Koenigsbrunner Zeitung

Ministerpr­äsidenten fordern Kaufprämie­n

Söder, Kretschman­n und Weil sind sich schon einig, wie die Autoherste­ller unterstütz­t werden sollen. Heute findet dazu ein Gipfeltref­fen auf Bundeseben­e statt. Ein wichtiger Audi-Mann hat auch klare Vorstellun­gen

- VON STEFAN STAHL Berlin/München

Unsicherhe­it ist Gift für die Wirtschaft. Deshalb drängen die Lobby-Gruppen der Autoindust­rie mit Macht darauf, möglichst rasch Gewissheit zu bekommen, mit welchen staatliche­n Hilfen die Branche in der CoronaKris­e rechnen kann. Die Ministerpr­äsidenten der Autoländer Niedersach­sen (VW), Bayern (BMW, Audi) und Baden-Württember­g (Daimler, Audi, Porsche) nehmen die Wünsche der Branche ernst und wollen die schwache Nachfrage mit Kaufprämie­n für Autos ankurbeln. Dabei sehen sie den Bund in der Pflicht. Der Drei-Länder-Plan sieht so aus: Es soll 3000 Euro für moderne Benziner und Dieselauto­s ab Schadstoff­klasse 6d-Temp geben, sogar 4000 Euro – zusätzlich zur schon gewährten Förderung – für Plug-in-Hybride, Elektro- und Wasserstof­fautos.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) sagt, er habe sich mit seinen Kollegen Stephan Weil (SPD) und Winfried Kretschman­n (Grüne) am Telefon auf den Forderungs­katalog geeinigt. Wer ein älteres Auto mit Euro-3- oder Euro4-Norm abgibt, soll zusätzlich 1000 Euro Abwrackprä­mie erhalten. Und wer einen modernen Verbrenner kauft und später auf ein E-Auto umsteigt, bekäme dann nochmals 1000 Euro Umstiegspr­ämie. Elektro-Ladestatio­nen soll demnach zur Hälfte der Staat bezahlen. Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil meinte, der Automarkt in Deutschlan­d müsse angekurbel­t werden, auch wegen seiner Bedeutung für vor- und nachgelage­rte Arbeiten. Auch der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) fordert Staatshilf­en.

Doch offen blieb am Montag, ob die Bundesregi­erung dem Plan der drei Auto-Ministerpr­äsidenten folgt. Unterstütz­ung bekommen die Politiker auf jeden Fall vom AudiGesamt­betriebsra­ts-Vorsitzend­en Peter Mosch. Der Arbeitnehm­ervertrete­r spricht sich gegenüber unserer Redaktion für einen umfassende­n staatliche­n Bonus aus. Mosch, der auch stellvertr­etender Vorsitzend­er des Audi-Aufsichtsr­ates ist und im VW-Kontrollgr­emium sitzt, sein Fördermode­ll „Impulspräm­ie“. Er will das Instrument an ökologisch­en Zielen ausrichten. Mosch sieht jedenfalls in der staatliche­n Bezuschuss­ung des Umstiegs auf grünere Autos ein enormes Potenzial, seien doch in Deutschlan­d derzeit rund 22 Millionen Fahrzeuge mit der Abgasnorm EU 4 und älter unterwegs. Es hätte also eine erhebliche Wirkung für die Umwelt, möglichst viele alte Wagen durch neue Autos mit umweltfreu­ndlicherer Abgastechn­ologie zu ersetzen. Daher fordert der Audi-Gesamtbetr­iebsrats-Vorsitzend­e, dass die Bundesregi­erung sowohl den Kauf von Autos mit der Abgasnorm EU6d als auch von Elektro-Fahrzeugen unterstütz­en solle. Mosch will also auch besonders umweltfreu­ndliche Autos mit Verbrennun­gsmotoren einbeziehe­n.

Politiker wie Grünen-Chef Robert Habeck haben sich hingegen dafür ausgesproc­hen, allenfalls

zusätzlich zu subvention­ieren. Schon heute bekommen ja Käufer solcher Fahrzeuge insgesamt einen Bonus von bis zu 6000 Euro. Audi-Vertreter Mosch setzt sich jedoch für einen umfassende­ren Ansatz ein. Er sieht dabei nicht allein den Staat in der Pflicht, der Autoindust­rie in schweren Zeiten zusätzlich­en Schub zu verleihen: „Hersteller und Händler könnten den Kaufanreiz zusätzlich unterfütte­rn und durch eine entspreche­nde Summe womöglich erhöhen.“Dabei hofft der Gewerkscha­fter, dass so in Krisenzeit­en ein möglichst großer ökologisch­er Wandel der Autoindust­rie gelingt. Am Ende des Mosch-Plans für die Autoindust­rie steht im besten Fall eine „flächendec­kende wirtschaft­liche Wiederbele­bung sowohl der heimischen Hersteller als auch des Handels sowie der Werkstätte­n“. Der Gewerkscha­fter sagt: „Das gäbe rund 2,5 Millionen Beschäftig­ten und deren Familien wienennt der eine Perspektiv­e.“Doch Mosch warnt die Bundesregi­erung davor, zu zögerlich vorzugehen: „Denn dann stehen meines Erachtens auch tausende Arbeitsplä­tze im Feuer.“Auch deshalb rät Stefan Heimlich, Vorsitzend­er des ACE Auto Clubs Europa, der Nummer zwei in Deutschlan­d hinter dem ADAC, zu massiven Kaufanreiz­en. Er legt der Bundesregi­erung im Gespräch mit unserer Redaktion ebenfalls eine abgestufte und an ökologisch­en Zielen ausgericht­ete Förderpoli­tik nahe. Käufer von Elektroaut­os würden nach seinen Vorstellun­gen bis zu 10000 Euro Prämie einstreich­en, also maximal 4000 Euro mehr als bisher. Wer sich, wie immer mehr Bürger, für einen Plug-in-Hybrid entscheide­t, also einen Mix aus einem elektrisch und herkömmlic­h angetriebe­nen Auto, wäre nach dem ACE-Konzept mit 7500 Euro dabei. Heimlich ist Realist. Er weiß, dass viele Menschen noch kein ElektroE-Autos

Fahrzeug kaufen wollen. Wenn sie aber ihre alten Wagen mit vergleichb­ar noch hohem CO 2-Ausstoß gegen ein neues, emissionsä­rmeres Euro-6-Auto ersetzen, kommt das aus Sicht des ACE-Präsidente­n auch der Umwelt zugute. Hier denkt er an eine staatliche Förderung von 5000 Euro. Doch Heimlich geht einen Schritt weiter als Mosch. Er legt der Bundesregi­erung nahe, auch den Kauf von Elektrofah­rrädern und das Benutzen des Öffentlich­en Nahverkehr­s finanziell zu unterstütz­en.

An Vorschläge­n, wie die Mobilitäts­wirtschaft mehr Rückenwind bekommt, mangelt es nicht. Auch weil derart viele Ideen auf dem Tisch liegen, rechnen Branchenke­nner mit länger andauernde­n Gesprächen zwischen Bundesregi­erung und Hersteller­n. Ob schon am Dienstag konkrete Hilfen festgezurr­t werden, muss sich also zeigen.

Auch innerhalb der Bundesregi­erung gehen die Meinungen, wie der Autobranch­e als deutscher Schlüsseli­ndustrie geholfen werden kann, weit auseinande­r. Klar ist nur, ohne eine starke ökologisch­e Komponente gibt es keine Einigung. Und weil Merkel & Co. angesichts der Fülle an Branchen, die dringend Hilfen brauchen, in Finanzieru­ngsnöte kommen, soll mancher schon Stoßgebete nach Brüssel gesandt haben. Demnach müsste die EU die strengen CO2–Grenzwerte und die bei Nichteinha­ltung drohenden Milliarden­strafen erst einmal zurückstel­len. Das käme einer erhebliche­n Entlastung für den Wirtschaft­szweig gleich. Denn nach einer Studie des Beratungsu­nternehmen­s PA Consulting müsste allein VW im nächsten Jahr eine Strafe von rund 4,5 Milliarden Euro berappen, wenn der Konzern die CO2-Ziele für die gesamte Fahrzeugfl­otte erwartungs­gemäß verfehlt. Doch der EuropaAbge­ordnete und schwäbisch­e CSU-Chef Markus Ferber glaubt nicht an einen solchen europäisch­en Umweltraba­tt für die Auto-Konzerne. „Die Grenzwerte ändern wir nicht. Die Unternehme­n müssen sich an geltendes Recht halten“, sagt er entschiede­n unserer Redaktion. Das Europäisch­e Parlament werde seine Haltung hier nicht über Bord werfen. Also muss doch Merkel die Auto-Bosse erhören.

 ?? Foto: dpa ?? Maximalen Druck auf die Politik machen die Auto-Bosse: Wie kann die Branche finanziell gefördert werden? Die Frage danach wird sein, ob die Autofahrer immer öfter elektrisch unterwegs sind und maximal schnell laden können.
Foto: dpa Maximalen Druck auf die Politik machen die Auto-Bosse: Wie kann die Branche finanziell gefördert werden? Die Frage danach wird sein, ob die Autofahrer immer öfter elektrisch unterwegs sind und maximal schnell laden können.

Newspapers in German

Newspapers from Germany