Weg mit der Gießkanne – aber mehr Hilfe für reformwillige Länder
Warum korrupten Staaten jetzt der Geldhahn zugedreht werden soll. Entwicklungsminister Müller startet Reformen, doch auch die Wirtschaft muss liefern
Die sprichwörtliche Gießkanne soll in der Entwicklungspolitik endgültig ausgedient haben, und das ist richtig. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller will nicht länger korrupte, reformunwillige Staaten mit deutschem Steuergeld unterstützen. Eines der Länder, denen jetzt der Geldhahn zugedreht wird, ist Myanmar. Denn die Regierung des südostasiatischen Staates macht sich im Umgang mit der Minderheit der Rohingya schwerster Menschenrechtsverletzungen schuldig.
Auf der Liste der Länder, die aus der deutschen Entwicklungshilfe herausfallen, stehen viele, deren Regierungen seit Jahren durch Korruption, Misswirtschaft und Reformunwilligkeit von sich reden machen. Natürlich liegt da die Frage nahe, warum das Umsteuern nicht schon längst erfolgt ist. Die Antwort hat damit zu tun, dass es ja in der Natur der Entwicklungshilfe liegt, dass sie dort nötig ist, wo Dinge im Argen liegen. Mit zunehmendem Wohlstand, so lautete jahrzehntelang die Überzeugung, würden sich auch Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einstellen. Ein Irrglaube, wie das Beispiel vieler Länder zeigt, wo sich die Lage trotz üppiger Zahlungen aus dem Westen nur immer weiter verschlechterte.
Ein Mantra in der Entwicklungspolitik lautete: Es geht um die Menschen, sie dürfen nicht für die Verfehlungen ihrer Regierungen bestraft werden. Das bleibt im Grundsatz richtig. Wenn aber in Staaten jahrzehntelang Entwicklungsgelder in den Taschen korrupter Eliten versickern, ohne dass sich für die Bevölkerung irgendetwas verbessert, muss der Geldhahn irgendwann zugedreht werden. Zudem will Müller, der sich im Amt auch von seiner tiefen christlichen Überzeugung leiten lässt, die Hilfe für die Menschen in den von schlechter Regierung geschlagenen Ländern nicht aufgeben. Doch statt staatlicher Stellen sollen dort verstärkt nichtstaatliche Hilfsorganisationen unterstützt werden.
Erfreulich ist, dass manche Länder aus der deutschen Förderung herausfallen, weil sie ihrer gar nicht mehr bedürfen. So hat etwa die Mongolei eine bemerkenswerte wirtschaftliche Entwicklung durchlaufen.
Wenn sich Deutschland nun bei der Entwicklungshilfe auf Länder konzentriert, die ihren Reformwillen bereits unter Beweis gestellt haben, lautet die Devise mehr denn je: Hilfe zur Selbsthilfe. Ohne eigene Anstrengungen der Partnerländer in Sachen Menschenrechte, Umweltschutz, Familienpolitik und Demokratisierung verpufft jeder Scheck wirkungslos. Rückschläge und Enttäuschungen wird es immer geben, da sollte sich niemand Illusionen machen. Wie sich etwa die Corona-Pandemie auf die armen
Länder auswirkt, ist noch längst nicht abzusehen. Überdeutlich wird dagegen durch die Krise wieder einmal, wie sehr die Nationen der Erde voneinander abhängig – und aufeinander angewiesen sind. Herausforderungen wie Corona und erst recht der Klimawandel sind nur gemeinsam zu bewältigen. So hat erst die Flüchtlingskrise ab 2015 dazu geführt, dass die Entwicklungspolitik massiv an Bedeutung gewonnen hat. Für die „Fluchtursachenbekämpfung“wurden die zuvor eher bescheidenen Mittel deutlich aufgestockt.
Auch mit mehr Geld und einer klugen Reform kann deutsche Entwicklungshilfe nur einen begrenzten Beitrag zur Bekämpfung von Armut und Not in der Welt leisten. Das weiß keiner besser als Gerd Müller. Deshalb mahnt er die deutsche Wirtschaft beständig, gerade Afrika weniger als Problem-, sondern vielmehr als Chancenkontinent zu sehen. Wenn der Minister die Bosse zu beherzten Investitionen, Partnerschaften auf Augenhöhe und faireren Handelsbedingungen drängt, sollten sie auf ihn hören.
Afrika ist ein Kontinent voller Chancen