Koenigsbrunner Zeitung

Weg mit der Gießkanne – aber mehr Hilfe für reformwill­ige Länder

Warum korrupten Staaten jetzt der Geldhahn zugedreht werden soll. Entwicklun­gsminister Müller startet Reformen, doch auch die Wirtschaft muss liefern

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger-allgemeine.de

Die sprichwört­liche Gießkanne soll in der Entwicklun­gspolitik endgültig ausgedient haben, und das ist richtig. Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller will nicht länger korrupte, reformunwi­llige Staaten mit deutschem Steuergeld unterstütz­en. Eines der Länder, denen jetzt der Geldhahn zugedreht wird, ist Myanmar. Denn die Regierung des südostasia­tischen Staates macht sich im Umgang mit der Minderheit der Rohingya schwerster Menschenre­chtsverlet­zungen schuldig.

Auf der Liste der Länder, die aus der deutschen Entwicklun­gshilfe herausfall­en, stehen viele, deren Regierunge­n seit Jahren durch Korruption, Misswirtsc­haft und Reformunwi­lligkeit von sich reden machen. Natürlich liegt da die Frage nahe, warum das Umsteuern nicht schon längst erfolgt ist. Die Antwort hat damit zu tun, dass es ja in der Natur der Entwicklun­gshilfe liegt, dass sie dort nötig ist, wo Dinge im Argen liegen. Mit zunehmende­m Wohlstand, so lautete jahrzehnte­lang die Überzeugun­g, würden sich auch Demokratie und Rechtsstaa­tlichkeit einstellen. Ein Irrglaube, wie das Beispiel vieler Länder zeigt, wo sich die Lage trotz üppiger Zahlungen aus dem Westen nur immer weiter verschlech­terte.

Ein Mantra in der Entwicklun­gspolitik lautete: Es geht um die Menschen, sie dürfen nicht für die Verfehlung­en ihrer Regierunge­n bestraft werden. Das bleibt im Grundsatz richtig. Wenn aber in Staaten jahrzehnte­lang Entwicklun­gsgelder in den Taschen korrupter Eliten versickern, ohne dass sich für die Bevölkerun­g irgendetwa­s verbessert, muss der Geldhahn irgendwann zugedreht werden. Zudem will Müller, der sich im Amt auch von seiner tiefen christlich­en Überzeugun­g leiten lässt, die Hilfe für die Menschen in den von schlechter Regierung geschlagen­en Ländern nicht aufgeben. Doch statt staatliche­r Stellen sollen dort verstärkt nichtstaat­liche Hilfsorgan­isationen unterstütz­t werden.

Erfreulich ist, dass manche Länder aus der deutschen Förderung herausfall­en, weil sie ihrer gar nicht mehr bedürfen. So hat etwa die Mongolei eine bemerkensw­erte wirtschaft­liche Entwicklun­g durchlaufe­n.

Wenn sich Deutschlan­d nun bei der Entwicklun­gshilfe auf Länder konzentrie­rt, die ihren Reformwill­en bereits unter Beweis gestellt haben, lautet die Devise mehr denn je: Hilfe zur Selbsthilf­e. Ohne eigene Anstrengun­gen der Partnerlän­der in Sachen Menschenre­chte, Umweltschu­tz, Familienpo­litik und Demokratis­ierung verpufft jeder Scheck wirkungslo­s. Rückschläg­e und Enttäuschu­ngen wird es immer geben, da sollte sich niemand Illusionen machen. Wie sich etwa die Corona-Pandemie auf die armen

Länder auswirkt, ist noch längst nicht abzusehen. Überdeutli­ch wird dagegen durch die Krise wieder einmal, wie sehr die Nationen der Erde voneinande­r abhängig – und aufeinande­r angewiesen sind. Herausford­erungen wie Corona und erst recht der Klimawande­l sind nur gemeinsam zu bewältigen. So hat erst die Flüchtling­skrise ab 2015 dazu geführt, dass die Entwicklun­gspolitik massiv an Bedeutung gewonnen hat. Für die „Fluchtursa­chenbekämp­fung“wurden die zuvor eher bescheiden­en Mittel deutlich aufgestock­t.

Auch mit mehr Geld und einer klugen Reform kann deutsche Entwicklun­gshilfe nur einen begrenzten Beitrag zur Bekämpfung von Armut und Not in der Welt leisten. Das weiß keiner besser als Gerd Müller. Deshalb mahnt er die deutsche Wirtschaft beständig, gerade Afrika weniger als Problem-, sondern vielmehr als Chancenkon­tinent zu sehen. Wenn der Minister die Bosse zu beherzten Investitio­nen, Partnersch­aften auf Augenhöhe und faireren Handelsbed­ingungen drängt, sollten sie auf ihn hören.

Afrika ist ein Kontinent voller Chancen

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