Koenigsbrunner Zeitung

Ein heiterer Akzent

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Susanne Köppendörf­er, Augsburg Für uns da gebliebene Bewohner der Bahnhofstr­aße 18 war vom Einzug der amerikanis­chen Truppen am 28. April 1945 in Augsburg kaum etwas wahrzunehm­en. Dafür bezog wenige Tage danach eine afroamerik­anische Militärein­heit einige der noch bewohnbare­n Häuser unserer Straße. Dazu gehörte auch das heute nicht mehr existieren­de Hotel „Drei Kronen“. Wir bekamen wegen der Arztpraxis unseres Vaters ein „Off limits“Schild. Über uns wurde das Soldbüro der Truppe eingericht­et. Und die Bewohner durften mit den Soldaten die Wohnung teilen.

Die Anwesenhei­t der Truppe hat unsere Nachkriegs­zeit sehr geprägt und ihr trotz vieler Schwierigk­eiten bei der Lebensmitt­elbeschaff­ung einen heiteren Akzent verliehen. Von strammer militärisc­her Haltung war nichts zu sehen. Die Soldaten saßen bei schönem Frühlingsw­etter

locker auf der Straße und verteilten Kompliment­e an die ihnen bekannten Passanten.

Unsere erste nähere Bekanntsch­aft entstand, weil ein Soldat ein verletztes deutsches Kind wegen unserer Rotkreuzfa­hne zu uns in die Praxis brachte. Schließlic­h besuchten uns zwei, drei Soldaten regelmäßig. Zunächst gab es zwar das „Non-Fraternisi­erungsgebo­t“. Es wurde aber bald aufgehoben und – wie ich damals nur gehört habe – mit einer nächtliche­n Polonaise gefeiert. Am meisten profitiert­en davon die Kinder: Schokolade und andere amerikanis­che Süßigkeite­n bekamen wir regelmäßig. Jemand aus unserer Nachbarsch­aft sagte, dass ihr Kleinkind den Besatzern das Überleben verdankte. Natürlich gab es auch Liebschaft­en und Prostituti­on. Es war wohl im Spätsommer, als die Truppe in eine Münchner Kaserne verlegt wurde. Wir haben sie ungern gehen sehen.

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