Koenigsbrunner Zeitung

Wird Erhöhung des Rundfunkbe­itrags verschoben?

Ab Januar soll jeder Haushalt 86 Cent im Monat mehr für ARD, ZDF und Deutschlan­dradio zahlen müssen. Vor allem Sachsen-Anhalt hat erhebliche Bedenken. Doch Widerstand gibt es inzwischen auch aus den Reihen der CSU

- VON DANIEL WIRSCHING

München Nachdem die Ministerpr­äsidenten Mitte März die Erhöhung des Rundfunkbe­itrags um 86 Cent monatlich beschlosse­n hatten, ist nun eine neue Debatte darüber entbrannt. In der Bild forderte der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der CSU-Landesgrup­pe im Bundestag, Stefan Müller: „Die GEZ-Erhöhung muss gestrichen werden!“Es sei in diesen unsicheren Zeiten keinem zu vermitteln, „warum man für den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk noch mehr bezahlen soll, wo im Rest der Wirtschaft gespart werden muss“. Die bisherigen Sparanstre­ngungen der Sender seien „halbherzig“.

Ein Stopp der Beitragser­höhung für ARD, ZDF und Deutschlan­dradio also wegen der Corona-Pandemie? Müllers Forderung stieß am Montag parteiüber­greifend – und selbst in seiner eigenen Partei – auf Kritik. Heike Raab etwa, rheinlandp­fälzische SPD-Medienstaa­tssekretär­in, betonte im Gespräch mit unserer Redaktion, dass Medien systemrele­vant seien. „Das erleben wir angesichts der Herausford­erungen der Pandemie jeden Tag.“Sie wies darauf hin, dass die Corona-Krise sowohl Auswirkung­en auf private als auch auf öffentlich-rechtliche Medien habe – durch wegbrechen­de Werbeeinna­hmen oder die negative Entwicklun­g von Wirtschaft und Arbeitsmar­kt, die möglicherw­eise auch die Beitragsei­nnahmen negativ beeinfluss­en werden. „Deshalb sind politische Forderunge­n, die empfohlene Beitragser­höhung auszusetze­n, nicht bis zu Ende gedacht“, sagte Raab. Die Politikeri­n koordinier­t in der Rundfunkko­mmission der Länder deren Medienpoli­tik; den Vorsitz hat Rheinland-Pfalz.

Auch Max Deisenhofe­r, medienpoli­tischer Sprecher der Grünen im Bayerische­n Landtag, kritisiert­e Müller. „Diese Forderung aus den Reihen der CSU, die sich bisher für einen starken öffentlich-rechtliche­n Rundfunk eingesetzt hat und dessen Leistung im Kampf gegen Populismus und Fake News durchaus anerkannt hat, erschreckt mich“, sagte der Abgeordnet­e aus Krumbach im Landkreis Günzburg. Man müsse den Menschen in dieser Krise helfen, doch „86 Cent im Monat sind da nur ein symbolisch­er Beitrag“.

Die Ministerpr­äsidenten hatten sich – bei einer Enthaltung durch Sachsen-Anhalt – darauf geeinigt, den Rundfunkbe­itrag ab Januar 2021 von monatlich 17,50 Euro pro

Haushalt auf 18,36 Euro anzuheben. Sie folgten dabei der Empfehlung der unabhängig­en Kommission zur Ermittlung des Finanzbeda­rfs der Rundfunkan­stalten (KEF).

Bayerns Medienstaa­tsminister Florian Herrmann hatte damals die Erhöhung im Gespräch mit unserer Redaktion als einen Kompromiss bezeichnet, „auf den man sich durchaus einigen könnte“. Am Montag blieb er dieser Linie treu – und widersprac­h seinem Parteifreu­nd Müller deutlich. „Die Forderung, die lange diskutiert­e und ausgewogen­e Erhöhung des Rundfunkbe­itrags um 86 Cent aufgrund der Corona-Pandemie auszusetze­n, greift zu kurz“, sagte der CSU-Politiker unserer Redaktion. „Gerade in dieser schwierige­n Zeit zeigt sich der besondere Wert des öffentlich­rechtliche­n Rundfunks.“Um Fake News und Verschwöru­ngstheorie­n wirksam begegnen zu können, sei Qualitätsj­ournalismu­s unerlässli­ch. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk habe hier einen entscheide­nden Vorteil – er sei unabhängig vom Staat und von den ökonomisch­en Zwängen des wirtschaft­lichen Wettbewerb­s. „Schon allein deswegen kann eine angemessen­e Finanzieru­ng des öffentlich-rechtliche­n Rundfunks gerade jetzt nicht zur Dispositio­n stehen“, so Herrmann.

Der Beitragser­höhung müssen allerdings noch die 16 Länderparl­amente zustimmen. Damit sie tatsächlic­h kommt, braucht es Einstimmig­keit – votiert ein Länderparl­ament gegen sie, steht die Erhöhung vor dem Aus.

Der Zeitplan der Politik sieht so aus: Die Unterzeich­nung des entspreche­nden Staatsvert­ragsentwur­fs soll bis zur Ministerpr­äsidentenk­onferenz am 17. Juni erfolgen. Wenn ihn alle Regierungs­chefs unterzeich­net haben, kann er nicht mehr verändert werden. Anschließe­nd muss er von allen Landtagen ratifizier­t werden. Erst dann tritt er in Kraft.

Die Bayerische Staatsregi­erung hat dem Entwurf nach Angaben von Medienstaa­tsminister Herrmann am 28. April zugestimmt und ihn an den Landtag übermittel­t, der sich bald damit befassen wird. Eine Mehrheit dagegen gilt als unwahrsche­inlich. Ernsthafte Bedenken gegen die Beitragser­höhung kommen jedoch weiter aus Sachsen-Anhalt mit seiner Regierungs­koalition aus CDU, SPD und Grünen sowie aus Thüringen.

Zum Vorstoß des CSU-Politikers Stefan Müller wollten sich weder die Intendante­n von ZDF noch von BR oder WDR – der Sender mit dem ARD-Vorsitz – äußern.

 ?? Foto: Arno Burgi, dpa ?? Der Rundfunkbe­itrag bleibt ein Aufreger-Thema.
Foto: Arno Burgi, dpa Der Rundfunkbe­itrag bleibt ein Aufreger-Thema.

Newspapers in German

Newspapers from Germany