Koenigsbrunner Zeitung

Seehofer gerät im Grenz-Streit unter Druck

Liberale und Grüne fordern schnelle Öffnungen – und auch die SPD murrt

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Wann sollen die wegen der Corona-Pandemie geschlosse­nen innereurop­äischen Grenzen wieder aufmachen? Um diese Frage tobt ein heftiger politische­r Streit, seit Bundesinne­nminister Horst Seehofer Hoffnungen auf eine baldige Öffnung eine Absage erteilt und die Corona-Grenzkontr­ollen bis 15. Mai verlängert hat. Massive Kritik an dem CSU-Politiker kommt aus der Opposition. Und auch der Koalitions­partner SPD drängt auf rasche Öffnungen. Parteichef Norbert Walter-Borjans sagte unserer Redaktion: „Der durch Corona erzwungene Rückfall in alte Zeiten mit trennenden Grenzen ist ein besonders belastende­s Symbol, das wir so schnell wie möglich überwinden müssen. Dieses Ziel werden wir aber schneller erreichen, wenn wir abgestimmt mit unseren Nachbarn die nächsten Schritte planen und an einem Strang ziehen.“

Walter-Borjans warnte vor Alleingäng­en, diese könnten zu herben Rückschläg­en im Kampf gegen das Coronaviru­s führen. Nötig sei eine grenzüberg­reifende Abstimmung im europäisch­en Raum. Lockerunge­n beim Grenzverke­hr an europäisch­en Binnengren­zen seien zudem keine Länderange­legenheit.

Seehofer hatte sich zuvor gegen eine rasche Wiederaufn­ahme von Reisen zwischen Deutschlan­d und Österreich ausgesproc­hen. Der CSU-Politiker warnte vor „leichtsinn­igen Öffnungen, die später in Gestalt erhöhter Ansteckung­szahlen zurückschl­agen“. Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz hatte gesagt, er könne sich eine Öffnung der Grenze zu Deutschlan­d „in absehbarer Zeit“vorstellen. Auch in anderen europäisch­en Ländern, etwa Tschechien, wird über Grenzöffnu­ngen diskutiert. Zudem hatten zahlreiche deutsche Politiker aus grenznahen Regionen Seehofer zu einer baldigen Lockerung gedrängt. Eine erste Verständig­ung gab es am Montagaben­d zwischen Seehofer und Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU). Sie einigten sich auf eine schrittwei­se Öffnung der Grenze zu Dänemark ab 15. Mai. „Wir haben heute telefonier­t und verabredet, einen konkreten Fahrplan zu entwickeln.“

Kräftig bläst Seehofer nun der Wind aus der Opposition ins Gesicht. So sagte Franziska Brantner, europapoli­tische Sprecherin der Grünen: „Wir brauchen jetzt einen Fahrplan zur Öffnung der Binnengren­zen. Die Personenfr­eizügigkei­t ist essenziell für die EU und ihre Zukunft und darf nicht willkürlic­h durch Seehofer ausgesetzt bleiben.“Europäer seien eben nicht nur Arbeitskrä­fte, so Brantner, „sondern Menschen, die gerade in Grenzregio­nen europäisch leben und auch lieben“. In den Grenzregio­nen brauche es dringend Erleichter­ungen für die Betroffene­n. „Seehofers willkürlic­he Politik“müsse ein Ende haben.

Hart ins Gericht mit Seehofer geht auch der stellvertr­etende FDPChef Wolfgang Kubicki. Unserer Redaktion sagte er: „Der Bundesinne­nminister sollte häufiger auf die Internetse­ite seines Ministeriu­ms schauen. Dort kann man nämlich nachlesen, dass auch die Bundesrepu­blik Deutschlan­d die europäisch­e Freizügigk­eit gewährleis­ten muss.“Wenn die innerdeuts­che Freizügigk­eit gelte, müsse aus rechtliche­n Gründen die europäisch­e Freizügigk­eit gewährt werden. „Auch Horst Seehofer dürfte an die Rechtslage gebunden sein“, stichelt Kubicki.

Ein Sprecher Seehofers verteidigt­e die Verlängeru­ng der Grenzkontr­ollen, diese seien mit den Ministerpr­äsidenten der betroffene­n Bundesländ­er abgesproch­en gewesen.

Einer der deutschen Sehnsuchts­orte ist im Moment der Gardasee. Lesen Sie dazu auch die

Öffnung der Grenze zu Dänemark ab 15. Mai

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