein Rekordjahr. „Rund 3400 Wildschweine wurden erlegt“, sagt Hans Fürst von der Jägervereinigung Augsburg. Zwar musste etwa die Hälfte der Tiere entsorgt werden, da die Radioaktivität auch nach mehr als drei Jahrzehnten Tschernobyl bei den Schwarzkitteln immer noch zu hoch ist. Dennoch ist reichlich Wildbret für den Verzehr übrig geblieben. Einziges Problem: Es fehlt an Abnehmern.
„Da die Gastronomiebetriebe geschlossen sind, fallen potenzielle Abnehmer aus“, sagt Hans Fürst. Das habe zur Folge, dass der Preis für ein Kilo Wildschwein teilweise auf bis zu 50 Cent gefallen ist. Ein ganzer Frischling sei bereits für 20 Euro zu bekommen. Verschärft wird die Situation nun zusätzlich, da seit dem 1. Mai die Jagd auf Rehwild wieder erlaubt ist. Und auch hier purzeln die Preise. Ein Kilo ist laut Fürst teilweise für weniger als 7,50 Euro zu bekommen. Profitieren könnten davon nun auch die Bürger im Augsburger Land. Denn: Wildbret ist als Lebensmittel immer beliebter. 84 Prozent halten es nach einer aktuellen Umfrage des Deutschen Jagdverbandes (DJV) für gesund und natürlich. Und ein schmackhaftes Stück Wild auf den Teller zu bekommen ist gar nicht mal so schwierig. Jäger dürfen zwar aus lebensmittelrechtlichen Gründen das Fleisch nicht direkt vermarkten. „Es geht daher nicht, dass jemand nur eine Keule oder ein Stück Filet haben möchte“, sagt Fürst. Wer wild auf Wild ist und es direkt vom Jäger beziehen will, muss das Tier am Stück nehmen. Fürst: „Viele scheuen aber davor zurück, ein Tier, das noch nicht aus der Decke oder ein Schwein, das nicht aus der Schwarte geschlagen ist, zu kaufen.“Gängige Meinung sei zudem, dass ein ganzes Reh oder ein Wildschwein nicht in die Gefriertruhe passt. Doch dem ist nicht so. Forstbetriebsleiter Hubert Droste sieht aufgrund der aktuellen den Mai und Juni als besten Monat, sich einen kleinen Vorrat an Wildbret anzulegen. „An Schwarzwild besteht ein Überangebot, die Jagdsaison auf Rehwild beginnt, und die Lager der Großhändler sind immer noch gut gefüllt“, sagt er. Ist ein Reh erst einmal zerlegt, bleiben lediglich acht Kilogramm Fleisch übrig. „Feinstes Wildbret, das eingefroren ohne Weiteres bis Weihnachten haltbar ist, da es sich um sehr mageres Fleisch handelt.“
Das Gleiche gelte beim Schwarzwild. „Sind erst einmal Kopf und Schwarte weg, bleibt nur noch die Hälfte vom Gewicht übrig“, sagt Fürst. Doch wohin mit Kopf und
Gebeinen beispielsweise eines Keilers, wenn sich ein Städter eine ganze Sau gönnt? Theoretisch könnten laut Fürst die Teile natürlich in der Restmülltonne entsorgt werden. Er und sein Kollege Droste haben aber einen Tipp.
„Wer noch nie ein ganzes Reh oder ein Wildschwein verarbeitet hat, dem hilft der Jäger natürlich gerne beim Zerwirken“, sagt Droste. Von einer Verschiebung der Jagdsaison, wie es einige Großhändler bereits gefordert haben, hält der Zusmarshauser Forstbetriebsleiter jedoch nichts. „40 Prozent der gesamten Jahresstrecke, also der vorgeschriebenen Quote, wird in den kommenden beiden Monaten erPreislage legt“, sagt er. Grund für die hohen Abschusszahlen sei die jahreszeitlich bedingte höhere Aktivität der Tiere. So würden die männlichen Tiere beispielsweise ihre Reviere abstecken, die Tiere seien allgemein jetzt „sichtbarer“. Was jetzt in den kommenden Monaten nicht geschossen werde, sei später im Jahr nicht mehr aufzuholen. Und dies schadet dem Wald.
„Wir befinden uns zurzeit in einer intensiven Phase des Waldumbaus“, sagt Droste. Ein zu starker Verbiss durch das Rehwild würde diesen Umbau zum Mischwald um drei, vier Jahre zurückwerfen.
Damit die Jäger auf ihrem hochwertigen Fleisch nicht sitzen bleiben und es zu Spottpreisen verramschen müssen, fordert der DJV, dass Jäger etwa die Hilfe eines Metzgers in Anspruch nehmen können, um danach die hygienisch einwandfreien Portionen direkt zu vermarkten.
Gerhard Wurm von der Jagdund Naturschule Wertachtal in Langerringen hat dieses Problem glücklicherweise nicht. „Wir bilden rund 30 Jäger jedes Jahr in Kursen aus“, sagt er und freut sich über die steigende Beliebtheit an der Jagd. Doch auch reine Naturliebhaber belegen die Kurse oder Hundebesitzer, die ihr Tier zum Jagdhund ausbilden möchten. Und für die erlegten Tiere hat Wurm schon jetzt Verwendung. „Alles, was bei uns geschossen wird, wird selbstverwertet.“