Koenigsbrunner Zeitung

Viele Reisebüros fürchten das Aus

Weil Kunden ihren Urlaub stornieren, fehlen Reisebüros sämtliche Einnahmen. Um diese Entwicklun­g abzufedern, hat eine Augsburger Reiseexper­tin einen Wunsch an die Verbrauche­r

- VON ANDREA WENZEL

Erika Schmutz führt seit 35 Jahren das „Reisebüro hinter dem Perlach“. Sie hat die Golfkrise mitgemacht und auch die Auswirkung­en auf das Reisen nach dem 11. September. Doch das waren Krisen, die zu meistern waren. Was Corona derzeit anrichtet, ist dagegen aus Sicht der Reiseexper­tin bislang nicht zu überblicke­n. Bis zu 95 Prozent der Jahreseink­ünfte könnte den Reisebüros verloren gehen, wenn die Krise noch länger anhält, rechnet der Verband unabhängig­er selbststän­diger Reisebüros vor. Auch Schmutz schreibt dieses Jahr wirtschaft­lich ab. „Wir stornieren eine Reise nach der anderen. Das wird sich so schnell nicht ändern.“

An Arbeit mangelt es den Reisebüros also derzeit nicht. Nur verdient man mit Stornierun­gen kein Geld. Ein Fakt, der Erika Schmutz ärgert. Denn: „Bei jeder Reise, die wir stornieren, verlieren wir die damit verbundene Provision, also unser Einkommen. Den Verwaltung­saufwand für die Rückabwick­lung der Reise bekommen wir aber von niemandem bezahlt.“Sie wünscht sich daher für sich und alle Kollegen eine Lösung, wie neben den großen Reiseveran­staltern und Fluggesell­schaften auch die Reisebüros an den staatliche­n Unterstütz­ungsmaßnah­men beteiligt werden können.

Die Verbände der Branche seien nun aktiv geworden und bringen die Forderunge­n der Reisevermi­ttler in die Öffentlich­keit. Varianten für Hilfen gäbe es mehrere. So könnten Reiseveran­stalter Teile ihrer Hilfen weiter geben oder Provisione­n als Lohn für den Stornierun­gsaufwand anteilig bezahlen. Und Schmutz hat noch einen Vorschlag: „Es wäre wünschensw­ert, Kunden die es sich leisten können, würden den Aufwand für die Beratung und Buchung sowie die Rückabwick­lung wegen Stornierun­g honorieren.“Einen festen Betrag will sie dafür nicht nennen, denn dieser müsste sich natürlich nach dem Preis der Reise und dem Aufwand der Reisezusam­menstellun­g richten. In Österreich und der Schweiz beispielsw­eise wird schon lange generell eine Buchungsge­bühr berechnet. „In Deutschlan­d hat man sich bisher nicht getraut, eine solche Gebühr zu verlangen“, so Schmutz. Immerhin: Einige Kunden haben solche Honorare bislang ohne Aufforderu­ng bezahlt. „Das hat mich wirklich sehr gerührt.“

Sie selbst will alles geben, um ihr Reisebüro durch die Krise zu bringen. Doch für viele der Branche sehen die Prognosen düster aus. „Es ist zu befürchten, dass die Mehrheit der 11 000 Reisebüros in Deutschlan­d diese existenzie­lle Bedrohung nicht überstehen wird, wenn es keine Hilfen für die Branche gibt“, heißt es seitens des Deutschen Reiseverba­nds.

Den Kunden rät Erika Schmutz, bei gebuchten Reisen abzuwarten, bis diese seitens des Veranstalt­ers wirklich abgesagt werden. Dann entfallen Stornogebü­hren.

Ob es sich lohnt, für die Sommerferi­en auf ein Reiseziel in Deutschlan­d umzubuchen, kann sie nicht beantworte­n. „Im Moment wissen wir alle nicht, wie es weitergehe­n wird und ob man wieder ins Ausland reisen darf.“

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Foto: Ulrich Wagner Erika Schmutz muss derzeit viele Reisen stornieren.

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