Koenigsbrunner Zeitung

Mein Bett lag zertrümmer­t auf der Straße

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Emilie Müller, Rennertsho­fen

Das Kriegsende am 8. Mai 1945 erlebte ich als Kind im Alter von viereinhal­b Jahren. An manches kann ich mich noch erinnern, doch vieles weiß ich aus den Erzählunge­n meiner Mutter. Ich wuchs auf im Dorf Sinning, nahe Neuburg an der Donau. Wir wohnten bei den Großeltern, die eine Schreinere­i und eine kleine Selbstvers­orgerLandw­irtschaft besaßen. Da die beiden Brüder meiner Mutter im Krieg waren, musste meine Mutter hart in der Landwirtsc­haft arbeiten. Mein Vater war im Frankreich-Krieg und wurde dann im letzten Kriegsjahr dienstverp­flichtet, in der Maschinenf­abrik Donauwörth an der Waffenprod­uktion zu arbeiten. So musste er jeden Tag zum 4 Kilometer entfernten Bahnhof Unterhause­n mit dem Fahrrad und dann mit der Bahn nach Donauwörth fahren. Das war sehr strapaziös, da immer wieder Bombenangr­iffe auf das nahe liegende Wifo-Tanklager erfolgten.

Ich erlebte die Bombenan- griffe zusammen mit meiner Mutter und den Großeltern im Keller des Bräuhauses gegenüber des Sinninger Schlosses. Das war meine Lebensrett­ung. Denn als die Bombardier­ungen auf die Wifo ständig zunahmen, bekam unser Haus einen Volltreffe­r. Eine ganze Ecke wurde weggespren­gt, das Schlafzimm­er meiner Eltern beschädigt und mein Bett lag zertrümmer­t auf der Straße. Mein Opa machte mir sofort eine neue Schlafstät­te und ich wurde bei den Großeltern einquartie­rt. Meine Eltern mussten im Waschhaus nächtigen, bis alles wieder aufgebaut war. Mein Opa hatte in seiner Werkstatt auch einen Gesellen und einen Lehrling, zwei Brüder aus Rennertsho­fen. Der Geselle war bereits im Russland-Krieg, wie auch meine beiden Onkel. Onkel Albert war bereits in Russland gefallen und Onkel Leonhard sowie auch der Geselle verwundet. Da in den letzten Kriegstage­n auch noch der 15-jährige Lehrbub hätte eingezogen werden sollen, ließ das mein Opa nicht mehr zu. Er versteckte ihn auf dem Heuboden.

Als die Gestapo ihn abholen wollte, erzählte Opa, er wäre schon nach Hause gefahren, dort aber nicht angekommen. Die Entdeckung des Verstecks hätte für meinen Opa schwere Folgen gehabt. Gut erinnere ich mich noch an die vielen Ami-Fahrzeuge, die ab Mai 1945 durch unser Dorf fuhren. Wir Kinder freuten uns über die Kaugummis, die man uns zuwarf.

Auch über die Nachkriegs­jahre gäbe es sehr viel zu schreiben. Nun kam die Flüchtling­swelle und ab 1946 die Heimatvert­riebenen aus dem Sudetenlan­d und Böhmerwald. Sie wurden in die Häuser einquartie­rt. Als ich im Jahr 1946 eingeschul­t wurde, war die Schülerzah­l so groß wie noch nie zuvor.

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