Der Golfplatz-Rebell von Wolfratshausen
Golfplätze haben gerade geschlossen. Josef Hingerl passt das nicht, er öffnet seine Anlage. Das wird ein Nachspiel haben
Wolfratshausen Dass die Polizei kommen würde, hat Josef Hingerl erwartet. Der Geschäftsführer des Golfplatzes Bergkramerhof in Wolfratshausen hat am Montag erstmals wieder seine Anlage geöffnet – obwohl er damit gegen die bayerischen Vorschriften verstößt. „Die Polizei war da und hat ein Ordnungswidrigkeitenverfahren aufgenommen“, sagte der 72-jährige Rechtsanwalt. „Das spielt aber keine Rolle, weil ich davon ausgehe, dass die Einstellung des Betriebs am heutigen Tage verfassungswidrig ist.“Er halte das in Bayern weiter geltende Öffnungsverbot für rechtswidrig, das Prinzip der Verhältnismäßigkeit sei nicht gewahrt.
Im Landratsamt sieht man die Sache
anders: Hingerl begehe „ganz klar eine Ordnungswidrigkeit“, da nach der Verordnung die Öffnung eines Golfplatzes und das Golfspielen nicht erlaubt sei, kritisierte der Landrat von Bad Tölz-Wolfratshausen, Josef Niedermaier. „Ich empfinde es als zutiefst unsolidarisch gegenüber allen anderen Bürgerinnen und Bürgern, die sich ebenfalls unter Schmerzen an die verschiedensten Auflagen aus der Verordnung halten. Das ist eine Missachtung des Rechtsstaats und muss Konsequenzen haben.“Hingerl stünden Rechtsmittel gegen die Verordnung offen. „Als Rechtsanwalt müsste er das wissen und sollte das schon im Sinne seines Berufsstandes auch beachten.“Das Landratsamt sei mit der Polizei und dem Innenministerium in enger Abstimmung über das weitere Vorgehen, so
Niedermaier. Die Polizei werde vor Ort kontrollieren und Verstöße anzeigen. Laut Polizei betraf dies am Montag Hingerl, nicht aber die Golfer. Die spielten zunächst weiter.
Mindestens hundert Golfer seien in der Anlage unterwegs, berichtete Hingerl am Mittag. In Erwartung einer Öffnung hätten viele bereits in der vergangenen Woche gebucht. Deshalb habe er geöffnet. Nicht zuletzt dürfe in vielen Bundesländern wieder gespielt werden. Sport sei grundsätzlich erlaubt, und die Abstandsregeln würden eingehalten. Zudem sei eine Ansteckung mit dem Coronavirus auf einem Golfplatz unwahrscheinlicher als anderswo. Friseure etwa dürften wieder öffnen und Haare schneiden. „Ich weiß nicht, wie ein Friseur die eineinhalb Meter einhält. Hier sehen sie alle 200 Meter jemanden.“Der Platz sei 70 Hektar groß. „Wenn hundert Leute spielen, hat jeder 7000 Quadratmeter.“Hingerl hat nach eigenen Angaben bereits zwei Klagen beim Verwaltungsgericht in München eingereicht, nun wolle er eine Normenkontrollklage einreichen. Auf der Internetseite des Golfclubs legt er seine Argumentation dar: „Ich persönlich bin der Ansicht, das den Golfspielern selbst nichts passieren kann. Ich sehe keine Ordnungswidrigkeit und keine Straftat. Selbstverständlich ist es die Verantwortung eines jeden Einzelnen, mein Angebot in Anspruch zu nehmen.“