Koenigsbrunner Zeitung

„Setze mich nicht auf die Trainerban­k“

Interview Basketball-Legende Dirk Nowitzki erzählt über sein erstes Jahr im sportliche­n Ruhestand, sein neues Leben – und die Pläne für die Zukunft

- (dpa)

Dirk Nowitzki, wie geht es Ihnen und Ihrer Familie in diesen Tagen, die weltweit vom Coronaviru­s geprägt sind?

Nowitzki: Uns geht es gut. Natürlich ist die aktuelle Situation belastend für alle. Die Tage verlaufen anders als sonst. Unsere Kinder können aktuell nicht in die Vorschule. Sie können sich nicht mit anderen Kindern auf dem Spielplatz verabreden. Wir bekommen jeden Tag Mails mit Lernübunge­n und was die Kinder zu Hause sich selbst erarbeiten sollen. Wir haben aber auch das Glück, dass wir einen Garten mit Trampolin haben. Du kannst die Kinder nicht stundenlan­g am Tisch halten. Die müssen auch mal durchs Haus toben oder eben in den Garten und meine Frau und ich halt mittendrin.

Wie nehmen Sie die aktuelle Situation in den USA wahr?

Nowitzki: Die Situation in den USA ist sicher nicht überall gleich zu bewerten. In den großen Metropolen New York oder Los Angeles ist die Belastung ganz anders als im Mittleren Westen. Wirtschaft­lich ist die Belastung überall zu spüren. Bei uns hier in Dallas und in ganz Texas gibt es immer noch sehr viele Arbeitsplä­tze im Ölgeschäft sowie sehr viele Hotels und Restaurant­s. Diese Bereiche sind aktuell natürlich doppelt belastet.

Die NBA hat aktuell ihre Saison unterbroch­en. Ist es für Sie vorstellba­r, dass die Spielzeit noch zu Ende gespielt wird?

Nowitzki: Das ist schwer zu sagen. Es werden aktuell ja viele Alternativ­en besprochen. Alle Teams zusammenho­len und die Saison irgendwo komplett durchspiel­en steht genauso im Raum wie im Jahr 2020 gar keine Sportveran­staltungen zuzulassen. Davon sind ja auch alle Sportarten weltweit betroffen. Fußball, Tennis und natürlich auch Basketball.

Wie sieht ein normaler Tag im Leben von Dirk Nowitzki heute aus?

Nowitzki: Ich hatte ja eigentlich geplant, nach der aktiven Karriere mal Abstand zu gewinnen und nicht direkt eine neue Herausford­erung anzunehmen. Ich habe mich gefreut, viel Zeit mit der Familie zu verbringen und viel zu reisen. Das haben wir auch gemacht. Viel Zeit mit Freunden verbringen. Nicht immer an das nächste Training denken oder im Urlaub doch wieder einen Gym suchen und eine Trainingse­inheit machen, um fit zu bleiben. So ganz hat es mit der Ruhe dann aber auch nicht wirklich geklappt. Irgendwie war dann trotzdem superviel los. Ich bin sehr viel geehrt worden. Viele Organisati­onen haben angefragt, ob ich Zeit für sie habe. Das ist immer eine Riesenehre und füllt natürlich auch den Terminkale­nder. Und das sowohl hier in Dallas als auch in Deutschlan­d.

Mit welchen Gefühlen denken Sie heute an Ihr letztes Heimspiel und den Auftritt in San Antonio einen Tag später zurück?

Nowitzki: Das ist ja fast genau ein Jahr her. Hier in Dallas haben sie mein letztes Heimspiel noch einmal im Fernsehen gezeigt und wir haben es mit den Kindern versucht zu sehen. Sie sind ja noch sehr klein und noch in der ersten Halbzeit wurde es irgendwann langweilig. Da waren die Zeichentri­ckserien dann spannender. Für mich war es ein wenig wie erwartet. Meine letzte Saison war ja auch nicht so einfach. Ich habe viel Arbeit in meinen Körper stecken müssen, um überhaupt spielen zu können. Der Spaß leidet natürlich, wenn man nie schmerzfre­i spielen kann, obwohl man einen großen Aufwand treibt, und deswegen ist mir die Entscheidu­ng auch nicht sehr schwergefa­llen, dass Schluss ist am Ende der Saison 2018/2019. Ich war mir aber natürlich auch völlig klar darüber, dass es Momente geben wird, bei denen ich etwas wehmütig werde. Insgesamt bin ich mit meiner Karriere aber natürlich superhappy. So lange bei einem Team spielen zu können und so viel erlebt zu haben, ist schon einzigarti­g.

Sie waren zuletzt auf Einladung des Bundespräs­identen in Kenia, haben das Bundesverd­ienstkreuz erhalten. Welche privaten Wünsche für Ihr erstes Jahr im Ruhestand haben sich erfüllt und welche sind noch offen?

Nowitzki: Der Erhalt des Bundesverd­ienstkreuz­es war schon ein unglaublic­hes Erlebnis. Im Schloss Bellevue diese Auszeichnu­ng zu bekommen mit vielen anderen, die sich alle gesellscha­ftlich engagieren, hat mir sehr gut gefallen. Der Bundespräs­ident hat gewusst, dass meine Frau familiäre Wurzeln in Kenia hat und wir uns mit unserer Foundation dort engagieren. Die Reise war ja nur einige Wochen später, und da habe ich seine Einladung natürlich sehr gerne angenommen. Das war eine tolle Erfahrung, und wir werden sicher zukünftig Projekte in Kenia starten und auch mit der Familie vor Ort sein.

Ihr früherer Teamkolleg­e Maxi Kleber sagte vor wenigen Tagen, dass Sie für ihn „der perfekte Coach“wären – auch wenn Sie dies vermutlich gar nicht anstreben würden. Wie weit sind Ihre Pläne bereits für die weitere Zeit nach der Karriere?

Nowitzki: Ich habe mich da noch nicht festgelegt, aber in der Vergangenh­eit immer gesagt, dass ich mich selbst nicht auf der Trainerban­k sehe. Daran hat sich nicht wirklich etwas geändert. Der Basketball­sport hat mir sehr viel ermöglicht. Ich habe die Welt gesehen und Dinge erlebt, die ich ohne den Sport sicher nicht erlebt hätte. Dabei habe ich eine Menge Erfahrung gesammelt. Natürlich möchte ich da auch zukünftig etwas zurückgebe­n. In welcher Form wird sich zeigen. Wir werden mit der Familie in Dallas bleiben. Die Mavericks sind natürlich eine Option. Ich kann mir vorstellen, mit Spielern zu arbeiten, aber auch in Deutschlan­d würde ich gerne unterstütz­en. Möglichkei­ten gibt es viele, ich freue mich auf das, was vor mir liegt, und eine neue Herausford­erung werde ich sicher auch brauchen, dafür ist der Wettbewerb­shunger einfach viel u groß, dass das jetzt schon alles war.

 ?? Foto: dpa, Bernd von Jutrczenka ?? Dirk Nowitzki und seine Frau Jessica Olsson während des Besuchs eines Elefanten-Waisenhaus­es in Nairobi.
Foto: dpa, Bernd von Jutrczenka Dirk Nowitzki und seine Frau Jessica Olsson während des Besuchs eines Elefanten-Waisenhaus­es in Nairobi.

Newspapers in German

Newspapers from Germany