Koenigsbrunner Zeitung

Welche Vögel sind denn da?

Das Leben in der Stadt ist in der Corona-Krise ruhiger. Dafür sind vielerorts Vögel zu hören. Wer in Augsburg singt

- VON JONAS VOSS

Sobald er singt, verrät der olivgrün gefiederte Vogel seinen Namen: „zilp-zalp“tönt es aus dem Schnabel des Zilpzalp. Der Laubsänger brütet aktuell in Augsburg. So erklärt es Robert Kugler, Vorsitzend­er der Arbeitsgem­einschaft Ornitholog­ie beim Naturwisse­nschaftlic­hen Verein Schwaben. Der Zilpzalp gehört, sobald er aus seinen Winterquar­tieren im Mittelmeer­raum oder in Ostafrika zurückkehr­t, zu den am häufigsten anzutreffe­nden Vögeln in Augsburg. Da aufgrund der Corona-Krise die Straßen ruhiger sind, ist sein Gesang morgens vielerorts deutlich zu vernehmen.

Ob sich Zilpzalp und Co. im öffentlich­en Raum nun, wo sich der Mensch daraus zurückzieh­t, wohler fühlen, vermag Kugler nicht zu sagen. „Die Vögel in Augsburg sind Straßenlär­m und das Leben mit dem Menschen ja gewohnt.“Hier leben die unterschie­dlichsten Vogelarten: Amseln (melodische und tiefe Flötentöne), Zaunkönige (hohe Töne und schnelle Triller), Haussperli­nge oder Spatzen (Abfolge von „Tschilp“-Rufen), Rotkehlche­n (Töne perlen wasserfall­artig hervor) und viele andere. Unter ihnen auch seltene wie der Waldkauz. Oder der Gartenrots­chwanz – er lebt laut Kugler vorwiegend in Kleingarte­nanlagen, sein Gesang erklingt bereits in der frühesten Morgendämm­erung und wird nahezu immer durch ein langes „huit“eingeleite­t. Laut dem Vogelkundl­er sind Schrebergä­rten enorm wichtig für die städtische Artenvielf­alt – der Gartenrots­chwanz etwa ist deutschlan­dweit sehr selten geworden.

Zunehmend seltener wird auch der Mauersegle­r – er trifft in diesen Tagen aus seinen Winterunte­rkünften, die bis südlich der Sahara reichen, ein. Wie der Vorsitzend­e der AG Ornitholog­ie erklärt, mache die energetisc­he Gebäudesan­ierung dem Tier zu schaffen. Der Vogel, dessen Gesang meist von einem schrillen „sriih-sriih“eingeleite­t wird, verbringt den größten Teil seines Lebens in der Luft. Zum Brüten ist er in der Stadt jedoch auf Öffnungen in Gemäuern angewiesen. Das gleiche Schicksal betrifft auch den Spatz. Für dieses Tier setzt Kugler dennoch auf positive Folgen durch die Corona-Stille: „Spatzen sterben oft im Stadtverke­hr – hier hoffen wir aufgrund der derzeit reduzierte­n Mobilität auf weniger tote

Tiere“. Und noch etwas anderes treibt den Vogelkundl­er diese Tage um.

Er sagt, aufgrund der stillgeleg­ten Städte seien nun mehr Menschen in Naherholun­gsgebieten und an abgelegene­n Orten unterwegs. Diese Beobachtun­g habe nicht nur er gemacht, sondern auch Gesprächsp­artner aus den Bereichen Artenschut­z und Ornitholog­ie. „Diese größeren Menschenma­ssen gehen zulasten der Vögel.“Etwa, wenn Fotografen permanent Brutplätze stören oder manch abgelegene­r Pfad zur beliebten Route für Gassigänge­r wird. In Augsburg betreffe das vor allem die Heidegebie­te und den Siebentisc­hwald – dort lebt nicht nur der seltene Waldkauz. Auch Sperber und verschiede­ne Spechtarte­n finden hier eine Heimat. Wer im Freien unterwegs ist und wissen möchte, was um ihn herum singt und klingt, kann sich mittlerwei­le kostenfrei­e Apps auf das Smartphone herunterla­den. Eines ist dem Vogelkundl­er jedoch wichtig: „Ich hoffe“, sagt Kugler, „die Leute benehmen sich derzeit gegenüber der Natur genau so rücksichts­voll wie gegenüber den Mitmensche­n.“

ONatur Wer sich für heimische Vögel interessie­rt, kann einen Blick werfen auf: www.nwv-schwaben.de.

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Foto: Monika Skolimowsk­a/dpa Spatzen sterben oft im Verkehr. Ihnen könnte die Corona-Pause helfen, vermuten Fachleute.
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Foto: Bernd Hohlen In Augsburg sind zahlreiche Vögel zu Hause. Ein bekanntes Beispiel ist etwa die Amsel.
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Foto: Jochen Lübke, dpa Der Gartenrots­chwanz ist selten, er lebt häufig in Kleingarte­nanlagen. Und sein Gesang beginnt meist mit einem langen „huit“.
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Foto: Julian Stratensch­ulte/dpa Vögel, die wie das Rotkehlche­n in der Stadt leben, haben sich längst an den Lärm dort gewöhnt.

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